Waffenlieferungen gefordert

Nach Absage an Steinmeier lädt die Ukraine Scholz ein

Der Bundespräsident ist in Kiew unerwünscht, der Kanzler dagegen willkommen. Die Ukraine hofft auf Gäste, die nicht mit leeren Händen kommen. Ob Deutschland tatsächlich die gewünschten schweren Waffen liefern wird, ist aber noch unklar.

Bei dem Besuch solle es darum gehen, wie Deutschland der Ukraine mit schweren Waffen im Kampf gegen Russland helfen kann. | © AFP

13.04.2022 | 13.04.2022, 07:50

Berlin (dpa). Nach der Ablehnung eines Besuchs des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier hat die Ukraine Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Kiew eingeladen. "Das haben wir auch so kommuniziert, dass mein Präsident und die Regierung sich darauf sehr freuen würden, wenn der Bundeskanzler Olaf Scholz Kiew besucht", sagte der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, am Dienstagabend auf "ProSieben" und "SAT.1". Bei dem Besuch solle es darum gehen, wie Deutschland der Ukraine mit schweren Waffen im Kampf gegen Russland helfen kann. "Darauf freut sich mein Präsident", sagte Melnyk.

Zuvor hatte die ukrainische Regierung einen Besuch Steinmeiers in der Hauptstadt abgelehnt. "Ich war dazu bereit. Aber offenbar - und ich muss zur Kenntnis nehmen - war das in Kiew nicht gewünscht", sagte der Bundespräsident bei einem Besuch in Warschau. Geplant war ein gemeinsamer Solidaritätsbesuch mit den Staatschefs Polens und der drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland. Dazu kommt es jetzt aber nicht mehr.

Melnyk: Regierung sollte "Blockadehaltung" aufgeben

Die Ukraine fordert schwere Waffen wie Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und Luftabwehrsysteme von Deutschland. Viele andere Staaten innerhalb der Nato wie Tschechien hätten sich schon für die Lieferung schwerer Waffen entschieden, betonte Melnyk. "Deswegen hoffen wir, dass auch in der Ampel-Koalition die gleiche Entscheidung bald fällt, und dass diese Blockadehaltung aufgegeben wird." Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich für die Lieferung schwerer Waffen ausgesprochen, Kanzler Scholz hat sich bisher zurückhaltend auf entsprechende Fragen geäußert.

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Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) drückt bei den Waffenlieferungen aufs Tempo. "Es nützt nichts wenn wir sagen: In einem Dreivierteljahr kriegt ihr irgendwas. Jetzt muss das Zeug da runter. Und so handeln wir auch", sagte der für Rüstungsexporte zuständige Wirtschaftsminister am Dienstagabend auf ProSieben und SAT.1. Er sagte aber nicht, was konkret geliefert werden soll.

Ampel-Parlamentarier in der Ukraine - Waffenlieferungen gefordert

Auch drei führende Parlamentarier der Ampel-Koalition, die am Dienstag Lwiw in der Westukraine besuchten, sprachen sich für weitere Waffenlieferungen, einen schnellstmöglichen Importstopp für russisches Öl und eine klare EU-Perspektive für die Ukraine aus. "Im Bundestag dürfte es dafür breite Mehrheiten geben. Deutschland muss noch mehr Verantwortung übernehmen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Auswärtiges, Verteidigung und Europa, Michael Roth (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne).

Die Bundestagsabgeordneten kritisierten aber die Ausladung Steinmeiers durch die Regierung in Kiew. Dieser Schritt sei nicht zu verstehen. "Gerade jetzt ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben." Die drei Politiker führten am Dienstag Gespräche mit Abgeordneten des ukrainischen Parlaments Rada. Es war der hochrangigste deutsche Besuch in der Ukraine seit Kriegsbeginn vor sieben Wochen.

CDU fordert Tempo - skeptische Stimmen aus der SPD

Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte schnelle Waffenlieferungen. "Den Vorschlag, die Lieferung zu beschleunigen, indem zunächst einsatzfähige Bundeswehrbestände geliefert werden und anschließend in den kommenden Monaten die Bundeswehrbestände wieder aufzufüllen, halte ich für sinnvoll", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Konkret gibt es das Angebot aus der Industrie, kurzfristig Kampfpanzer des Typs Leopard 1 oder Schützenpanzer Marder liefern zu können, auch in einem Rotationsverfahren mit Bundeswehrbeständen."

Aus der SPD kommen auch skeptische Stimmen. Der Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten, Mitglied im Verteidigungsausschuss, sagte der "Welt": "Wir dürfen uns nicht schrittweise in einen Krieg mit Russland treiben lassen. Wenn wir schwere Waffen liefern, stellt sich schnell die Frage, ob dann auch deutsche Ausbilder nötig sind oder Freiwillige aus Deutschland, die die Systeme bedienen." SPD-Fraktionsvize Detlef Müller sagte, die Lieferung schwerer Waffen sei "derzeit noch keine Option". "Die Menschen haben Angst, dadurch direkt in einen Krieg gezogen zu werden, das ist das klare Echo aus meinem Wahlkreis."

Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer sagte dem Bericht zufolge dagegen: "Wir denken heute bei diesem Thema ganz anders als vor sechs Wochen. Jetzt muss alles getan werden, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen kann. Dazu gehört auch, dass Deutschland schwere Waffen liefert." Er glaube nicht, dass dies an der SPD scheitere.