TV-Auftritte und Umfragetief: Kann Armin Laschet so Kanzlerkandidat sein?

Düsseldorf. &bdquo;Hören Sie endlich auf, falsche Zahlen vorzutragen!" Als Armin Laschet mit leuchtend-rotem Kopf die Grünen im Landtag anbrüllt, wirkt er gereizt und getrieben. Sein kurzer Auftritt Ende März zur NRW-Impfpolitik endet nach 20 Minuten. Dann muss der Ministerpräsident das Plenum schon wieder verlassen – wegen dringlicher Termine. Die donnernde Kritik der Opposition bekommt er nicht mehr mit. Vielleicht besser so. Laschet kriegt es derzeit knüppeldick, von allen Seiten. Wie lange hält er das durch – und wie kommt er da wieder raus? Laschets BaustellenKritik am Impfkurs, Masken-Affäre in der Union, Absturz bei den Landtagswahlen: Nicht für alles ist Laschet verantwortlich. Doch als Landesvater und CDU-Chef muss er die Dinge öffentlich erklären. Damit tut er sich bekanntlich schwer. So auch am Dienstag wieder bei einem unsouveränen Auftritt bei Markus Lanz, für den er anschließend viel Spott erntete. Pandemie-Management Angesichts steigender Infektionszahlen fordern Wissenschaftler und Mediziner seit Tagen einen harten Lockdown – sofort. Laschet verkündet am Mittwochabend im heute journal, über die Ostertage &bdquo;nachzudenken", wie man die Lage wieder in den Griff bekommen kann. Zuvor hatte er in NRW die Corona-Notbremse durch eine Test-Option ausgehebelt – und sich dafür bekanntlich eine öffentliche Schelte der Kanzlerin eingeholt. Seitdem stichelt auch sein Kontrahent Markus Söder wiederholt öffentlich gegen Laschet und fordert ein härteres Vorgehen bei der Corona-Pandemie, Seite an Seite mit Baden-Württembergs Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Distanz zur KanzlerinLaschet weist die Kritik mitunter genervt zurück. Er habe sich gegenüber der Kanzlerin profiliert, aber keineswegs so, dass es zu einem Bruch mit ihr gekommen wäre, sagt Peter Fäßler, Professor für Neueste Geschichte an der Universität Paderborn. &bdquo;Eigenständig-loyal würde ich sagen", so Fäßler. Diese Form der Profilierung dürfte vorteilhaft sein, glaubt der Wissenschaftler. Politische Beobachter vermuten, dass Laschet aktuell bewusst öffentlich auf Distanz zu Merkel geht, um aus ihrem Schatten zu treten und sein Profil zu schärfen. Bislang hatte er ihr stets öffentlich den Rücken gestärkt, zum Beispiel während der Flüchtlingskrise, im Gegensatz zu Söder. Der stellt sich nun demonstrativ an die Seite der Kanzlerin, beschwört weiter konstant das &bdquo;Team Vorsicht". Dort reiht sich auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus aus Gütersloh ein. &bdquo;Man muss den Menschen die Wahrheit sagen und die lautet: Unsere Währung im Kampf gegen die Pandemie ist momentan im Wesentlichen die Reduzierung von Kontakten", sagte Brinkhaus dieser Zeitung. Dem gegenüber: Laschet, der kürzlich im Landtag neue Wege im Umgang mit der Pandemie gefordert hatte und sagte: &bdquo;Wir müssen einfach jetzt ein neues Kapitel aufschlagen." Riskantes ManöverMit der Test-Option dürfen Bürger in NRW-Kommunen trotz hoher Inzidenzen zum Beispiel weiter den Einzelhandel nutzen. Damit geht Laschet ein hohes Risiko ein, in einer Phase, in der sich das Land wieder im exponentiellen Wachstum befindet und die Intensivbetten voller werden. Ein hochrangiges CDU-Mitglied glaubt, dass er damit auf Druck aus der Wirtschaft reagiere. &bdquo;Er war ja schon im April 2020 sehr frühzeitig für Öffnungen." Zur Wahrheit gehört aber auch: Anfang des Jahres hatte Laschet im Landtag immer wieder auf die Öffnungsbremse getreten – und vor der neuen Mutante und einer anrückenden Dritten Welle gewarnt, zum Ärger seines Koalitionspartners FDP. Jetzt, wo diese Welle da ist, sendet er mit der Test-Option Lockerungssignale. Nach Ostern will er zudem Modellprojekte auf den Weg bringen, um weitere Öffnungen zu erproben. Vor Wochen hätte er damit wahrscheinlich viele Bürger auf seiner Seite gehabt. Aktuell aber sprechen sich zwei Drittel der Befragten sogar für strengere Corona-Einschränkungen aus. Sollte Laschet die Corona-Regeln also nach wenigen Tagen doch wieder verschärfen, läuft er Gefahr, sich unglaubwürdig zu machen. Schon im vergangenen Jahr haben ihm Kritiker einen &bdquo;Zick-Zack-Kurs" vorgeworfen. UmfragenDem neuen CDU-Chef ist es bislang nicht gelungen, das Gefühl eines kraftvollen Neuanfangs für die Zeit nach der Ära Merkel zu versprühen. 23 Prozent der Befragten im jüngsten Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen können sich Laschet als Kanzler vorstellen; Söder 56 Prozent. Auch die Union ist im freien Fall, liegt unter 30 Prozent. &bdquo;Ihr Ziel, im Schlafwagen die Macht zu behalten, wird ihr diesmal nicht gelingen", sagt der renommierte Bielefelder Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner. Die Union brauche jetzt eine laute, klare und öffentlich unterstützte &bdquo;Kante". In den eigenen Reihen nehmen Forderungen zu, wonach der populärere Bewerber ins Rennen um die Kanzlerschaft gehen solle, um die Union aus dem Tief wieder zu befreien. Das ist derzeit ganz klar Markus Söder. Nerven wie DrahtseileBeschwichtigende Töne kommen aus der Düsseldorfer Staatskanzlei. Wenn einer mit dem aktuellen Druck umgehen könne, dann Laschet, heißt es. &bdquo;Er hat Nerven wie Drahtseile." Schnell wird dann an 2017 erinnert, als Laschet kurz vor der Landtagswahl in Umfragen weit zurücklag, dann aber die damalige Landeschefin Hannelore Kraft (SPD) aus dem Amt fegte. Das Motto: &bdquo;Unterschätzt ihn bloß nicht erneut." Wenig Zweifel gibt es daran, dass Laschet trotz des mächtigen Gegenwinds noch immer nach dem Kanzleramt greifen möchte. Das spricht dafür, dass er die Frage mit Söder in wenigen Tagen klären wird. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Umfragen werden bis dahin erscheinen. Und die sind derzeit mal wieder Laschets größter Gegner.

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