
Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Und dazu gehört diese: Donald Trump hat nicht den Friedensnobelpreis bekommen. Es reicht für diese Auszeichnung nun mal nicht, sich jeden zweiten Tag selbst zu empfehlen.
Die Beruhigung der Lage in Gaza, zu der der Druck des US-Präsidenten beigetragen hat, ist gut. Wenn die Waffen dort endgültig schweigen, die Geiseln freigelassen werden, die Versorgung der Bevölkerung wieder einsetzt, die israelischen Truppen sich zurückziehen und der Wiederaufbau beginnen kann, wäre das ein Segen. Aber daran haben mindestens auch die geduldigen Unterhändler aus Katar und Ägypten ihren Anteil.
Und ein Friedensplan für Gaza ist das eine. Aber kann ein Preis, der für Verbrüderung verliehen wird, an jemanden gehen, der im eigenen Land die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt, der dort die unabhängige Justiz angreift, politische Gegner aufs Übelste diskreditiert oder gleich verklagt, die Pressefreiheit unterminiert? Der die Lüge zum Regierungsprinzip erhoben hat? Und der im Umgang mit anderen Staaten vor allem auf eines setzt: auf Erpressung? Nein, kann er nicht.
Preisträgerin ist die Demokratie
Preisträgerin in diesem Jahr ist ganz etwas anderes: die Demokratie. Als Vertreterin hat sich das Nobelpreiskomitee María Corina Machado ausgesucht, die sich als Oppositionsführerin in Venezuela dem autoritär regierenden Präsidenten Nicolás Maduro entgegengestellt hat. Auf dessen Rechnung gehen unter anderem die Aussetzung der Gewaltenteilung, Einmischung in die Justiz, Verfolgung politischer Gegner. Machado setzte dagegen auf freie Wahlen und robuste Auftritte, sie einte so die pro-demokratische Opposition.
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Es lässt etwas zögern, dass Machado vor einigen Jahren unter anderem mit dem damaligen rechtsextremen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und der französischen Rechtsextremistin Marion Maréchal ein von der spanischen rechtspopulistischen Partei Vox initiiertes Freiheitsmanifest unterzeichnet hat – ein Umfeld lupenreiner Demokraten ist das sicher nicht.
Nobelpreiskomitee mahnt
Aber das Nobelpreiskomitee will seine Entscheidung auf jeden Fall so verstanden haben: Es sei wichtig, „die Flammen der Demokratie inmitten einer wachsenden Dunkelheit am Brennen“ zu halten. Angesichts des Aufstiegs von Autokraten und Anti-Demokraten weltweit, angesichts der bequemen Gleichgültigkeit, mit denen viele in Europa – auch in Deutschland - den Angriffen auf Demokratien, ihre Vertreter und Institutionen begegnen, ist es wichtig, genau daran zu erinnern: Dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Errungenschaften sind, dass sie nicht selbstverständlich sind und verteidigt werden müssen, weil sie schwer wiederherzustellen sind, wenn ihre Grundlagen erst mal beseitigt wurden. Dass Meinungsvielfalt und die manchmal langwierigen Aushandlungsprozesse einer Demokratie ein Wert an sich sind und dass eine andere Meinung nicht niedergebrüllt werden muss.
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Ohnehin ist es gut, beim Ringen um Frieden und Demokratie den Blick in die gesamte Welt zu richten. Der Preis ist eine Anerkennung und Ermutigung für die, die ihn bekommen. Er schafft Aufmerksamkeit für Konflikte, die hinter den großen Schlagzeilen oft verblassen, aber nicht minder brutal sind.
Es ist fraglich, ob Trump den Wink aus Oslo mit dem ziemlich großen Demokratie-Zaunpfahl als solchen erkennt. Viel eher wird er sich ein bisschen mitausgezeichnet fühlen, schließlich hat sein Lager Machado schon als „Eiserne Lady“ gefeiert. Trump hat zwar ein Herz für Autokraten, Maduro nimmt er da aber aus. Er wird sich nun wohl für die nächste Preisrunde empfehlen. Das Nobelpreiskomitee muss sich bewusst sein, dass es mit seiner Entscheidung keine Freifahrtscheine für Autokraten erteilen sollte.