
Die SPD hat sich neu sortiert. Auf ihrem Bundesparteitag ist es den Sozialdemokraten gelungen, trotz zahlreicher, auch grundsätzlicher Konfliktfelder, eine bemerkenswerte Einigkeit über die Grundsätze ihrer Regierungspolitik zu erzielen. Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Partei sind wieder näher beieinander. Das war so nicht unbedingt zu erwarten. Dafür mussten viele sich bewegen und manche sicher geglaubte Gewissheit korrigieren.
Die Türen dazu öffnete der Kanzler mit einer weitgehend frei gehaltenen Rede, in der er den Delegierten gab, was sie lange vermisst hatten. Scholz hielt keine dröge Regierungserklärung, sondern traf mit seinen Festlegungen und Garantien zu Ukraine und Nahost, zur Energie- und Umweltpolitik und vor allem zum sozialen Zusammenhalt, zu sozialer Sicherheit, Bürgergeld und seinem Aufruf gegen Rechtsradikalismus und Fremdenhass den Nerv der Partei. Mehr noch, wie die wiedergewählte Parteivorsitzende Saskia Esken bestätigte: Seine Rede fasste ihr Herz an.
Die Parteitagsdelegierten wiederum ließen sich von ihrem ebenfalls wiedergewählten Vorsitzenden Lars Klingbeil und dem Chef der Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, mitnehmen bei der Neuordnung der außen- und sicherheitspolitischen Grundsätze der SPD. Sie taten dies mit einer vehementen Verteidigung der Ost- und Friedenspolitik der Kanzler Brandt und Schmidt, auf die auch Scholz sich berief.
Mützenich dankte Scholz nicht nur für den diplomatischen Erfolg, mit Chinas Präsidenten Xi Jinping den drohenden Einsatz taktischer Atomwaffen durch Russland in der Ukraine abgewendet zu haben. Der Fraktionschef räumte auch ein, das imperiale Denken des russischen Präsidenten komplett unterschätzt zu haben. Er verband das allerdings zugleich mit einem klaren Bekenntnis zum Völkerrecht. Dies und das Scholz-Versprechen, dass es mit ihm keinen Abbau des Sozialstaats in Deutschland geben werde, öffnete vielen Delegierten wohl erst den Weg, auch jenem Teil des Leitantrags zuzustimmen, der Militär als ein Mittel der Friedenspolitik anerkennt. Darauf gründet die neue Einheit.
Nun bleiben der Haushalt 2024 und die Ukraine-Hilfe als Herausforderungen. Dass beides zusammen gedacht werden kann, deutete auch FDP-Finanzminister Lindner am Wochenende an. Die SPD hat sich und ihren Kanzler für die Gespräche jedenfalls gut gerüstet.