Los Angeles (dpa). Flammeninferno im Großraum Los Angeles: Verheerende Großbrände haben eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, gleich einer Kriegszone. Die Flammen griffen am Mittwochabend (Ortszeit) auf die berühmte Hügelkette Hollywood Hills über, Teile des Stadtviertels müssen evakuiert werden.
Bislang kamen bei den Bränden Behördenangaben zufolge fünf Menschen ums Leben, zahlreiche weitere wurden verletzt. Medienberichten zufolge sind rund 130.000 Menschen auf der Flucht und fast 2.000 Gebäude zerstört worden. Die Brände sind weiterhin nicht unter Kontrolle.
Der scheidende US-Präsident Joe Biden rief den Katastrophenfall aus. Dadurch könnten Gemeinden und Überlebende sofort Bundesmittel erhalten, um den Wiederaufbau voranzutreiben. Laut US-Medien handelt es sich schon jetzt um eine der schlimmsten Feuerkatastrophen der Stadtgeschichte von Los Angeles.
Wind in Los Angeles wird weniger - Feuerwehr hoffnungsvoll
Die Feuerwehr hofft bei der Bekämpfung der Großbrände in und um Los Angeles auf Fortschritte durch nachlassenden Wind. „Wenn es so bleibt, können wir heute tatsächlich eine Wendung bei diesen Bränden herbeiführen und Fortschritte erzielen“, sagte Einsatzleiter Brent Pascua dem Sender NBC News am Donnerstagmorgen (Ortszeit).
Am Mittwoch waren Medienberichten zufolge Windböen von bis zu 128 Kilometern pro Stunde registriert worden. „Es war, als hätte man versucht, dieses Feuer in einem Hurrikan zu bekämpfen“, sagte Pascua dem Sender CNN. „Was dieses Feuer so dringend gebraucht hat, war eine Pause von diesen Winden“. Nach Angaben des US-Wetterdienstes soll der Wind ab Donnerstagnachmittag wieder zunehmen.
Anwohner erschüttert von Ausmaß
Für die Menschen in Los Angeles sind Feuer längst zur Gewohnheit geworden - doch diesmal ist alles anders. „Es ist wie Armageddon“, sagte die Eigentümerin einer Bäckerei der Zeitung „Los Angeles Times“. „Was sie in den Nachrichten zeigen, ist wirklich real.“ Seit mehr als 50 Jahren lebe Patrice Winter in den Bergen von Topenga, das zwischen dem dicht besiedelten Los Angeles und Malibu liegt, wo die Villen vieler Prominenter stehen. Zahlreiche Feuer habe sie mit eigenen Augen gesehen, aber dieses „erschüttert Deine Welt“. Sie habe Rauchwolken in allen Farben gesehen, schwarz, weiß, gelb, rot. „Die ganze Farbpalette des Rauchs.“
Joe, dessen Kleidung durchnässt war von Löscharbeiten im Haus seines Vaters, habe der Zeitung Kisten mit Fotos gezeigt, die er noch retten konnte. Es seien Hochzeitsfotos gewesen, Bilder von einem Skiausflug, ein Porträt von Abraham Lincoln. Die Gegend, in der er lebe, sei eigentlich wunderschön. Es sei eine Art „städtische Wildnis“ mit Wohnhäusern umgeben von wilder Natur. „Deshalb sind wir hier. Aber die Menschen machen sich etwas vor, wenn sie glauben, dass sie Mutter Natur kontrollieren können“. Seinen vollen Namen habe Joe nicht genannt, weil er trotz Aufrufen, die Gegend zu verlassen, geblieben sei.
Augenzeuge: „Wir konnten nicht atmen“
Zev Yaroslavsky, 76, suchte nach einem Vergleich, für das, was er erlebte. Es sei wie ein schweres Erdbeben, sagte er der „New York Times“. „Nur, dass Erdbeben ein Epizentrum haben“, fuhr er fort. „Dieses Ding ist überall“. „Jeder, der die Luft einatmet, ist davon betroffen.“ Ein anderer Augenzeuge, Tony Espinoza, berichtete dem Sender CNN: „Wir konnten nicht atmen“. Er sei gemeinsam mit anderen Familien aus Pasadena nordöstlich von Los Angeles geflohen und erst einmal in Las Vegas untergekommen. Drei Tage wolle er bleiben, dann müsse er wieder arbeiten. Denn: „Rechnungen sind fällig.“
Doch die Flucht vor den Flammen sei herausfordernd. „Es ist chaotisch“, sagte Scott Dill dem Sender CNN. „Der Verkehr staut sich, wegen Feuerwehr- und Polizeifahrzeugen und Menschen, die versuchen, zu fliehen.“ Wer sein Haus verlasse, solle laut Behörden unbedingt Wasser und Lebensmittel einpacken, Bargeld und Taschenlampen. Fotos und andere persönliche Dinge sollen nur dann mitgenommen werden, wenn wirklich genug Zeit ist.
