Testflug

Spanische Touristenhochburg Benidorm erlebt eine besondere Premiere

Das Lufttaxi des chinesischen Unternehmens EHang ist für zwei Passagiere ausgelegt. Warum es in Benidorm in die Luft ging? Wegen der vielen Hochhäuser.

Das Lufttaxi vor der Skyline von Benidorm. | © Telefónica

Ralph Schulze
03.03.2025 | 03.03.2025, 15:33

Die Menschen in der spanischen Touristenhochburg Benidorm an der Costa Blanca wurden dieser Tage Zeugen eines Ereignisses, das bis vor Kurzem noch wie Science-Fiction klang: Ein ferngesteuertes Lufttaxi absolvierte seinen ersten Flug in einer städtischen Umgebung in Europa – ein Meilenstein in der urbanen Luftmobilität.

Der Testflug fand zunächst ohne Passagiere statt. Aus Sicherheitsgründen und auch, weil die derzeitige europäische Gesetzgebung den Transport von Personen noch nicht erlaubt. Doch nach dem erfolgreichen Experiment rückt die Möglichkeit näher, solche fliegenden Objekte mitsamt Passagieren in Europa im Einsatz zu sehen.

Das getestete Lufttaxi vom Typ EH216-S von dem chinesischen Unternehmen EHang ist für zwei Passagiere ausgelegt. Das Fluggerät wiegt 600 Kilogramm und verfügt über 16 Motoren mit ebenso vielen 16 Propellern. Die Flugautonomie beträgt derzeit zwischen 30 und 40 Minuten, was einer Strecke von etwa 35 Kilometern entspricht.

Die Demonstration, die im Rahmen des europäischen Projekts U-ELCOME stattfand, wurde von der Technischen Uni in der spanischen Regionalhauptstadt Valencia und dem Luftmobilitätsentwickler EHang koordiniert. Das U-ELCOME-Projekt wird durch die Europäischen Union und private Investoren finanziert und soll den Personenverkehr und Warenlieferungen mithilfe von Flugrobotern fördern.

Das Lufttaxi hob ohne Passagiere vom Strand ab. - © Miquel Benitez/Stadt Benidorm
Das Lufttaxi hob ohne Passagiere vom Strand ab. | © Miquel Benitez/Stadt Benidorm

Benidorm hat die höchste Hochhausdichte Europas

Das Ereignis in Benidorm diente nun nicht nur der Vorstellung des Lufttaxis, sondern auch der Erprobung der Kontrolle und Sicherheit des unbemannten Luftverkehrs in einer Stadt. Während des Testflugs operierten zusammen mit dem Lufttaxi zwölf weitere Drohnen an verschiedenen Punkten der Stadt. Der spanische Telekom-Dienstleister Telefónica sorgte für das Datennetz, über das die Fluggeräte gesteuert wurden.

Der spanische Küstenort Benidorm wird wegen seiner beeindruckenden Skyline auch als das „Manhattan des Mittelmeers“ bezeichnet. Die Stadt hat die größte Hochhausdichte Europas, das höchste Wohnhaus ragt mehr als 200 Meter in den Himmel. Statt in die Breite, wie die meisten touristischen Nachbarorte, ist Benidorm in die Höhe gewachsen. Die Stadt hat 75.000 Einwohner. Im Sommer, wenn Urlauber aus ganz Europa kommen, beherbergt Benidorm rund 400.000 Menschen.

„Unser Luftraum ist einzigartig aufgrund der Konzentration von Hochhäusern, was ihn zum perfekten Labor für die Erprobung der verschiedenen Anwendungen des unbemannten Luftverkehrs macht“, erklärte Toni Pérez, Bürgermeister von Benidorm. Dieser Flug markiere einen Meilenstein.

Zuschauer verfolgen am Strand den Flug des Lufttaxis. - © Stadt Benidorm
Zuschauer verfolgen am Strand den Flug des Lufttaxis. | © Stadt Benidorm

„Der erste Flug des Lufttaxis in einer städtischen Umgebung in Europa ist ein entscheidender Schritt in Richtung urbaner Luftmobilität“, freute sich Israel Quintanilla, Koordinator des Projekts. EHang-Managerin Victoria Jing Xiang sagte, der erfolgreiche Test „beweist die Machbarkeit sicherer, effizienter und nachhaltiger Lösungen“ für den künftigen städtischen Luftverkehr.

Derzeit sind kommerzielle Flugtaxi-Dienste weltweit noch nicht im regulären Betrieb. In verschiedenen Ländern – etwa in China, USA, den Arabischen Emiraten oder auch in mehreren europäischen Staaten – laufen jedoch Pilotprojekte.

Gesetzliche Regelungen für Lufttaxis gibt es noch nicht

Wann die ersten regulären Lufttaxis in Spanien fliegen werden, ist noch nicht absehbar. „Es könnte in drei, vier, fünf oder in zehn Jahren sein“, sagt der spanische Projektkoordinator Quintanilla. Die technologische Entwicklung sei bereits weit fortgeschritten. Es mangele aber noch an gesetzlichen Regeln. Zudem müsse in den Städten noch ein Netz von speziellen „Lufttaxi-Haltestellen“, also von urbanen Start- und Landeplätzen, geschaffen werden.

Der Warentransport mit Flugrobotern ist bereits weiter entwickelt. In den USA wie auch in China werden bereits in ausgewählten Gebieten Warenlieferungen per Drohnen an den Endkunden getestet. In einigen chinesischen Städten bringen Luftdrohnen sogar bereits Kaffee, Snacks und landestypische Nudel- und Reisgerichte zum Kunden.

Beim deutschen Hersteller Volocopter ist die Zukunft ungewiss

Beim angeschlagenen Flugtaxihersteller Volocopter aus dem badischen Bruchsal hat das Amtsgericht Karlsruhe indes ein Insolvenzverfahren eröffnet. Das meldet der „Spiegel“. Es bestehe aber weiter Hoffnung auf eine Sanierung des Unternehmens.