Diese 10 Kriterien sollten Spitzenkandidaten mitbringen

Düsseldorf. In Deutschland wählen Bürger die Partei und nicht den Kandidaten. Der oder die hat dennoch erheblichen Einfluss auf die Wahlentscheidung. Das gilt vor allem dann, wenn inhaltliche Trennlinien der Parteien nur schwer ersichtlich sind. Auch in diesem Wahlkampf haben bislang vor allem die einzelnen Kanzlerkandidaten und weniger die Parteiprogramme für Schlagzeilen gesorgt. Politikwissenschaftler Frank Brettschneider von der Uni Hohenheim und Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner vom Demoskopie-Institut Mentefactum erklären, welche Kriterien Spitzenkandidaten erfüllen müssen, um Bürger zu überzeugen. Zehn KriterienSchöppner führt eine "Checkliste für Wahlerfolg" mit zehn Fragen an, die sich Spitzenkandidaten stellen müssen. 1. Habe ich eine klare Linie? Versteht man mich? 2. Bin ich präsent und kümmere ich mich? 3. Bin ich ehrlich? 4. Bin ich ein Motivator? 5. Strahle ich Sicherheitsempfinden aus? 6. Stehe ich für Zukunft? 7. Habe ich eine "Straßenglaubwürdigkeit"? Tenor: "Ist das einer von uns?" 8. Stehe ich für eine faire Politik? 9. Bin ich ein Machertyp? 10. Genieße ich den Rückhalt der Partei? Die KandidatenBrettschneider benennt ähnliche Eigenschaften. Vor allem Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit spielten eine große Rolle. Bringen die aktuellen Kandidaten diese mit? Dafür hat die Uni Hohenheim mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa 20.000 Bürger befragt. Ergebnis: "Armin Laschet liegt lediglich bei der persönlichen Bürgernähe vorn", so Brettschneider. 21 Prozent der Befragten bescheinigen Annalena Baerbock, ein gutes Konzept für die Zukunft zu haben – das sind mehr als bei Laschet (9 Prozent) und bei Scholz (16). Laschet werde zudem meist von den Anhängern der CDU/CSU nicht so gut beurteilt wie Scholz von den Anhängern der SPD bzw. Baerbock von den Anhängern der Grünen. Brettschneiders Fazit: "Keiner der aktuellen Kandidaten begeistert eine Mehrheit der Bevölkerung." Für Union und Grüne gelte: Wenn diese gut abschneiden sollten, dann nicht wegen, sondern trotz ihrer Kandidaten. WechselwählerStammwähler werden laut Brettschneider immer weniger. Dafür nehme die Zahl der Wechselwähler deutlich zu. Diese würden sich kurzfristiger entscheiden, sie wechselten häufiger mal die Partei, die sie wählen und sie würden für ihre Wahlentscheidung kurzfristigere Aspekte heranziehen. Sprich: Sie achten darauf, wie geschlossen die Partei und wie kompetent der Kandidat auftreten. Ein Beispiel: "Olaf Scholz spielt in allen Situationen wunderbar den Staatsmann. Das kommt an", sagt Schöppner. Dem gegenüber präsentiere sich die Union derzeit immer wieder uneins – im Gegensatz zur eher geschlossen auftretenden SPD. KoalitionsgedankenBei politisch sehr interessierten Wählern kommen in diesem Jahr verstärkt Koalitionsüberlegungen hinzu. "Da wird dann mitunter auch mal taktisch gewählt, um eine bestimmte Koalition zu verhindern oder eine andere wahrscheinlicher werden zu lassen", so Brettschneider. Beispiel: Die Union warnt seit Tagen vor einer möglichen Koalition aus SPD, Grünen und Linken – die einen "Linksrutsch im Land" bedeuten würde, so die These. Wählen einige Bürger am Ende also doch lieber wieder die CDU, um ein solches Szenario zu verhindern? "Ja, das ist durchaus möglich", glaubt Schöppner. Mitleid und MitläuferLaut dem Meinungsforscher haben zudem zwei "Last-Minute-Effekte" Einfluss: 1. Der Mitläufereffekt. Der besagt, dass einige Wähler zum "Siegerteam" zählen wollen. &bdquo;Doch das ist in diesem Jahr besonders schwer vorherzusagen", sagt Schöppner. Der Effekt ziehe also diesmal nicht so stark. 2. Mitleidseffekt. Beispiel: "Einige Wähler werden sich angesichts der aktuell scharfen Kritik und der schlechten Umfragewerte für die Union fragen, ob es denn fair ist, die Partei nach 16 Jahren Regierungszeit wirklich derart abzustrafen", so Schöppner. Das könne Wähler letztlich dazu verleiten, trotz Unzufriedenheit doch erneut die Union zu wählen. "In meinen Augen ist die Wahl noch überhaupt nicht gelaufen", so Schöppner.

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