Frankfurt. Er ist der berühmteste Boxer der Filmgeschichte: Rocky Balboa, verkörpert von Sylvester Stallone. In dem Film „Creed – Rockys Legacy" kehrte er im vergangenen Winter wieder auf die Leinwand zurück. Rocky ist eine der beiden Rollen, mit denen Stallone in den Olymp des Kinos einging.
Und der Schauspieler, der am Mittwoch 70 Jahre alt wird, hat gut daran getan, sich diesmal mit einer Nebenrolle zu bescheiden: Er trainiert den Sohn seines Freundes Apollo Creed, Donnie (Michael B. Jordan).
„Rocky" aus dem Jahr 1976, das war ein Karrierebeginn wie ein Paukenschlag, eine uramerikanische Geschichte vom Aufstieg eines Underdogs. Sehr genau bettet der Film von John G. Avildsen den Kampf zwischen dem Boxweltmeister Apollo Creed gegen den Amateur Rocky in das Milieu der Italoamerikaner Philadelphias ein.
Rockys Trainingslauf durch das Armenviertel Philadelphias und die Stufen hinauf zum Philadelphia Museum of Modern Arts ist eine der ikonischen Szenen des US-Kinos der 70er Jahre. Dazu lief das Lied „Gonna Fly Now" von Bill Conti.
Sylvester Stallone hatte das Drehbuch zu diesem Film geschrieben. Inspiriert zu „Rocky" hatte ihn der legendäre Boxkampf zwischen Muhammad Ali und Chuck Wepner 1975, den Ali gewann.
Der Film machte Stallone, der an einer geburtsbedingten Muskellähmung im Gesicht leidet, über Nacht berühmt. Bis zu diesem Film hatte er sich mit kleinen Rollen durchgeschlagen, Drehbücher geschrieben und sogar in einem Softcore-Sexfilm mitgewirkt. Zehn Mal war „Rocky" für den Oscar nominiert, Stallone sogar als bester Hauptdarsteller – gewonnen hat er ihn nicht.
Vielleicht war es seine Präsenz und Authentizität in „Rocky", die ihn für seine zweite, das Kino prägenden Rolle prädestinierte: den Vietnamveteran John Rambo, der in „Rambo" (1982) von Polizei und Militär durch die Wälder gejagt wird. Rambo ist in diesem Film ein vom Krieg Traumatisierter.
Zur Person
- Der in New York geborene Sohn eines sizilianischen Einwanderers wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und wurde von etlichen Schulen verwiesen.
- Stallone schlug sich Anfang der 1970er Jahre mit kleinen Auftritten mühsam durch. 25-jährig spielte er die Hauptrolle in dem Erotikfilm „The Party at Kitty and Studs", die ihm den Spitznamen „Italian Stallion" einbrachte.
- Von der schleppenden Schauspielkarriere gefrustet, schrieb Stallone das Drehbuch für „Rocky".
- Nach zwei gescheiterten Ehen, darunter mit der dänischen Schauspielerin Brigitte Nielsen, ist Stallone seit 1997 mit dem Ex-Model Jennifer Flavin (47) verheiratet. Sie haben drei Töchter, die Jüngste ist 14 Jahre alt.
- Zuhause halte er meistens den Mund, scherzte der Muskelmann im April in der Talkshow von Ellen DeGeneres. „Sogar die Hunde sind alle weiblich, und der einzige Rüde ist kastriert".
Heute ist es selbstverständlich, dass auch Actionfilme in die Abgründe der Seelen ihrer Protagonisten schauen. Rambo war damals schon ein Held, der mit seinen inneren Dämonen kämpfen musste und versuchte, mit sich und seiner Existenz als Kampfmaschine klar zu kommen.
Aus Rambo wurde ein geflügeltes Wort und aus den Filmen „Rocky" und „Rambo" Kinoserien. Es gehört zur Tragik des Schauspielers Sylvester Stallone, dass er in zu vielen Fortsetzungen mitgewirkt hat. Und dass ihm der Witz und die Selbstironie fremd waren, die andere Actionhelden wie Bruce Willis oder Arnold Schwarzenegger pflegten – etwa in „Terminator 2".
In den 80er Jahren gehörte Stallone zu den bestbezahlten Hollywoodstars. Aber er konnte sich nicht von seinem Muskelprotz-Image lösen. Das zeigen Filme wie „Cobra" (1986) oder „Tango & Cash" (1990). Das gelang ihm erst mit der Rolle eines einfältigen Sheriffs in James Mangolds Meisterwerk „Cop Land" (1997). Am Ende muss der Sheriff erkennen, dass seine Welt nicht die Idylle ist, an die er glaubt, sondern von Korruption und Gewalt regiert wird.
Bei der Pressekonferenz zur Premiere des Films während der Filmfestspiele in Venedig sagte Stallone, dass er, wenn seine Kinder ihn nach seinem Beruf fragen, ihnen einmal andere Filme zeigen wolle als seine Haudrauf-Rollen. Zeigen könnte er seinem Nachwuchs auch noch „Get Carter" (2001): Ein Krimi-Remake, in dem er als müder Rächer eine sehr ambivalente Rolle mit Bravour ausfüllt.
In den frühen 2000er Jahren wurde es ruhig um Stallone. Doch gelang es ihm, mit „John Rambo" und „Rocky Balboa" 2007 an seine Wurzeln anzuknüpfen. Und in den beiden Teilen von „The Expendables" sind neben Actionikone Stallone etliche weitere kampfaffine Kollegen zu sehen: Bruce Willis, Mickey Rourke, Arnold Schwarzenegger, Dolph Lundgren. Ohne eine gehörige Portion Selbstironie ging das aber dann auch nicht mehr.
Für „Creed" war Stallone in diesem Jahr sogar als bester Nebendarsteller für einen Oscar nominiert. Inszeniert wurde der Film von Ryan Coogler, der aus dem Independent-Bereich kommt. Der Regisseur und sein Hauptdarsteller sind Afroamerikaner – und waren beide nicht für die „Oscars" nominiert.
Stallone soll ihnen angeboten haben, dass er die Verleihung boykottiere, was Coogler wohl nicht wollte. Bekommen hat den Nebendarsteller-Oscar dann sowieso ein anderer, Mark Rylance für seine Rolle in „Bridge of Spies". Actionstars gewinnen eben keine Darstellerpreise.