Interview

„Ja, wir geben nur diese beiden Konzerte in Deutschland“

Der US-Jazzbassist Kyle Eastwood (57), Sohn der Schauspiellegende Clint, bringt mit seinem Quintett „Eastwood by Eastwood“ auf Einladung des Musik Kontors im November den Soundtrack seiner Familie auf die Bühne im Marta. Vorab sprach er mit uns über das kreative Band zwischen Musik und Kino.

Vater und Sohn: Kyle Eastwood (rechts) mit seinem Vater Clint Eastwood. Letzterer ist bei den beiden Konzerten in Herford freilich nicht dabei. | © picture alliance/dpa/PIAS

25.10.2025 | 25.10.2025, 07:30

Mister Eastwood, wo erreiche ich Sie gerade, und was sind Ihre nächsten Pläne?

KYLE EASTWOOD: Aktuell bin ich in Paris. Wir sind mit der Band seit dem 1. Oktober in Europa und hatten bisher einige Auftritte in Spanien und Frankreich. Vor zwei Tagen haben wir in Rouen in der Normandie gespielt. Gerade bereite ich mich auf meine Reise nach Japan vor. Dort werden wir am 22. Oktober auf dem Jazz-Festival in Nagoya spielen und vom 23. bis 25. Oktober im legendären Jazz-Club Blue Note in Tokyo auftreten, bevor es wieder zurückgeht nach Europa.

Sie treten, wie es scheint, häufiger in Europa auf. Leben Sie auch hier?

Ich verbringe ziemlich viel Zeit in Europa, besonders in Frankreich, und das seit über 20 Jahren. Hier spiele ich normalerweise die meisten meiner Konzerte. Ich mag Europa. Die Europäer sind offen für viele verschiedene Arten von Musik aus aller Welt. Das unterscheidet Europa von den USA. Einige der besten Jazz-Festivals werden in Paris oder auch in Deutschland veranstaltet.

Wie gut ist Ihr Französisch?

Ziemlich gut für einen Amerikaner, würde ich sagen (lacht). In den 20 Jahren, die ich hier bin, sollte ich mittlerweile ein bisschen was draufhaben. Im Gegensatz zu meinen Deutschkenntnissen. Die sind sehr „klein“.

Lassen Sie uns über Ihre Arbeit sprechen. Sie spielen Kontra- und E-Bass. Ihre Liebe zum Jazz wurde Ihnen praktisch von Ihren Eltern eingeimpft. Welche Musik hat Sie besonders inspiriert, ein eigenes Instrument spielen zu wollen?

Mein Vater spielt Klavier, also hat er es mir beigebracht, als ich sechs Jahre alt war. Das gefiel mir und ich habe ein paar Jahre Unterricht genommen, weil ich Spaß am Spielen hatte. Meine Eltern sind große Jazz- und Blues-Musik-Fans und hörten in den 1970er-Jahren die großen Jazz-Musiker. So kam ich früh mit dem Genre in Berührung und fand die Musik einfach cool. Später lernte ich Bass und Schlagzeug spielen. Mit 13 Jahren habe ich im Film meines Vaters „Honkytonk Man“ (1982) mitgespielt und angefangen, Gitarre zu spielen.

Welche Musiker haben Sie für die Jazz-Musik begeistert?

Ich war etwa acht Jahre alt, da nahm mein Vater mich mit zum Monterey Jazz-Festival, das ganz in der Nähe meines Heimatortes in Kalifornien stattfand. Wir sahen uns gerne die Count Basie Big Band an. Außerdem haben mich die Live-Auftritte von Ray Brown, Ron Carter und Charles Mingus so beeindruckt, dass ich unbedingt Jazzmusik machen wollte.

Die Verbindung zwischen Jazz-Musik und Filmkompositionen ist ein wiederkehrendes Thema in Ihren vielen Musikprojekten. Was reizt Sie besonders an der Verknüpfung beider Genres?

Musik und natürlich auch Filme haben durch den Beruf meines Vaters einen wichtigen Platz in unserer Familie eingenommen. Ich bin in diesem kulturellen Milieu aufgewachsen. Das hat mich von Anfang an geprägt, und bis heute sind Musik und Film meine beiden großen Leidenschaften. Dazu kommt, dass ich schon früh mit meinem Vater bei einigen seiner Projekte mit ihm zusammenarbeiten durfte, im Teenager-Alter als Schauspieler und später als Komponist von Scores. Das ist instrumentale Musik, die speziell für einen Film komponiert wird, um Stimmung, Handlung und Emotionen zu unterstützen.

„Unser Programm wird eine Hommage an meinen Vater und seine Filme sein.“

Mit Mystic River (2003), Million Dollar Baby (2004) und vor allem Gran Torino (2008), um nur einige zu nennen, waren Sie in den 2000er-Jahren an den erfolgreichen Filmproduktionen Ihres Vaters beteiligt. Erinnern Sie sich an den Moment, wie die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Ihrem Vater begonnen hat?

