Berlin (dpa). Vor dem Hintergrund des Verdachts mehrerer sexueller Übergriffe bei der Linken in Hessen kommt der Bundesvorstand der Partei an diesem Mittwochabend zu einer Krisensitzung zusammen. Wie ein Parteisprecher am Dienstag mitteilte, wollen alle 44 Vorstandsmitglieder in einer Schaltkonferenz über die weiteren Schritte im Umgang mit den Verdachtsfällen beraten. Zuvor hatten die Düsseldorfer "Rheinische Post" und der Bonner "General-Anzeiger" über die Einberufung der Sondersitzung berichtet.
Am vergangenen Freitag waren über einen Bericht das Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" mutmaßliche Fälle sexualisierter Gewalt in der hessischen Linkspartei öffentlich geworden. Es gebe verschiedene Dokumente mit Hinweisen auf "mutmaßliche Grenzüberschreitungen, Machtmissbrauch und eine toxische Machokultur", schrieb das Nachrichtenmagazin nach Gesprächen mit zehn Frauen und Männern.
Der geschäftsführende Landesvorstand hatte dazu erklärt, die aufgeworfenen Anschuldigungen sehr ernst zu nehmen. Auch die Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler, ehemalige Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, hatte mitgeteilt, die Vorwürfe von sexueller Belästigung, sexueller Gewalt und Missbrauch sehr ernst zu nehmen und sofort gehandelt zu haben, als ihr derartige Vorwürfe bekannt geworden seien. Der Parteivorstand habe im Oktober 2021 eine Vertrauensgruppe eingesetzt, als Hilfsinstanz für Betroffene.
Der Parteisprecher sagte, dass bei der Sondersitzung des Parteivorstands an diesem Mittwoch auch über die Zusammensetzung dieser Vertrauensgruppe beraten werde. Alle Mitglieder des Bundesvorstands hätten ausnahmslos Interesse an einem Gespräch über den weiteren Fahrplan bekundet.
Ermittlungsverfahren eingestellt
Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden hatte in der Vergangenheit in verschiedenen Zusammenhängen mehrere Ermittlungsverfahren gegen Vertreter der Partei Die Linke aufgenommen. In einem der Fälle sei es um Vorwürfe der sexuellen Gewalt gegangen, sagte ein Sprecher der Anklagebehörde am Dienstag. Allerdings seien sämtliche Verfahren, die jeweils auf Anzeigen zurückgingen, wieder eingestellt worden, da kein hinreichender Tatverdacht festgestellt werden konnte. Derzeit gebe es keine neuen Anzeigen oder Verfahren.