Drei EU-Kommissare in vier Monaten: von der Leyen rennen die Leute weg - aber warum?

Die Generation Z gilt als wechselfreudig bei ihren Jobs, bricht schneller eine Ausbildung ab und kündigt, wenn es mal Probleme mit dem Chef gibt. Ein ähnliches Verhalten lässt sich derzeit in der EU-Kommission beobachten: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen laufen die Leute davon. Drei Kommissare hat sie in den vergangenen vier Monaten verloren und das, obwohl die Kommission noch bis Ende Oktober 2024 im Amt ist: Innovations- und Forschungskommissarin Mariya Gabriel ist seit Juni Außenministerin der neuen bulgarischen Regierung und Klimaschutzkommissar und Vizepräsident Frans Timmermans will bei den Wahlen im November neuer Ministerpräsident der Niederlande werden. Nun zieht sich auch Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus der Kommission zurück, um für die Präsidentschaft der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu kandidieren. &bdquo;Vestager sucht eine neue Herausforderung“, sagt Teona Lavrelashvili vom European Policy Centre dieser Redaktion. Der Job als EU-Kommissar sei nicht unattraktiv, aber &bdquo;alle drei Kommissare haben politische Ambitionen“. Dass sich EU-Kommissare vor einer Europawahl nach neuen Posten umsehen, ist nicht ungewöhnlich. Dass es diesmal so früh passiert, aber schon. Kritiker meinen, das habe auch mit von der Leyens Führungsstil zu tun. Zwar hat sie die EU durch die Corona-Pandemie geführt und wichtige Entscheidungen getroffen, um die Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland zu unterstützen. Doch warum gelingt es ihr nicht, ihr Team zusammenzuhalten? Führungsstil hat wohl eher geringen Einfluss Von der Leyen gilt als Einzelkämpferin, die ungern die Zügel aus der Hand gibt. &bdquo;Ihr Führungsstil ist sehr zentralistisch“, beobachtet Lavrelashvili. Anders als ihr Vorgänger Jean-Claude Juncker treffe sie Entscheidungen lieber im kleinen Kreis mit engen Beratern. Manche Kommissare werden dann von den Ergebnissen regelrecht überrascht: &bdquo;Es stimmt, dass die Kommissare von verschiedenen Themen erst durch die Medien erfahren.“ Von der Leyens Ansatz könnte einen Einfluss auf den Weggang der Kommissare gehabt haben, doch keinen großen. Marco Schwarz von der Friedrich-Eber-Stiftung in Brüssel sagt dieser Redaktion: &bdquo;Ich sehe in den Abgängen kein Misstrauensvotum gegen von der Leyen, sondern hier nutzen Spitzenpolitiker eher eine Chance auf nationaler und internationaler Ebene.“ Mit Timmermans und Vestager verlassen nun gleich zwei politische Schwergewichte die EU-Kommission, die einst als Politstars nach Brüssel kamen. Timmermans hatte in der EU ehrgeizige Klimaschutzprojekte wie den &bdquo;Green Deal“ vorangetrieben und damit den Zorn vieler Landwirte auf sich gezogen. Vestager ging als Europas Kartellwächterin gegen US-Giganten wie Amazon und Google vor - und drohte ihnen sogar mit Zerschlagung. Auf die EU kommt durch den Wechsel der Kommissare nun mehr Arbeit zu. &bdquo;Die neuen Kommissare sollen Experten auf ihrem Fachgebiet sein und müssen von den Mitgliedsstaaten erst einmal nominiert, dann vom Parlament geprüft und bestätigt werden“, sagt Schwarz. Von der Leyen müsse Vertrauen zu den neuen Kommissaren aufbauen, habe aber nur noch wenige Monate Zeit bis zur Europawahl. Sie muss zudem die Aufgabenbereiche der Kommissare überdenken. Vermutlich zwei weitere Rückzüge Schwarz beobachtet, dass es normaler geworden ist, dass nationale Spitzenpolitiker in Top-Jobs auf die europäische Ebene wechseln und später zurück in die nationale Politik gehen. &bdquo;Diese Top-Jobs sind heute mehr miteinander verwoben als früher.“ Derweil zeichnet sich ab, dass es nicht bei den drei Kommissaren bleiben wird. &bdquo;Wir müssen mit einem weiteren Rücktritt rechnen: Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski hat viel Zeit in seinem Heimatland Polen verbracht“, sagt Lavrelashvili, und könnte dort nationale Geschicke beeinflussen. Und auch die Kommissarin für internationale Partnerschaften, die Finnin Jutta Urpilainen, wird wohl schon bald aus der EU-Spitze ausscheiden. Sie will bei den Wahlen Anfang nächsten Jahres die nächste Präsidentin Finnlands werden.

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