Anfang der 1990er habe ich ein kleines Musikstück für eine einzige Szene in einem seiner Filme geschrieben. Damit hat alles angefangen. Später in Los Angeles habe ich damit begonnen, für einige seiner Filme an den Filmmusiken mitzuarbeiten. Damals hat Lennie Niehaus, ein begnadeter Jazzmusiker und Komponist, für meinen Vater komponiert. Von ihm habe ich viel gelernt. Nach und nach kamen dann immer wieder Leute auf mich zu, die mich darum gebeten haben, etwas für sie zu komponieren. Das war ein schrittweiser Prozess.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater Clint Eastwood? Ist es eher eine kreative Diskussion zwischen Kollegen oder kennt jeder die Fähigkeiten des anderen und überlässt ihm freie Hand?

Es ist ein bisschen von beidem. Manchmal sitzt er am Klavier und spielt mir etwas vor. Ich nehme dann auf, was er spielt und arbeite ein bisschen an den Aufnahmen. Das kann so aussehen, dass ich etwas ändere oder dass ich versuche, darauf aufzubauen und etwas Neues daraus zu komponieren. Manchmal arbeiten wir eng zusammen, manchmal lässt er mir mit meiner Kreativität freie Hand. Manchmal ist es so, dass er sich ein Leitmotiv für seinen Film oder für die Szene ausdenkt und dann meiner Kreativität freien Lauf lässt. Auf diese Weise haben wir gemeinsam einige Projekte realisiert und klanglich für seine Filme umgesetzt.

Einer Ihrer musikalischen Vorbilder bei der Vertonung von Filmen ist der Komponist Lalo Schiffrin, der u. a. in den frühen 1970er Jahren eine neue Art von Filmmusik für die Dirty-Harry-Filme ihres Vaters als „groovende“, verstörend-coole Jazz-Fusion-Komposition komponiert hat. Was hat Sie an dieser Musik fasziniert?

Ich war noch ganz klein, als ich meinen Vater zum ersten Mal ans Set begleiten durfte. Er drehte gerade die Dirty-Harry-Filme. Für einen kleinen Jungen war die Atmosphäre beim Film natürlich sehr aufregend und beeindruckend. Zumal mir meine Eltern damals nie erlaubt hätten, Filme dieser Art im Fernsehen anzusehen. Lalo Schiffrin wurde später definitiv zu meinem Favoriten. Er war in den späten 1960er Jahren einer der ersten Filmkomponisten, der Jazz-Harmonien, ungerade Taktarten und Improvisation in die orchestrale Filmmusik integrierte und dadurch einen völlig neuen Sound von Filmmusik kreiert hat.

Anfang November sind Sie an zwei Tagen mit Ihrem Quintett und dem Programm „Eastwood by Eastwood“ zu Gast im Museum Marta in Herford, wo Sie Ihre Gäste auf eine Reise zu den filmischen Höhepunkten Ihres Vaters Clint Eastwood und anderer großer Filmschaffender und Filmmusikkomponisten mitnehmen. Was dürfen wir an dem Abend vom Kyle Eastwood Quintet erwarten?

Wir werden eine Retrospektive der Musik aus den Filmen meines Vaters spielen – eine Art Reise zu den cineastischen Höhepunkten Clint Eastwoods. Ich habe die Musik aus seinen Filmen für unser Jazz-Quintett adaptiert und eine Art Road-Movie-Konzert komponiert. Unser Programm wird eine Hommage an meinen Vater und seine Filme sein, aber es ist auch eine Hommage an das große Kino und natürlich an sein Publikum.

Ist es richtig, dass Sie in Deutschland nur diese beiden Konzerte in Herford geben?

Ja, wir geben nur diese beiden Konzerte in Deutschland. Ich habe in den letzten Jahren schon an verschiedenen Orten in Deutschland gespielt, aber das wird mein erstes Mal in Herford sein und ich freue mich!

Mr. Eastwood, vielen Dank für das Gespräch.

Hintergrund

Kyle Eastwood, geboren am 19. Mai 1968 in Los Angeles, ist ein US-Jazz-Bassist, Komponist und Sohn von Schauspiellegende Clint Eastwood. Schon früh von Jazzgrößen wie Miles Davis und Dave Brubeck inspiriert, entschied er sich für eine eigene musikalische Karriere und etablierte sich als renommierter Kontrabass- und E-Bass-Spieler. Seit den 1990er-Jahren veröffentlichte er zahlreiche Alben, die modernen Jazz mit Funk-, Groove- und Filmmusikelementen verbinden. Neben seiner Arbeit als Live-Musiker komponiert Eastwood erfolgreich Filmmusik – häufig für die Produktionen seines Vaters, etwa für Mystic River, Million Dollar Baby oder Gran Torino. Mit seinem kraftvollen, zugleich lyrischen Bassspiel und einer hochkarätigen Band gilt Kyle Eastwood als feste Größe im internationalen Jazz. Seine Konzerte vereinen Virtuosität, Emotion und cineastische Klangwelten.

Kyle Eastwood Quintet live in Herford

Freitag, 7. Nopvember, 20 Uhr und Samstag, 8. November, 20 Uhr, Forum Museum Marta, Herford;

Karten (50,50 €): NW und hier.