Meinung

Wer jetzt Zwietracht sät, gefährdet das Zustandekommen der Regierung

Die neue Regierung ist noch nicht im Amt und schon knirscht es. Scheitern ist keine Option. Das kann sich Deutschland weder innen- noch außenpolitisch leisten.

Bald wahrscheinlich Bundeskanzler: CDU-Chef Friedrich Merz. | © Michael Kappeler/dpa

Eva Quadbeck
14.04.2025 | 14.04.2025, 16:11

Es rächt sich schon früh, dass im Koalitionsvertrag von Union und SPD zahlreiche inhaltliche Konflikte in Gummi-Formulierungen gehalten sind. Während die SPD-Basis in dieser Woche ihre Abstimmung über das Vertragswerk beginnt, können die Mitglieder sich nicht sicher sein, ob der Mindestlohn nun ab dem 1. Januar 2026 tatsächlich auf 15 Euro steigt. Oder ob diese Erhöhung noch einmal vertagt werden könnte. So jedenfalls versteht der kommende Kanzler Friedrich Merz den geschlossenen Kompromiss. „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“, lautet die weiche Formulierung. Über „diesen Weg“ wiederum müssen sich Union und SPD einig sein. Es ist ein Eiertanz.

Inhaltlich wäre es ratsam, bei der bisherigen Regelung der Mindestlohnkommission zu bleiben, wonach eine Erhöhung auf 15 Euro auch erst nach 2026 kommen könnte. Ein zu früher Schritt könnte die Wirtschaft erneut einbremsen, bevor sie überhaupt den ersten warmen Wind unter den Flügeln spürt.

Für die Jusos ist der neue Zwist ein gefundenes Fressen, gegen den Koalitionsvertrag und gegen eine Zustimmung der SPD-Basis mobil zu machen.

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Nein der SPD zum Koalitionsvertrag wäre ein Drama

Ein Nein der Sozialdemokraten zum Koalitionsvertrag wäre ein Drama, da es jenseits der AfD keine anderen möglichen Mehrheiten gibt. Deutschland wäre in dieser für ganz Europa herausfordernden und gefährlichen internationalen Lage erneut über Monate nicht präsent. Das wäre schlimmer als eine Regierung, die im Koalitionsvertrag nicht alle Konflikte gelöst hat. Zumal Meinungsverschiedenheiten zwischen Koalitionären an sich kein Problem sind. Entscheidend ist die Frage des Umgangs damit und dass eine Regierung handlungsfähig bleibt.

Mehr zum Thema: Juso-Führung sagt Nein zu Koalitionsvertrag

Die Sehnsucht nach einer Regierung, die den Vorwärtsgang einlegt, ist in der Bevölkerung groß. Das liegt daran, dass eben auch der Leidensdruck bei den Menschen hoch ist: schlechte Infrastruktur, zu viel Bürokratie, hohe Preise, unzureichend ausgestattete Schulen, schwierige Bedingungen für die Pflege, Sorge wegen der internationalen Lage und, und, und. Dieser Verantwortung müssen Union und SPD gerecht werden. Der Wahlkampf ist vorüber. In der sensiblen Phase zwischen der Einigung auf den Koalitionsvertrag und der Kanzlerwahl sollten die Bündnispartner öffentlichen Streit wie nun um den Mindestlohn vermeiden. Wer jetzt Zwietracht sät, gefährdet das Zustandekommen der Regierung.

Am Ende ist es nicht der bunt gescheckte Koalitionsvertrag voller Details, unklaren Formulierungen und unspezifischen Ankündigungen, der über das Schicksal dieser Regierung und damit über die Zukunft Deutschlands entscheidet. Entscheidend ist, ob das bereits gewachsene Vertrauensverhältnis zwischen Merz und Klingbeil die stabile Achse für die Koalition bildet, die Unwucht in den jeweils eigenen Reihen aushalten kann.