
Nein, eine Entwarnung kann nach der Steuerschätzung nicht gegeben werden. Das kleine Plus reicht nicht aus, um die riesigen Haushaltslöcher ab 2027 zu schließen. Aber man muss kurz innehalten: Laut den Prognosen werden die Steuereinnahmen im kommenden Jahr erstmals die Grenze von einer Billion Euro überschreiten – das ist eine Eins mit zwölf Nullen. Und die Einnahmen wachsen stetig weiter. Der Staat hat also kein Einnahmenproblem. Er hat ein Problem mit seinen Ausgaben.
Finanzminister Lars Klingbeil tut daher gut daran, seine Sparbemühungen voranzutreiben. Die Prognose der Steuerschätzer bedeutet zwar, dass das Haushaltsloch zwischen 2027 und 2029 um gut 30 auf etwa 140 Milliarden Euro sinkt. Doch auch das ist keine Summe, die sich durch kleinere Eingriffe hier und da decken ließe. Dazu sind umfangreiche Kürzungen bei Subventionen und Steuervorteilen nötig sowie Reformen in den Sozialsystemen.
Auch gezielte Steuererhöhungen dürfen kein Tabu sein, wenn die Mehreinnahmen nicht zum Stopfen von Löchern genutzt werden, sondern für eine gerechtere Belastung der Steuerzahlenden. Das schafft Wachstum, was wiederum für höhere Einnahmen sorgt.
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Auch wenn Klingbeil nun vor der schwierigen Aufgabe steht, das Amt des Sparministers mit dem des SPD-Parteichefs unter einen Hut zu bekommen, hat er zumindest in einem Punkt Glück im Unglück: Angesichts der Tatsache, dass insbesondere die Länder von den Mehreinnahmen profitieren, dürfte sich die Debatte über eine Kompensation der Steuerausfälle bei der Gastro-Steuer und Pendlerpauschale erledigt haben. Und wenn die Länder dennoch an ihrer Forderung festhalten, kann Klingbeil ruhigen Gewissens ein Scheitern in Kauf nehmen. Recht so, denn zumindest von der abgesenkten Mehrwertsteuer in Gaststätten werden die Bürgerinnen und Bürger keinen Cent sehen.
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