Meinung

Neue Pläne für NRW-Kitas: Zum Teufel mit der Chancengleichheit

Zuzahlung für 45-Stunden-Plätze ist ein Baustein eines geheimen Eckpunktepapieres. Das Land will damit „Sicherheit und Stabilität“in die Kitas bringen. In den Augen unserer Autorin bringt das lediglich Eltern in die Teilzeitfalle.

Zuzahlung ab 35 Betreuungsstunden: Dieser neue Beitrag ist Teil eines vertraulichen Eckpunktepapieres des Landes. In den Augen unserer Autorin ist es in diesem Fall mit der Chancengleichheit endgültig vorbei. | © Christin Klose/dpa-tmn

Anneke Quasdorf
10.09.2025 | 10.09.2025, 05:00

Klammheimlich sitzen Landespolitik, Träger und Kommunen seit Wochen daran, die Kita-Landschaft in NRW auf völlig neue Füße zu stellen. Das System sei überfordert, Eltern unzufrieden, Fachkräfte überlastet, Träger und Kommunen verunsichert. Das große Ziel daher: „Stabilität und Verlässlichkeit“ ins System bringen. Im Eckpunktepapier dazu strahlt dieser Anspruch aus jeder Zeile: Stabil und verlässlich muss Kita sein, oder anders ausgedrückt: Hauptsache, der Laden läuft.

Dazu wurden und werden von langer Hand Vorbereitungen getroffen, die dazu nötig sind. Und das bedeutet vor allem: Qualitätsstandards müssen gesenkt werden. Mit den aus guten Gründen eingeführten Personalschlüsseln ließ sich bis Dezember 2024 keine geeignete Notbetreuung in vielen Einrichtungen auf die Beine stellen. Kurzerhand wurde die Personalverordnung dahin gehend geändert, dass nun eine Fachkraft nur mithilfe von Ergänzungskräften 60 Kinder betreuen darf.

Bleibt es bei den Plänen aus der derzeitigen Vereinbarung, wird diese Lockerung der Personalschlüssel vielleicht noch dienlich sein. Denn künftig würde das Personal in Kern- und Randzeiten aufgeteilt. Die Kernzeiten wären den pädagogischen Fachkräften vorbehalten. Der Personaleinsatz in den Randzeiten und die Gruppengröße in diesen Zeiten würde „flexibilisiert“. Heißt das bald: Nur noch Ergänzungskräfte für große Gruppen? Noch ist all das Spekulation, sehr tief in die Kristallkugel muss man dafür allerdings nicht blicken.

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Unverschämter Umgang mit Eltern in NRW

Eine wahre Unverschämtheit ist das, was die Pläne für die Eltern NRWs bereithalten: Bleibt es dabei, könnten Kommunen von ihnen künftig Beiträge für 40- und 45-Stunden-Plätze verlangen. Abseits dessen, dass die Landesregierung nicht nur ihrem Wahlversprechen eines dritten beitragsfreien Kitajahres nicht nachkommt, würden damit sogar die zwei bestehenden beitragsfreien Jahre angetastet.

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Auch die Begründung für den Schritt ist anmaßend: Auf diese Weise solle verhindert werden, dass „Maximalbuchungen“ bestehen, die eigentlich nicht notwendig sind. Es ist wohl ureigene Entscheidung jedes Elternteils, selbst zu entscheiden, wie viele Stunden pro Woche notwendig sind und sich dabei darauf verlassen zu können, dass diese, einmal so eingeführt, auch beitragsfrei bleiben. Was nun geschehen würde, wäre nichts als Erpressung vor dem Hintergrund des Personalmangels: Buche nur, was du absolut brauchst, sonst musst du zahlen.

Abseits dessen wäre mit solch einem Bezahlmodell die Chancengleichheit endgültig zum Teufel. Lange Kitazeiten müsste man sich dann leisten können. Und gerade diejenigen, die sie sich nicht leisten können, würden in die Teilzeit gedrängt. Verlässlichkeit und Stabilität sehen ganz anders aus.