Kultur

Rockabilly-Band "The Silverettes": Taff im Petticoat

Das in OWL gegründete Rockabilly-Gesangstrio dreht auf seinem zweiten Album „Talk Dirty“ den Chauvi-Spieß noch ein bisschen forscher um

Geben auch im Rock den Ton an: Nina Kappeller (v. l.), Irina „Ira" Langenstein und Janina „Jane" Ruopp sind „The Silverettes". | © PR/TOBAGO RECORDS

Thomas Klingebiel
25.08.2017 | 25.08.2017, 12:35

Bielefeld. In der Rockabilly-Szene sind Frauen oft nur schmückendes Beiwerk in Petticoats, mit üppigen Locken oder kunstvollen Hochsteckfrisuren. „The Silverettes" bilden eine doppelte Ausnahme. Das in Ostwestfalen und darüber hinaus erfolgreiche Gesangstrio behauptet sich nicht nur musikalisch professionell gegenüber der männlichen Konkurrenz. Es bürstet das szenetypische Weibchen-Image zudem gehörig gegen den Strich – auf dem neuen, zweiten Album „Talk Dirty" deutlicher denn je.

Schon auf ihrem Debüt „Real Rock’n’Roll Chicks" vor drei Jahren machten die drei Rockabellas deutlich, dass sie sich auch von noch so starken Kerlen nicht unterbuttern lassen. Auf „Dirty Talk" gehen sie ein bisschen weiter. In „Watch out" („I’m not a doll" – Ich bin keine Puppe) drohen die drei Bad Girls gar mit Waffengewalt. In „Sweet Butt" drehen sie in Zeilen wie „I’ve decided that your ass is mine" (Dein Hintern gehört mir) den chauvinistischen Spieß unverblümt um. „Warum nicht?", fragt Irina Langenstein lachend. „Natürlich ist das auch mit einem Augenzwinkern gemeint", so die Sängerin. Zum Schluss der CD wird es mit „Hey Hey Hey" ungewohnt romantisch. „Wir sind halt auch Mädchen mit Herz und Gefühlen", sagt Langenstein.

Musikalisch Richtung Glamrock

Die Sängerin sieht das neue Album als „logischen nächsten Schritt". Diesmal sind fast alle Songs Eigenkompositionen. Nur Meghan Trainors Doowop-Superhit „All about that Bass" und Sam Sparros „Black and Gold" werden gecovert.

Auch musikalisch hat sich etwas getan, wenngleich die Rock’n’Roll-Klangfarbe nach wie vor dominiert. Der Titelsong weist mit seinem Trommel-Intro Richtung Glamrock und Gary Glitter. Man könnte auch an „Leader of the Pack" der Sixties-Girlgroup „Shangri-Las" denken. Big-Band-Swing in „Treat Me Like a Lady" und Bar-Jazz in „Drunk Love" sind ebenfalls auffällige Erweiterungen des bisherigen Spektrums. Auf „Talk Dirty" traut das Trio sich zudem öfter ruhige Töne zu, die ihm durchaus stehen.

Zwei Neue im Dreierbund

Haben die Neuerungen mit dem 2015 erfolgten Ausstieg der Bielefelderin Julia Fette, die sich auf ihre Band „Sister Wolf" konzentriert, und der Detmolderin Saskia Krisse, die nun als Lehrerin tätig ist, zu tun? „Wir haben das insgesamt elf Jahre zusammen gemacht, aber uns schließlich beruflich und privat anders entwickelt", sagt Langenstein. Die früheren Background-Sängerinnen der lippischen Rock’n’Roller „The Golden Boys" machten sich 2010 als Silverettes selbstständig.

Nun sind zwei Neue im Dreierbund, Janina „Jane" Ruopp und Nina Kappeller, die Langenstein schon seit gemeinsamen Osnabrücker Musikstudium-Zeiten kennt. Sie hätten mit ihren Ideen durchaus frischen Wind in die Band gebracht, sagt sie. Die Lead-Parts teilen die drei hauptberuflichen Musikerinnen untereinander auf. „Jede von uns ist in jedem Song zu hören", unterstreicht Langenstein.

Auftritte im Ausland

Produziert wurde die CD, wie schon das Debüt, von Gitarrist Adriano Batolba (Dick Brave & The Backbeats) und Stephan Baader (Boppin’ B, The Baseballs). Batolbas Rockabilly-Swing-Orchestra kam punktuell zum Einsatz. Die elf eigenen Songs sind Gemeinschaftswerke der Sängerinnen und der Produzenten. „Wir haben uns alle sowohl bei Texten wie auch bei der Musik eingebracht", sagt Langenstein. Die frühere Bielefelderin, die inzwischen in Essen lebt, ist gewissermaßen die Mutter der Silverettes. „Das ist mein Baby", sagt sie.

Nach dem Ausstieg der beiden Gründungsmitglieder habe sie die Band auf keinen Fall aufgeben wollen: „Dafür lief es einfach zu gut." Die Silverettes bestreiten inzwischen Auftritte in Clubs und auf Festivals in Deutschland, Italien, England, Dänemark, der Schweiz und Österreich. Die Fanbasis wächst stetig. „Auch wenn wir keine OWL-Band mehr sind, wir kommen immer gern zurück", versichert Langenstein.

INFORMATION


CD-Release-Show: 31. 8. Osnabrück (Dirty+Dancing); 14. 10. Minden (Bunker), 1. 12. Bielefeld (Extra Blues Bar)