Präsident Biden sagt Audienz beim Papst ab
Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre teilte mit, Biden wolle sich in den kommenden Tagen auf die Leitung der gesamten Bundesmaßnahmen im Kampf gegen die Brände konzentrieren. Biden wollte kurz vor seinem Abschied als US-Präsident noch nach Italien reisen; eine Audienz bei Papst Franziskus war geplant.
Der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, befürchtet einen Anstieg der Opfer. Im Interview mit CNN sprach er von „völliger Zerstörung“ und erinnerte an die tödlichen Feuer in Paradise, einer Ortschaft in Nordkalifornien. Der war im November 2018 von dem sogenannten Camp Fire fast völlig zerstört worden, 85 Menschen starben damals, Zehntausende wurden obdachlos.

Mehrere Großbrände in Kalifornien
Die aktuellen Todesfälle wurden demnach nordöstlich der Metropole Los Angeles registriert, nahe Pasadena, wo das sogenannte „Eaton Fire“ weiter außer Kontrolle war. Dieser Großbrand hat bereits auf eine Fläche von rund 42 Quadratkilometern erfasst.
Noch weiträumiger wütet das „Palisades Fire“ am Westrand von Los Angeles. Es hat sich auf eine Fläche von mehr als 64 Quadratkilometer vorgefressen, von den Hügeln in Pacific Palisades bis zu den Stränden von Malibu. Nach ersten Schätzungen der Behörden brannten dort rund tausend Gebäude ab.
Die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, mahnte eindringlich dazu, die Anordnungen für Evakuierungen zu befolgen. Aus allen Teilen des Landes sollten Feuerwehrleute zur Verstärkung anrücken. US-Präsident Joe Biden versprach bei einem Besuch der Feuerschutzbehörde Cal Fire zusätzliche 2.000 Einsatzkräfte der Nationalgarde.
Oscar-Preisträgerin Jamie Lee Curtis sprachlos
Das Ausmaß der Zerstörung durch tödliche Brände im Großraum Los Angeles macht sprachlos. „Keine Worte“, schrieb Oscar-Preisträgerin Jamie Lee Curtis auf Instagram zu einem Video von einer Autofahrt durch ausgebrannte Straßenzüge, vorbei an schwelenden Hausruinen und verkohlten Palmen.
Die Feuerkatastrophe brachte das normale Leben in der Millionenmetropole fast zum Erliegen. Am Donnerstag sollten alle Schulen geschlossen bleiben. Nach New York ist der Los Angeles Unified School District der zweitgrößte Schulbezirk des Landes. In einigen Gebieten wurde die Luftqualität als sehr ungesund eingestuft.
„Star Wars“-Schauspieler Mark Hamill (73) teilte seinen Instagram-Followern mit, dass er „in letzter Minute“ sein Haus in Malibu verlassen habe. Am Straßenrand habe er bereits Flammen gesehen. Jamie Lee Curtis trauerte um ihren Wohnort Pacific Palisades. „Unsere geliebte Nachbarschaft ist weg“, schrieb sie auf Instagram. Ihr eigenes Haus sei verschont geblieben, aber so viele andere Menschen hätten alles verloren.
Häuser von Prominenten brennen ab
Dazu gehört der Hollywood-Komiker Billy Crystal. Er und seine Frau Janice hätten ihr Haus, in dem sie seit 1979 lebten, verloren, teilte der Schauspieler laut „Hollywood Reporter“ mit. „Natürlich sind wir untröstlich, aber mit der Liebe unserer Kinder und unserer Freunde werden wir dies überstehen“.
Auch die Häuser des Schauspieler-Ehepaars Adam Brody und Leighton Meester und der Schauspielerin Anna Faris sei abgebrannt, berichtete das Promi-Portal „TMZ.com“.
Pacific Palisades ist ein wohlhabender Stadtteil im Westen von Los Angeles mit rund 25.000 Einwohnern. Stars wie Jennifer Aniston, Bradley Cooper, Tom Hanks und Reese Witherspoon haben dort Häuser.
