Meinung

BSW flirtet mit der AfD: Wagenknecht und das Himmelfahrtskommando

Von Anti-AfD-Koalitionen hält Sahra Wagenknecht nichts mehr. Warum sich ihr BSW dennoch den Rechtsextremen an den Hals wirft, ordnet Jan Sternberg ein.

Alice Weidel (AfD, l.) und Sahra Wagenknecht (BSW) verabschieden sich nach dem TV-Duell bei dem Nachrichtensender Welt-TV. | © Kay Nietfeld/dpa

Jan Sternberg
04.07.2025 | 04.07.2025, 17:11

Sahra Wagenknechts BSW ist zurück in den Schlagzeilen, mit einem neuen Flirt an den Rändern des politischen Spektrums. BSW und AfD reden miteinander (in Thüringen), stimmen miteinander (im Europaparlament) und nähern sich anscheinend auch auf Bundesebene an. AfD-Chef Tino Chrupalla meint, es gäbe längst Gespräche mit Wagenknechts Truppe „wie man Mehrheiten verändern kann“.

Nun sagt Chrupalla Ähnliches seit Jahren auch schon über die CDU. In der Union bestätigt indes niemand, mit Chrupalla gesprochen zu haben – wer immer es täte, wäre vermutlich schnell weg vom Fenster.

Wagenknecht agiert anders. Sie dementiert aktuelle Gespräche mit der AfD auf Bundesebene, nennt die aktuelle Aufregung eine „Phantomdiskussion”, erklärt sich aber „selbstverständlich” gesprächsbereit. Worüber die größte Oppositionspartei AfD mit der außerparlamentarischen 4,981-Prozent-Partei BSW im Bund reden sollte, erschließt sich indes nicht.

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Wagenknecht kritisiert Brandmauer gegen AfD als „dumm“

Für Wagenknecht geht es um ihre verbliebene Wählerklientel, die der AfD zumindest nicht feindlich gegenübersteht. Sie nutzt in diesen Tagen jede Gelegenheit, um die Brandmauer gegen die AfD als „dumm“ und „undemokratisch“ zu, nun ja, brandmarken. Zugleich bezeichnet sie das Eintreten in die Anti-AfD-Bündnisse in Thüringen und Brandenburg als „Fehler“. Für „profillose Allparteienkoalitionen gegen die AfD“ werde man nicht mehr zur Verfügung stehen, sagte sie dieser Redaktion.

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Heißt das im Umkehrschluss aber, es werde Bündnisse mit der AfD geben? Davon kann nach Lage der Dinge nur einer profitieren: Die Rechtspartei, die endlich den Mehrheitsbeschaffer hätte, der ihr bisher fehlt. Das BSW würde sich durch diesen Tabubruch selbst überflüssig machen. Schließlich zieht Wagenknecht ihren zumindest im Osten noch stattlichen Zulauf aus der Tatsache, dass ihre Neugründung eine Alternative zur Alternative ist: gegen die „Altparteien“, gegen den „links-grünen Mainstream“, aber auch gegen die extreme Rechte.

BSW stellt Einstufung der AfD in Frage

Ein AfD-Landeschef hat das BSW mal intern als einen „Rastplatz auf halbem Weg“ bezeichnet – für diejenigen, die keine etablierten Parteien mehr wählen wollen, die sich aber (noch) nicht trauen, ein rechtsextremes Angebot anzukreuzen. Und um genau diese Klientel wirbt das BSW weiterhin. Daher stellen Wagenknechts Mannen in den Ländern die Einstufung der AfD in Frage und attackieren die Brandmauer, wo sie nur können.

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Dass sie jetzt in Erfurt Höcke hoffähig machen und in Brüssel gemeinsam mit AfD-Abgeordneten einem von Ultrarechten eingebrachten Misstrauensvotum gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zustimmen, ist der nächste Schritt. Der übernächste könnten gemeinsame Abstimmungen mit der AfD in den Ländern sein.

Eine Koalition mit der AfD aber wäre ein „Himmelfahrtskommando“, sagte Wagenknecht gerade. Man darf gespannt sein, wie sie nächstes Jahr dazu steht.