Hat sie abgeschrieben?

Was Annalena Baerbock zu den Plagiatsvorwürfen sagt

Die Plagiatsvorwürfe gegen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock belasten den Grünen-Wahlkampf. Baerbock zeigt sich unbeeindruckt: Sie habe keine wissenschaftliche Arbeit geschrieben.

Daniela Vates
02.07.2021 | 02.07.2021, 19:33

Berlin. Es dauert fast eine Stunde, dann zeigt Annalena Baerbock etwas Verletzlichkeit. Sie habe da so ein, zwei kleine Blasen am Finger, sagt die Grünen-Kanzlerkandidatin und blickt auf ihre Hände, ein wenig verwundert fast: „Die kriege ich ganz selten." Ein Stresssymptom?, fragt die Moderatorin. „Ich habe gerade festgestellt, dass ich das glaube", antwortet Baerbock und fängt sich gleich wieder: Sie sei froh, dass sie „sehr robust" sei.

Es ist ihr erster öffentlicher Auftritt, nachdem ein Medienwissenschaftler Plagiatsvorwürfe gegen sie erhoben hat. Ein Grünen-Sprecher hat das als Rufmord bezeichnet, der frühere Parteichef Jürgen Trittin spricht von einer Schmutzkampagne.

Baerbock hat einen Talkrundenauftritt bei der Frauenzeitschrift Brigitte, auch die beiden anderen Kanzlerkandidaten Armin Laschet und Olaf Scholz werden in den kommenden Wochen in diesem Format befragt, in hellen Sesseln in einem Berliner Kino. Die Zuschauer sind online zugeschaltet. Baerbock zeigt sich aufgeräumt und sehr nüchtern. Sie schafft es, Wahlprogrammteile in fast jede Antwort zu packen.

Fehler machen oder vermeiden?

Es gehört zu dem Format, dass Talkgäste zwischen Überschriften für Frageblöcke wählen können. Fehler machen oder Fehler vermeiden also?

Fehler machen, wählt Baerbock. Sie sagt, dass man selbstkritisch sein sollte, und erzählt davon, wie sie als Jugendliche mal krank ins Trampolintraining gegangen ist und sich dort den Fuß gebrochen hat. Das Springen um die Meisterschaft wenige Tage später war damit dahin. „Abhaken und danach weitertrainieren", das ist ihre Lehre.

Was ist an den Vorwürfen dran?

Aber wie ist es nun mit den Vorwürfen, sie habe Passagen in ihrem neuen Buch abgeschrieben?

Sie habe weder ein Sachbuch noch eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben, antwortet die Kanzlerkandidatin. „Ich habe ein Buch geschrieben, um deutlich zu machen, wer ich bin und was mich antreibt." Viele Ideen von anderen seien darin eingeflossen, und für Faktenbeschreibungen habe sie öffentliche Quellen genutzt.

Und damit dreht sie weg von der Zitatfrage: Ihr sei es wichtig, über die Herausforderungen der Zeit zu reden, etwa darüber, wie klimagerechter Wohlstand zu erreichen sei, sagt Baerbock.

Es könne sein, dass die Grünen mit ihrer Forderung nach Veränderung nicht allen gefielen. „Für manche Kräfte ist es auch hart, dass da eine 40-jährige Frau antritt." Sie kriege das öfter gesagt, dass sie mit diesem Profil „für manche eine Zumutung" sei.

Lächeln oder Zähne zeigen

Lächeln oder Zähne zeigen ist die nächste Kategorie. Baerbock will lieber übers Lächeln reden, auch wenn ihre Partei von Rufmord spricht. „Wenn Kampagnen gefahren werden, die nichts mit der politischen Auseinandersetzung zu tun haben, muss man klare Kante zeigen", sagt Baerbock.

Man könne gern inhaltlich streiten, aber bitte schön „mit Anstand und Respekt". Sie zieht eine Parallele zum Wahlkampf in den USA. Dort habe man gesehen, wie sich Fake News verfestigten. Auch über sie selbst würden „bewusst falsche Dinge in die Welt gesetzt", Zweifel an ihrem Universitätsabschluss an der London School of Economics etwa. Da müsse man dann eine Grenze ziehen.

Wo sie gerade dabei ist, zieht sie auch noch eine Grenze zu anderen, zur Union vor allem: Deren Wahlprogramm sei unsozial, „eine Rückkehr in die Zeit vor 16 Jahren", die Finanzpolitik eine Form von Voodoo.

Dann werden Fotos gezeigt, die Kandidatin soll sie kommentieren. Baerbock auf Auslandsreise, mit Angela Merkel, mit Baby, mit Ehemann und schließlich, breit lachend, mit ihrem Co-Parteichef Robert Habeck. „Ich soll nicht so mit offenem Mund lachen", stellt Baerbock fest. „Auch das wird mir oft gesagt."