Männer mit Kapuzen, dunkle Autos, ausgeschaltete Scheinwerfer: Im Prozess um die Entführung der Block-Kinder hat ein Zeuge aus Dänemark die Entführung beschrieben. «Hier ist irgendwas falsch», schilderte der 34-Jährige vor dem Landgericht Hamburg seine Gedanken in der Silvesternacht 2023/24.
Damals waren während eines langen Sorgerechtsstreits der zu diesem Zeitpunkt 10-jährige Sohn und die 13-jährige Tochter der Hamburger Unternehmerin Christina Block aus der Obhut des in Dänemark lebenden Vaters entführt und zu der Mutter nach Deutschland gebracht worden. Die 52-Jährige ist die Tochter des Gründers der Steakhaus-Kette «Block House», Eugen Block.
Am Landgericht läuft seit dem 11. Juli ein Prozess gegen Block, die angeklagt ist, die Entführung der eigenen Kinder in Auftrag gegeben zu haben - sie bestreitet das. Beihilfe soll unter anderem ihr Lebenspartner, der ehemalige Sportmoderator Gerhard Delling, geleistet haben. Der 66-Jährige betont, nichts Unrechtes getan zu haben. Ein ebenfalls angeklagter Israeli (36) hat seine Beteiligung an der Rückholaktion zugegeben.
Zeuge: «Wir waren einfach schockiert über die Situation.»
Der Zeuge, ein Monteur aus Odense, sagte, er habe Silvester in der süddänischen Kleinstadt Grasten bei seiner damaligen Freundin gefeiert. Dort wohnte auch der Vater der zwei entführten Kinder, Blocks Ex-Mann Stephan Hensel (51). Kurz vor Mitternacht beobachtete der Zeuge seiner Aussage zufolge, dass mehrere Autos in der Stadt vorfuhren und am Kai parkten.
Er habe Bilder vom Feuerwerk gemacht, sagte der Mann nach Angaben einer Dolmetscherin. Dann habe er beobachtet, dass ein Kind in eines der Autos gebracht worden sei. Der Zeuge sei zunächst von einem Unfall ausgegangen. Dann seien weitere Personen mit einem anderen Kind, das sich gewehrt habe, hinzugekommen. In diesem Moment habe er das Gefühl bekommen, dass die Situation falsch sei. Das Kind habe versucht, sich loszureißen. Kurz darauf seien die Autos mit den Kindern weggefahren.
Wie viele Entführer an der Aktion beteiligt waren, konnte der Zeuge vor Gericht nicht genau sagen. Auch Autokennzeichen konnte er aus mehr als 50 Metern Entfernung nicht erkennen. Seine Beobachtungen meldete der Mann der dänischen Polizei. Vor dem Landgericht sagte er über die Tat, über die er mit seiner damaligen Freundin sprach: «Wir waren einfach schockiert über die Situation.»
Jahrelanger Sorgerechtsstreit
Die Entführung in der Silvesternacht hat eine lange Vorgeschichte: Hensel hatte den Sohn und die Tochter widerrechtlich nach einem Wochenendbesuch im August 2021 nicht mehr zur Mutter nach Hamburg zurückgebracht. Es seien die Kinder gewesen, die wegen angeblicher häuslicher Gewalt nicht zur Mutter zurückwollten, hatte er im Prozess angegeben. Block hatte die Gewaltvorwürfe immer wieder bestritten.
2021 gab das Hanseatische Oberlandesgericht Block das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht und verpflichtete den Vater, die Kinder herauszugeben. Er kam dem nicht nach und Block konnte ihren Anspruch in Dänemark nicht durchsetzen.
Anwälte geben Erklärungen zu bisherigen Aussagen ab
Vor der Vernehmung des Zeugen hatten die Anwälte am 15. Verhandlungstag Gelegenheit, Erklärungen zu den bisherigen Aussagen des Vaters und der Mutter abzugeben. Hensels Anwalt warf Block hasserfüllte Rede vor. Sie habe fälschlicherweise behauptet, ihr Ex-Mann habe ihr die Kinder aus Rache entzogen, sagte der Anwalt des Nebenklägers, Philip von der Meden. Doch ihre Erklärung habe gezeigt: «Es ist die Angeklagte Block, die von Hass und Rache erfüllt ist.»
Es stimme auch nicht, dass der Vater die Kinder manipuliert habe, sagte von der Meden. Zu einigen Fragen habe Block keine Antworten gegeben, deshalb müsse dies als Teilschweigen gewertet werden.
Blocks Verteidiger Ingo Bott wies diese Vorwürfe zurück. Seine Mandantin habe keinen Hass gezeigt, sondern im Gegenteil habe sie in ihrer Aussage versöhnliche Töne angeschlagen und die Hand gereicht, sagte der Anwalt. Zudem unterstrich Bott: «Frau Block hat hier umfassend ausgesagt, und zwar ohne sich zu schonen.»
«Vermissen unsere Enkelkinder»
Verlesen wurde von der Vorsitzenden Richterin an diesem Prozesstag auch ein Brief der Großeltern Block aus dem Januar 2023 an eine Nachbarin in Grasten, nachdem sie ihre Enkelkinder nicht besuchen konnten. Man habe die Enkelkinder seit 17 Monaten nicht gesehen, schilderten die Großeltern damals in dem Schreiben. «Wir vermissen unsere Enkelkinder sehr.»
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, es ist der 16. Verhandlungstag von 53 geplanten Prozesstagen bis Ende März. Bisher haben an vielen Prozesstagen die angeklagte Christina Block sowie als Zeuge ihr Ex-Mann ausgesagt. Viele weitere Zeugen werden an den kommenden Verhandlungstagen noch erwartet.