
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, hat den Verzicht der Ampelkoalition, sich im Haushaltsfinanzierungsgesetz auf einen jährlichen Anteil der Verteidigungsausgaben von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung festzulegen, scharf kritisiert. „Die Bundesregierung begeht einen schweren Fehler mit schwerwiegenden Konsequenzen für die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik“, sagte er dieser Redaktion. „Mit der neuen Volte im Finanz-Roulette der Ampel, das Zwei-Prozent-Ziel nicht festzuschreiben, verabschiedet sich Deutschland nur einen Monat nach dem Gipfel von Vilnius von den dort gemeinsam gefassten Beschlüssen. Das ist bewusste Sabotage an dem Zusammenhalt der Nato, an der unserer Verlässlichkeit und an dem Vertrauen gerade unserer Verbündeten an der Ostflanke.“
Auch für die Bundeswehr selbst sei die Entscheidung fatal, denn sie bewege sich damit „sehenden Auges“ auf den „drohenden Kollaps“ zu, so Wadephul. Die laufenden Kosten müssten nämlich jenseits des Sondervermögens für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro, mit dem neue Waffensysteme angeschafft werden, aus dem Verteidigungshaushalt kommen.
In Artikel 87a des Grundgesetzes war 2022 folgender Passus aufgenommen worden: „Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. ( ) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ In diesem Gesetz steht, mithilfe des Sondervermögens würden „im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren“ zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben bereitgestellt.
Bundesregierung nimmt Abstand
Ende voriger Woche war dann bekannt geworden, dass diese Festlegung im Haushaltsfinanzierungsgesetz konkretisiert werden sollte. Demnach sollte das Zwei-Prozent-Ziel „ab 2024 jährlich“ gelten und nicht mehr nur „im mehrjährigen Durchschnitt“. In diesem Sinne sollte auch das Gesetz über das Sondervermögen geändert werden. Dies war offenkundig eine Reaktion auf einen Beschluss des Nato-Gipfels Mitte Juli in Vilnius, auf dem sich die Mitgliedstaaten verpflichteten, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung zu investieren.
Am Mittwoch nahm die Bundesregierung von diesem Ziel wieder Abstand. Dabei setzte sich das Außenministerium gegen das Verteidigungsministerium durch. Die geltende Rechtslage sei ausreichend, hieß es. Die Vorsitzende des Bundestagsgremiums, das die Verwendung des Sondervermögens überwacht, die SPD-Abgeordnete Wiebke Esdar, hatte sich dieser Redaktion gegenüber schon am Sonntag ähnlich geäußert.
2024 soll der Verteidigungshaushalt um 1,7 Milliarden auf 51,8 Milliarden Euro steigen. Nach Berechnungen des ifo-Instituts München entsprechen diese Ausgaben aber nur 1,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das Zwei-Prozent-Ziel wird erst erreicht, wenn man den laufenden Etat mit dem Sondervermögen verrechnet. Davon sind Esdar zufolge bis Jahresende zwei Drittel verplant.