
Politik lebt vom Streit um den richtigen Weg in die Zukunft. Gemessen daran müsste die SPD – streiten kann sie ja – in allen Umfragen vorn liegen, mindestens mit an der Spitze.
Tut sie aber nicht. Der Grund dafür ist seit je eine sehr eigenartig entwickelte Debattenkultur vor allem zu Fehlern der Partei. Dazu mangelt es ihr sehr häufig an Führung, die den Streit von der Ebene der Rechthaberei einzelner Flügel auf die der Entwicklung des besseren Weges in die Zukunft heben kann. Das neue Paar aus Bärbel Bas (gewählt mit 95 Prozent der Stimmen) und Lars Klingbeil (gewählt mit 64,9 Prozent der Stimmen) an der Spitze hat nun diese neue Führung übernommen. Beide werden ab jetzt jenseits aller Hochwertwörter wie „Investitionsbooster“, „Renten-Paket“ oder der „Kriegstüchtigkeit“ eines Boris Pistorius nachweisen müssen, ob sie ihrer Partei liefern, was die mehrheitlich verlangt: Eine Bestätigung der Grundwerte von Erneuerung, sozialer Gerechtigkeit, Sicherheit und Frieden für die Zukunft.
Lesen Sie auch: SPD sucht neue Stärke: Bas reißt Parteitag mit
Leicht wird das nicht. Das zeigen die Debatten um das sogenannte Friedensmanifest ebenso wie der für die Basis nur schwierig nachvollziehbare Verzicht auf eine Senkung der Stromsteuer für alle - der auch noch handwerklich schlecht gemacht ist. Dazu zeigen die deutlich schlechteren Ergebnisse für Klingbeil, wie sehr auch er für das Ergebnis der Bundestagswahl in Haftung genommen wird.
Lesen Sie dazu: „Wortbruch“: Werden Verbraucher nun doch nicht bei der Stromsteuer entlastet?
Die Wahlergebnisse tragen Botschaften
Parteitage sind nicht die Regierung, die im Blick auf Koalitionsbündnisse immer auch den Kompromiss als Auftrag hat. Wohl aber sind sie dazu da, kritisch zu hinterfragen, was ihre Führung anrichtet und ob das auf die Ziele in der Zukunft einzahlt. Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg der neuen SPD-Spitze wird deshalb sein, ob sie den Aufbruch zur Erneuerung schafft und ein neues mehrheitsfähiges Grundsatzprogramm vorlegen kann.
Den Auftrag dazu hat sie nun. Die Wahlergebnisse für Bärbel Bas und Lars Klingbeil sind ehrlich und tragen Botschaften. Vor allem an Klingbeil. Er kann an seinen Prozenten ablesen, wie die Partei seinen Anteil an dem Abstieg bei der Bundestagswahl wertet und wie übel sie ihm nimmt, dass er anders als seine bisherige Co-Vorsitzende Saskia Esken an aller Macht festhalten will. Er hat eine Mahnung erhalten und nun eine neue Bewährungsfrist für zwei weitere Jahre.
Taten werden die beiden messen
Bärbel Bas erhält dagegen als Repräsentantin des stärksten Landesverbandes NRW einen Vertrauensvorschuss für die nötige Erneuerung. Sie wird ab jetzt an den Resultaten für eine neue Zukunft der sozialen Sicherheit gemessen.
Wie sehr das trägt, hängt davon ab, ob die neue Führung ihre neue Zukunftsvision so erzählen kann, dass es eine realistische Brücke zur Regierungsarbeit gibt. Daran und an ihren Erfolgschancen für die nächsten Wahlen werden sie gemessen werden. Auch im Blick auf die Kanzlerkandidatur.
Lesen Sie auch: Mindestlohn steigt 2027 auf 14,60 Euro – Kritik aus der SPD