Chet Hanks, Sohn von Tom Hanks und Rita Wilson, schrieb in einer Instagram-Story, dass die ganze Nachbarschaft, in der er aufgewachsen sei, abbrenne. „Avengers“-Star Chris Pratt dankte den „mutigen“ Feuerwehrleuten und Helfern für deren Einsatz. Sie seien „wahre Helden“.
Erste Mitte Dezember hatten Waldbrände in Malibu, rund 50 Kilometer westlich von Los Angeles, viele Stars aus ihren Häusern getrieben, darunter Mira Sorvino und Cher.
Im November 2018 hatte rund um Malibu ein schweres Feuer gewütet, das größere Landstriche verwüstete und mehr als 1.500 Häuser zerstörte. Damals brannten unter anderem die Häuser von Moderator Thomas Gottschalk, US-Sängerin Miley Cyrus und Schauspieler Gerard Butler ab.
Chaos auf den Straßen in Kalifornien
Auf einigen Straßen in dem wohlhabenden Stadtviertel spielten sich chaotische Szenen ab. Der Verkehr kam zum Erliegen, Autos steckten im Stau fest. Einige ließen ihre Fahrzeuge zurück und brachten sich zu Fuß in Sicherheit. Mit Bulldozern habe die Feuerwehr abgestellte Autos aus dem Weg räumen müssen, um mit ihren Löschwagen weiterzukommen, berichtete der Sender KTLA.
Auch der in Kalifornien ansässige deutsche Schauspieler Ralf Möller musste seine Wohnung in Santa Monica verlassen, wie „Bild“ berichtete.
„Die Aussichten sind beängstigend. Und es ist noch kein Ende in Sicht“, sagte der Gladiator-Star dem Medium. „Das habe ich so alles in mehr als 30 Jahren hier in den USA noch nie erlebt. Die Situation ist eine Katastrophe.“
Dichter Rauch über der Stadt Los Angeles

Die Brandursache war zunächst nicht bekannt. Dichter Rauch über dem hügeligen Hinterland war von den Stränden in Los Angeles zu sehen.
Am Abend tauchte die bedrohliche Feuersbrunst den Himmel in rotes Licht.
Für Mittwoch und Donnerstag werden weiterhin Starkwind und trockene Luftverhältnisse vorausgesagt, was das Feuer schnell vorantreiben und die Rettungsarbeiten behindern könnte.
Mehrere Hollywood-Veranstaltungen abgesagt
Wegen der Wetterlage wurden in Hollywood mehrere Veranstaltungen abgesagt. Filmstudios cancelten die geplanten Premierenfeiern für die Filme „Unstoppable“ und „Wolf Man“, berichtete das Branchenportal „Hollywood Reporter“. Auch eine Vorführung des Films „I’m Still Here“, die von Regisseur Guillermo del Toro moderiert werden sollte, wurde demnach abgesagt. Del Toro habe wegen der Feuer sein Haus verlassen müssen, hieß es.
Hollywoods Schauspielverband SAG (Screen Actors Guild) sagte die Live-Übertragung der für Dienstag angekündigten Nominierungszeremonie ab. Man werde die Liste der Nominierten am Mittwochmorgen (Ortszeit) auf der Webseite schriftlich verkünden, schrieb der Verband auf Instagram.
Auch der Vergnügungspark Universal Studios Hollywood und das aus vielen Filmen bekannte Griffith-Observatorium auf dem Hügel der Stadt bleibe am Mittwoch geschlossen, teilten die Einrichtungen im Internet mit. Die Universal Studios zählen zu den zehn größten Vergnügungsparks der USA und hatten 2023 laut Branchenstatistiken fast 9,7 Millionen Besucher.
Die Eishockey-Profiliga NHL hat das für Mittwochabend (Ortszeit) geplante Heimspiel der Los Angeles Kings gegen die Calgary Flames verschoben. Die NFL hat einen Notfallplan präsentiert, sollte das Playoff-Spiel zwischen den Los Angeles Rams und den Minnesota Vikings wegen der Waldbrände rund um die Metropole nicht im SoFi Stadium stattfinden können.
Trockenes Wetter seit Monaten – höchste Warnstufe
Erst im Dezember hatte ein zerstörerischer Waldbrand in dem kalifornischen Küstenort Malibu gewütet. Die Flammen drangen aus dem hügeligen Hinterland bis an die Strände vor. In Südkalifornien blieben in den letzten Monaten Regenfälle weitgehend aus. Wegen extremer Winde hatten die Behörden in dieser Woche die höchste Warnstufe für Feuergefahr ausgerufen.
Großbrand in Los Angeles: Bilder zeigen Ausmaß