Til Schweiger: "Das Böse wird nie gewinnen"

INTERVIEW: Der Schauspieler über Fäkalhumor und die Wirtschaftskrise

Til Schweiger und Nora Tschirner bei der Filmpremiere ihres Films "Zweiohrküken". | © FOTO: DPA

03.12.2009 | 27.05.2022, 09:36

Berlin. Die Leinwandabenteuer der "Keinohrhasen" bescherten ihrem Schöpfer Til Schweiger vor zwei Jahren einen großen Erfolg. Mehr als sechs Millionen Zuschauer fanden den Weg ins Kino. Auch in der Fortsetzung "Zweiohrküken", die heute in die Kinos kommt, war der 45-jährige Schweiger wieder als Co-Autor, Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller am Start. André Wesche sprach mit ihm.

Herr Schweiger, haben Sie analysiert, warum "Keinohrhasen" den Nerv des Publikums getroffen hat?
TIL SCHWEIGER: Im Nachhinein gibt es eigentlich keine Analysen. Aber natürlich hört man einiges raus. Es hat sich herausgestellt, dass sich viele Leute mit den Charakteren aus dem ersten Teil identifiziert haben. Aber dass er so ein Erfolg werden würde, hat uns alle überrascht.

Wie sind Sie an die Fortsetzung herangegangen?
SCHWEIGER: Die romantische Komödie ist mit dem ersten Teil eigentlich zu Ende erzählt. Es gibt in diesem Genre so gut wie nie Fortsetzungen, also mussten wir uns ein bisschen mehr aufs Feld der Komödie begeben.

Wenn man sich etwas von ganzem Herzen wünscht, geht es auch in Erfüllung, heißt es im Film. Gilt das auch fürs wahre Leben?
SCHWEIGER: Es ist zumindest ein schöner Gedanke. Vielleicht ist er nicht immer realistisch. Aber ich mache ja auch deshalb Filme, weil ich mir darin die Welt so bauen kann, wie ich sie gerne hätte. Im Film kann ich alles behaupten.

Sind Sie ein Optimist?
SCHWEIGER: Eigentlich ja. Gerade beruflich neige ich allerdings zum Zweckpessimismus. Das ist eine Art Selbstschutz, denn wenn man sich nicht so viel vornimmt, kann man nicht so tief fallen. Aber eigentlich denke ich sehr optimistisch. Und vor allem möchte ich optimistische Filme machen. Das Böse wird bei mir am Ende nie gewinnen.

Diesmal verzichten Sie auch nicht auf eine Prise Fäkalhumor.
SCHWEIGER: Aber noch nie hat jemand so ästhetisch auf dem Klo gesessen wie Matthias Schweighöfer. Es hängt immer davon ab, wie man so etwas filmt. Wir zeigen ja nichts Ekliges. Die Nummer mit Matthias auf dem Klo funktioniert deshalb so gut, weil sich jeder damit identifizieren kann: Wer hat noch nie bei einer neuen Bekanntschaft in einer kleinen Wohnung auf dem Klo gesessen und zum Beispiel Angst gehabt, dass Geräusche nach draußen dringen?

"Zweiohrküken" zeigt Til Schweiger als Frau – ging da ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung?
SCHWEIGER: Nö! In einer frühen Drehbuchfassung war Nora immer in ihrer Frauengruppe, und ihre Freundinnen wiegelten sie gegen Ludo auf. Irgendwann hat Ludo das mitgekriegt und verkleidet sich als Frau, um sich einzuschleichen. Die Mädels kriegen es aber schnell mit und hauen ihm alles um die Ohren, was er eigentlich nicht hören will. Das war sehr witzig, aber nicht glaubwürdig. Wir wollten aber trotzdem dieses "Tootsie"-Element reinkriegen. Die Lösung war ein Kostümball.

Wird das Plakat echt dasselbe sein wie bei "Keinohrhasen"?

SCHWEIGER: Nö, auf dem alten steht ja "Keinohrhasen" und auf dem neuen "Zweiohrküken"! Ansonsten bleibt es genauso, das hat es noch nie gegeben.

Ist die Wirtschaftskrise schon im Kino angelangt?
SCHWEIGER: Seitens der Zuschauer nicht. Die Zahlen hier und auch in Amerika sind die besten seit Jahren. Vielleicht fahren die Leute weniger in den Urlaub, aber Kino ist noch ein finanzierbares Freizeitmodell. Und die Leute gehen wohl eher in der Krise ins Kino, als wenn es ihnen gut geht. Allerdings ist in diesem Jahr erschreckend wenig produziert worden. Ob das mit der Krise zusammenhängt, weiß ich nicht. Ich war gerade in Amerika, das ist die Lage dramatischer. Die Top-Leute arbeiten, aber schon in der zweiten Reihe sind viele arbeitslos, weil nur die ganz fetten Sachen gemacht werden.

Was machen Sie als nächstes?
SCHWEIGER: Ich weiß es nicht. Irgendwann werden wir uns hinsetzen und versuchen, den dritten Teil zu schreiben. Wir basteln an "Manta, Manta 2", da sind wir schon relativ weit. Ansonsten gurken wir immer noch wegen des amerikanischen Remakes von "Keinohrhasen" herum.

Gibt es Pläne für eine eigene Hollywood-Regie?
SCHWEIGER: Darüber habe ich schon nachgedacht. Es ist nicht unrealistisch, dass ich das mal mache. Ich müsste bei einem solchen Film aber ein Mitspracherecht haben, das macht die Sache schon wieder schwieriger. Wenn man nicht Steven Spielberg heißt, hat man dieses Recht in der Regel nicht.Es würde also eher ein Film mit einem kleineren Budget sein.

Angst vor Verrissen

Til Schweiger wollte seinen neuen Film "Zweiohrküken" nicht vorab den Kritikern zeigen, weil er Verrisse befürchtet. "Ich kann im Feuilleton keinen Blumentopf gewinnen. Das ist schade, aber ich muss das akzeptieren", sagte der Schauspieler, Produzent und Regisseur dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Ich mache Unterhaltung, und die hat es dort schon immer schwer gehabt." Er könne niemanden zwingen, seine Filme zu mögen, sagte Schweiger: "Aber ich habe das Recht zu sagen: Ätschibätsch, ich zeig euch meinen Film nicht mehr vor Kinostart umsonst, ihr müsst euch eine Karte kaufen, den Film mit Publikum schauen – für viele Kritiker ein Graus – , und dann könnt ihr immer noch den Verriss schreiben."