Das auf einem mit mehr als 600 Tonnen Öl beladenen Tanker in der Ostsee bei Warnemünde entflammte Feuer ist gelöscht. „Die Feuerwehren Rostock und Lübeck haben das Innere des Schiffs untersucht. Es brennt kein Feuer mehr“, teilte das Havariekommando von Bund und Ländern in Cuxhaven am frühen Samstagmorgen mit.
Der Tanker „Annika“ war den Angaben zufolge zuvor mit zwei Schleppern in den Hafen von Rostock geschleppt worden. Er wurde demnach mit vier Schleppern zu einem Liegeplatz bugsiert. Insgesamt habe die 28 Kilometer lange Strecke etwa sechseinhalb Stunden Zeit in Anspruch genommen.
Der Brand auf dem mit 640 Tonnen Öl beladenen Tanker war am Freitagvormittag etwa viereinhalb Kilometer vor der mecklenburg-vorpommerschen Ostseeküste zwischen Warnemünde und Kühlungsborn ausgebrochen. Das Feuer entstand dem Havariekommando zufolge nach einer ersten Einschätzung der Feuerwehr im Maschinenraum des 73 Meter langen Schiffes. Die Feuerwehrleute wurden per Hubschrauber zu dem Schiff gebracht.
Sieben Besatzungsmitglieder geborgen

Öl trat nach Angaben des Havariekommandos nicht aus. Die sieben Besatzungsmitglieder des unter deutscher Flagge fahrenden Schiffs wurden geborgen und von einem Seenotrettungsboot an Land gebracht. Nach Angaben des Havariekommandos wurden sie vorsorglich in Krankenhäuser gebracht, mehrere Seeleute erlitten leichte Verletzungen. Laut der Mitteilung des Kommandos vom Abend wurden die Besatzungsmitglieder inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen.
Havarie in Sichtweite der Küste
Die Havarie ereignete sich in Sichtweite der stark touristisch geprägten Küste zwischen Warnemünde und Kühlungsborn. Martin Delpiano-Weber, der mit seiner Frau im Hotel in Heiligendamm zu Gast war, sagte am Freitag, sie hätten das Schiff am Morgen gesehen. Er berichtete von einer Art Feuerwalze oder Stichflamme. „Parallel wurde schon gelöscht.“
Der Chef des Landestourismusverbandes, Tobias Woitendorf, reagierte schockiert. „Das ist eine Situation, vor der wir uns im Tourismus immer fürchten“, sagte er. „Wir haben hier sehr verkehrsreiche Gewässer.“
Die Umweltorganisation WWF lobte den schnellen Einsatz der Rettungskräfte und Löschmannschaften. Das Havariekommando Nord habe sich bewährt, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros in Stralsund, Finn Viehberg. „Das ist die Forderung, die wir immer wieder stellen: Ein dichtes Havariekommandonetz über die gesamte Ostsee“, sagte Viehberg. Das sei nicht überall gegeben, wo Gefahrgutschiffe unterwegs seien, betonte er.
Wissenschaftler in Sorge um Umwelt
Der Direktor des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), Oliver Zielinski, blickte am Freitag mit großer Sorge auf den Brand. „Das ist ein mit 640 Tonnen Schweröl beladenes Schiff wenige Kilometer vor der Küste und wir haben starken Westwind“, sagte der Professor. „Das würde also im schlechtesten Fall in ein sehr sensibles Flachmeer-Ökosystem getrieben werden.“ Zielinski betonte: „640 Tonnen – das ist eine große Menge Schweröl und kann einen massiven Schaden in der Umwelt verursachen.“ Er hoffe sehr, dass das nicht passiere. „Die Bekämpfungsmaßnahmen sind ja voll im Gange.“

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) wies auf die wachsende Gefahr einer Ölkatastrophe hin. „Dieser brennende Tanker zeigt einmal mehr, wie groß die Gefahr für die Meeresumwelt durch den zunehmenden Tankerverkehr in der Ostsee ist.“
Besonders besorgniserregend sei die Zunahme alter und unterversicherter russischer Öltanker der sogenannten Schattenflotte, die gegen die Folgen derartiger Havarien nicht versichert sei, sagte Goldschmidt. „Das Risiko einer Ölkatastrophe steigt. Und dieses Öl würde vor allem an unseren Stränden von Fehmarn bis nach Eckernförde landen, wie Greenpeace-Untersuchungen aus der Kadetrinne zeigen.“
Ostsee eines der am stärksten befahrenen Meere
Die Ostsee gilt als eines der am stärksten befahrenen Meere der Welt. Täglich sind Viehberg zufolge dort rund 2.000 große Schiffe unterwegs. Darunter seien Tanker mit bis zu 100.000 Tonnen Ladung an Bord. Die Havarie vor Heiligendamm sei ein „Schuss vor den Bug“, so der Wissenschaftler. (dpa/AFP)