Berlin. Der Virologe Alexander Kekulé hat in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel eine Studie des Charité-Virologen Christian Drosten scharf kritisiert. In der Studie haben Drosten und sein Team untersucht, ob Kinder, die an Covid-19 erkrankt sind, ähnlich ansteckend sind wie Erwachsene. Mehrere Wissenschaftler hatten zuletzt statistische und methodische Fehler moniert. In dem Beitrag schließt Kekulé sich dieser Kritik an. "Drosten will nun weitere Daten auswerten und die Statistik neu berechnen. Doch das kann die aktuelle Arbeit nicht retten", schreibt Kekulé. "Warum Drosten die Studie nicht einfach zurückzieht, ist schwer nachvollziehbar." Dadurch, dass Drosten die Studie weiter verteidige, so Kekulé, biete er "der Bild eine unnötige Angriffsfläche".
Covid-19-Experte Drosten wehrt sich mit deutlichen Worten auf seinem offiziellen Twitter-Account. "Kekulé macht Stimmung. Seine Darstellung ist tendenziös. Er kennt unsere Daten nicht und zitiert falsch. Kekulé selbst könnte man nicht kritisieren, dazu müsste er erstmal etwas publizieren", schreibt der Forscher mit Bezug auf Kekulés Beitrag im Tagesspiegel.
Später ergänzt Drosten in einem weiteren Tweet: "Kekulé ist zum Glück bisher der Einzige, der sich so verhält. In unserer Community spielt er keine Rolle."
Kekulé moniert in seinem Beitrag einerseits, dass die mit Tupfern genommenen Probenmengen "nicht miteinander vergleichbar" seien und unterschiedliche Analysegeräte verwendet wurden. Auch die verwendete statistische Methode sei nicht geeignet, um eine sichere Aussage darüber zu treffen, ob Kinder ähnlich, mehr oder weniger ansteckend seien als Erwachsene. Zuletzt hatte ein Autor der Bild dem Virologen im Hinblick auf die Studie "fragwürdige Methoden" unterstellt.
Umgang mit Journalisten kritisiert
Drosten veröffentlichte in diesem Zusammenhang die Rechercheanfrage des Bild-Autors, was nicht nur Unterstützung, sondern auch Kritik hervorrief. „Es ist unüblich, solche Anfragen zu veröffentlichen - vor allem dann, wenn es um exklusive und investigative Themen geht", kritisierte der DJV-Vorsitzende Frank Überall in der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Wenn zusätzlich auch noch persönliche Daten von Journalistinnen oder Journalisten wie eine Mobilnummer veröffentlicht werden, ist das völlig inakzeptabel", so Überall.
Mehrere Wissenschaftler distanzierten sich nach Veröffentlichung von dem Bericht der Bild-Zeitung über die Studie des Chefvirologen der Berliner Charité. Sie fühlten sich falsch dargestellt.
Unterstützung in der Diskussion um die Studie bekommt Drosten vom Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery. In der RBB-Sendung "Talk aus Berlin" sagte Montgomery: "Diese Kampagne, die da läuft, ist ja erkennbar eine Kampagne. Die finde ich in der Tat schmierig und schmutzig." Es sei aus wissenschaftlicher Sicht völlig in Ordnung, dass sich jemand wie Drosten auch immer wieder korrigiere. "Ich finde es so toll, wie dieser Mann, den ich übrigens bewundere für das, was er macht, wie er das offen nach außen kommuniziert." Der wissenschaftliche Diskurs und Fortschritt laufe dank Digitalisierung gerade bei SARS-CoV-2 in einer sehr hohen Geschwindigkeit ab: "Dass da einige Ministerpräsidenten und einige Zeitungen in der Geschwindigkeit ihres Denkens nicht mitkommen, ist deren Problem, aber nicht das Problem von Herrn Drosten", so der Weltärztepräsident weiter.