Am Anfang steht ein Satz, der das Zitat des Jahres zu werden verdient: "I do not want to live in a world where everything I do and say is recorded." – "Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich tue oder sage, festgehalten wird." Edward Snowden hat diesen Satz ganz am Anfang gesagt.
Und damit das Hauptmotiv beschrieben für die – je nach Standpunkt – spektakulärste Aufklärungsmaßnahme unserer Zeit. Oder den tiefgreifendsten Geheimnisverrat. Leider wird über das Motiv des am meisten gesuchten "Whistleblowers" nicht wirklich gesprochen. Nebenhandlungen über Transitzonen an Flughäfen, ungültig erklärte Ausweispapiere und hasenfüßige Regierungen, auch in Berlin, die dem von den USA Gejagten nicht einmal befristet einen beschützten Raum zum Durchatmen zugestehen, schieben sich wie ein Filter vor das Wesentliche: Amerika hat mit dem Geheimdienst NSA die Welt belogen. 
Wie die Sache ausgeht, ist offen. Einige vorläufige Befunde sind trotzdem möglich:
1. Die Snowden-Affäre gibt Anlass, sich abermals ein Stück von der Illusion des Hoffnungsträgers Barack Obama zu verabschieden. Nie war der Verfolgungsdruck auf "Whistleblower" größer, nie die Einschüchterung des gesamten Regierungsapparats samt aller Behörden unverhohlener. Indem die Obama-Regierung Enthüllungen de facto mit Spionage und Terrorismus gleichsetzt und Enthüller mit allen Mitteln der Strafverfolgung unerbittlich bekämpft, schafft sie ein Klima der Angst.
2. Es ist Zeit für eine Entmystifizierung. Mit seinem metastasenartig gewucherten Sicherheitsapparat, in dem heute 16 staatliche Geheim- und Abwehrdienste um den Schutz des Staates bemüht sind, hat sich Amerika von seinen in der Verfassung Staatsferne zementierenden Fundamenten meilenweit entfernt. Umrisse eines hysterischen Überwachungs- und Polizeistaats sind zu erkennen. In diesem Rechtsstaat light darf die Wahrheit gebeugt werden, wie es gerade passt.
3. Die seit dem 11. September 2001 grassierende Datensammelwut der selbsternannten "Führungsnation der freien Welt" – 500 Millionen Vorgänge allein in Deutschland, allein in einem Monat – muss selbst leidenschaftliche Anhänger eines starken Staates ins Nachdenken bringen. Wird so wirklich angemessen der internationale Terrorismus bekämpft? Das lapidare "Vertraut uns – alles ist nur zur eurem Besten", diese quasi feudale Entmündigung des Bürgers, der sich auch der Demokrat Obama bedient, wird nicht mehr ausreichen, um die Zustimmung des Souveräns zu immer größeren Vorratsdatenspeicherungen zu bekommen.
4. Es ist nun an Europa, die herrschende Rechtfertigungslehre in Washington couragiert und hartnäckig zu attackieren. Aus Wahlkampfmotiven dem großen Partner populistisch lautstark Sicherheitsphobie vorzuhalten und gleichzeitig hinter dem Rücken jeden Informationsbrosamen "made in USA" begierig aufzunehmen, dieses Doppelspiel führt zu noch mehr Politikverdrossenheit.