
Russische Panzer, Geschütze und Lastwagen rollen durch die Ukraine. Was den russischen Präsidenten dazu bewogen hat, die Ukraine zu überfallen, wird sich so schnell nicht klären lassen. Doch auch seine Streitmacht selbst gibt Rätsel auf. Buchstaben und Zeichen, mit weißer Farbe aufgemalt, prangen unübersehbar auf den Fahrzeugen. Doch was haben sie zu bedeuten?
Freund oder Feind?
Einige Experten meinen, dass die Zeichen dazu dienen sollen, russische von ukrainischen Einheiten zu unterscheiden. So wollen die russischen Invasoren verhindern, dass sie versehentlich die eigenen Leute unter Beschuss nehmen. Denn wie das Redaktions Netzwerk Deutschland (RND) mit Verweis auf verschiedene Zeitschriften schreibt, verfügt auch die Ukraine als ehemalige Sowjetrepublik über Geräte im Fuhrpark, die leicht mit dem russischen Material verwechselt werden könnten. Ein "Z" auf den Seiten eines Panzers könne also dazu dienen, "Friendly Fire" zu verhindern, also versehentliche Attacken aus den eigenen Reihen. Doch an dieser Theorie gibt es Zweifel. Denn die Markierungen sind zumindest für Piloten schnellfliegender Kampfflugzeuge nur schwer zu erkennen. Außerdem bräuchte es zur Markierung der eigenen Truppen nicht mehrere Zeichen. Eines würde reichen.
Verschiedene Einheiten
Rob Lee vom Kriegsforschungsinstitut am Londoner King’s College geht davon aus, dass die Zeichen dazu dienen sollen, verschiedene Einheiten innerhalb der russischen Armee zu unterscheiden. "Der wahrscheinlichste Grund, warum die russischen Streitkräfte diese Art von Symbolen angebracht haben, ist, eine andere Taskforce oder Staffel anzuzeigen", so Lee im Fachmagazin "Task & Purpose".
Immerhin gibt es verschiedene Versionen der Markierungen. Manchmal ist das "Z" von einem Dreieck umgeben. In anderen Fällen von einem Quadrat oder einem Kreis. Daneben wurden auch andere Zeichen gesehen. Diagonale Linien zum Beispiel. Lees Vermutung: Die Zeichen geben wichtige Hinweise für die russische Kriegslogistik. Lee glaubt, dass die Symbole sicherstellen sollen, dass die Fahrzeuge einer Einheit auch alle am richtigen Ziel ankommen.
Woher und Wohin
Laut der Militärplattform "Sofrep" könnten die verschiedenen Buchstaben und Zeichen für die Herkunft der Einheiten stehen. Demnach stünde etwas das Z für Einheiten der örtlichen Militärdistrikte, das O für Einheiten aus Belarus. Gegenüber "Sky News" erklärte Michael Clarke, ehemaliger Chef der Verteidigungs-Denkfabrik RUSI, dass die unterschiedlichen Symbole anzeigen sollen, was die Ziel-Region der Fahrzeuge ist.
Eine Theorie besagt, dass es sich bei dem "Z" um den Anfangsbuchstaben des Wortes "Zapad" ("Westen") handeln könnte. Gemeint sein könnte die Bewegungsrichtung der Truppen oder, dass es sich um Panzer aus westlichen Landesteilen handelt. Einige sehen auch eine Anspielung auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, dessen Familienname in vielen Sprachen mit einem "Z" transkribiert wird.
Das sagt der Kreml
Kürzlich hat das russische Verteidigungsministerium über die Bedeutung der Zeichen aufgeklärt – in einem Instagram-Post. Dazu erklärt Friedrich Schmidt, bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" politischer Korrespondent für Russland, dass das "V" und das "Z" laut Verteidigungsministerium mit zwei Slogans in Verbindung zu bringen seien.
Demnach stammt das "Z" aus "Za pobyedu", was laut Schmidt für deutsche Leser "Sa pobjedu" transkribiert würde und "Für den Sieg" bedeutet. Und das "V" bedeutet laut Schmidt nicht "Victory" oder "Sieg", sondern sei dem russischen Bonmot "Sila v pravdye" ("Sila w prawdje") entnommen, was "In der Wahrheit liegt die Kraft" bedeutet.
Wie der FAZ-Autor weiter erklärt, gehe das "V" auf den Kultfilm "Brat 2" (Der Bruder 2) aus dem Jahr 2000 zurück. Und darin genauer auf eine Szene, in welcher der junge russische Held einen eingeschüchterten Amerikaner fragt, worin "die Kraft" oder, nach anderer Übersetzung, "Stärke" liege. Der russische Filmheld wartet die Antwort nicht ab, sondern erklärt, dass die Kraft nicht im Geld liege, von dem das Gegenüber so viel habe, sondern "in der Wahrheit", schreibt Schmidt. Denn auf wessen Seite letztere sei, der sei "stärker".