Explosion nach Landung

Was über das Flugzeugunglück in Südkorea bekannt ist

Es ist eines der schwersten Flugzeugunglücke seit Jahren: Eine Maschine mit 181 Insassen zerschellt auf einem Flughafen in Südkorea – und fast niemand überlebt. Es gibt eine erste Vermutung zur Ursache.

Südkorea, Muan: Feuerwehrleute und Mitglieder eines Rettungsteams arbeiten in der Nähe des abgestürzten Flugzeugs. | © Ahn Young-joon/AP/dpa

29.12.2024 | 29.12.2024, 15:48

Muan Gun (dpa/jad). Die Bilder des Infernos im südkoreanischen Muan sind kaum zu ertragen: Ein Passagierflugzeug setzt ohne ausgeklapptes Fahrwerk auf dem Flughafen im Südwesten des Landes auf, doch es kommt einfach nicht zum Stehen. Am Ende rast es in eine Mauer und zerschellt unter Flammen und dichtem Qualm.

179 Menschen sterben bei dem Unglück am Sonntagmorgen (Ortszeit). Bis zum Abend werden noch zwei vermisst. Nur zwei Crew-Mitglieder überleben die Bruchlandung ohne lebensgefährliche Verletzungen. Die große Frage: Wie konnte es zu einem der schlimmsten Flugzeugunglücke der vergangenen Jahre kommen?

Die Maschine der koreanischen Billigfluglinie Jeju Air war von Bangkok zum Flughafen Muan mit 181 Menschen an Bord unterwegs. Unter ihnen waren fast alle koreanische Staatsbürger, nur zwei kamen aus Thailand. Vor dem missglückten Landeversuch hatte der Tower in Muan laut der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap noch vor Vogelschlägen gewarnt, also einer Kollision mit Vögeln. Kurz darauf setzten die Piloten demnach dann schon einen Mayday-Notruf ab.

Erste Vermutung zu Unglücksursache

Die Ermittler gehen laut Medienberichten bisher davon aus, dass ein Vogelschlag zu einer Fehlfunktion am Fahrwerk geführt und die Piloten zu der Bauchlandung gezwungen hatte. Augenzeugen am Boden und eines der geretteten Crew-Mitglieder beschrieben laut Yonhap Rauch, der aus einem der Triebwerke kam, und sie wollen Knallgeräusche gehört haben. Die abschließende Klärung der Unglücksursache könnte sich jedoch über Monate ziehen, auch trotz gefundener Flugschreiber.

Vor Ort bot sich den Dutzenden Rettungskräften ein Bild der Verwüstung mit brennenden Wrackteilen und verkohlten Trümmern. Lediglich der hintere Teil der völlig zerstörten Boeing 737-800 war noch erkennbar. Es sei schwierig, die Toten zu identifizieren, erklärte die Feuerwehr laut Yonhap. Nachdem das Flugzeug gegen die Wand geprallt sei, wurden Passagiere aus der Maschine geschleudert, hieß es. Die Überlebenschance sei „extrem niedrig“ gewesen.

Lesen Sie auch: Nach Flugzugabsturz in Kasachstan: Kremlchef Putin entschuldigt sich

Auch Luftfahrtexperten konnten sich aus dem Unglück noch keinen Reim machen. Fachmann Gerald Wissel von Ratzeburger Airborn Consulting etwa merkte an, dass das Fahrwerk auch manuell hätte ausgefahren werden können. Fraglich sei auch, weshalb die Feuerwehr nicht mit einem Schaumteppich bereitstand. Wissel betonte jedoch, man müsse die Auswertung der Flugschreiber abwarten, um genauere Schlüsse ziehen zu können.

Fotostrecke


12 Bilder
Flugzeugunglück in Südkorea

Airline entschuldigt sich

Der US-Flugzeugbauer Boeing nahm laut Medienberichten nach dem Unfall Kontakt mit Jeju Air auf. Die südkoreanische Fluglinie veröffentlichte im Internet ein Entschuldigungsschreiben: „Wir entschuldigen uns zutiefst bei allen, die von dem Vorfall am Flughafen Muan betroffen sind.“ Das Unternehmen bedauere das entstandene Leid und werde alles daransetzen, das Unglück aufzuklären.

Der inmitten der laufenden Staatskrise in Südkorea nur geschäftsführend tätige Präsident Choi Sang Mok ordnete umfassende Rettungsmaßnahmen an und begab sich zum Unglücksort. Die Regierung wolle die Ursache gründlich untersuchen und präventive Maßnahmen entwickeln, um ein solches Unglück zukünftig zu verhindern, sagte er vor Ort laut Yonhap.

In Seoul wurde eine Dringlichkeitssitzung im Präsidentenbüro unter Leitung von Stabschef Chung Jin Suk einberufen, um die Koordinierung der Ministerien zu Bereitstellung Ressourcen wie medizinischer Hilfe zu besprechen.

Bundeskanzler spricht Beileid aus

Viele Länder sprachen Südkorea ihr Beileid aus. Auch aus Berlin und Brüssel kondolierten Politiker. „Unser Beileid gilt den Familien der beim Absturz Getöteten, den Verletzten wünschen wir eine rasche Genesung“, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Online-Plattform X. Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen äußerte sich dort erschüttert.

Am Flughafen in Muan ging nach dem Unfall nichts mehr. Alle Flüge wurden gestrichen. Der Flughafen, der 2007 nach zehnjähriger Bauzeit eröffnet wurde, liegt in der südwestlichen Provinz Jeolla – knapp 300 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Seoul.

Nicht das einzige Luftfahrt-Unglück 2024

Es ist nicht das erste schwere Flugzeugunglück, das sich in diesem Jahr ereignete. In Brasilien stürzte am 9. August ein Flugzeug mit 61 Menschen an Bord in ein Wohngebiet der Stadt Vinhedo im brasilianischen Bundesstaat São Paulo. Kein Insasse überlebte den Absturz. Vor dem Flugzeugabsturz haben die Piloten über Probleme bei der Enteisung des Fliegers gesprochen, wie aus einem Bericht der brasilianischen Luftwaffe hervorgeht. Die konkrete Ursache des Unglücks ist jedoch unklar.

Im Himalaya-Staat Nepal kam es am 24. Juli zu einem Flugzeugabsturz mit 18 Toten. Nur der Kapitän konnte schwer verletzt geborgen werden. Auch in diesem Fall ist die Absturzursache unklar.

Erst vor wenigen Tagen starben beim Absturz eines Passagierflugzeugs der Azerbaijan Airlines in Kasachstan 38 Menschen, 29 Insassen überlebten teilweise schwer verletzt. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, dass zu dem Zeitpunkt die russische Flugabwehr im Einsatz gegen ukrainische Drohnenangriffe gewesen sei und entschuldigte sich bei dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev für den Vorfall.