
Empathie ist der neue Punkrock. Der neue Superman-Film von James Gunn ist ein kleines Wunder: Er updatet den Pfadfinder in Rot und Blau für ein modernes Publikum, behält dabei den Kern des wohl bekanntesten Superhelden aller Zeiten bei, während er gleichzeitig unterhaltsame Blockbuster-Action liefert. Oh, und Superman (2025) ist vielleicht auch der politischste Superman-Film überhaupt.
Anders als alle bisherigen Superman-Filme startet er nicht mit der Herkunftsgeschichte des Mannes aus Stahl (David Corenswet). Stattdessen ist Superman bereits seit drei Jahren aktiv. Vor drei Wochen hat er jedoch für die größte Kontroverse seiner noch jungen Karriere gesorgt, als er den Einmarsch des fiktiven, osteuropäischen Staates Boravia in dessen ebenso komplett fiktives Nachbarland Jarhanpur verhindert hat. Nun ist ein mysteriöser Superschurke, der sich „Hammer von Boravia“ nennt, hinter Superman her. Hinter den Kulissen hat dabei natürlich – wie könnte es anders sein – Lex Luthor (ein überragender Nicholas Hoult) seine Finger mit im Spiel.
Seit über 40 Jahren hat Hollywood Probleme damit, die Abenteuer des Mannes aus Stahl ins Kino zu übersetzen. Wie soll man einem modernen Publikum einen Pfadfinder näherbringen, der völlig unironisch Wahrheit, Gerechtigkeit und den amerikanischen Lebensweg verkörpert? Bereits „Superman Returns“ (2006) und „Man of Steel“ (2013) haben sich deshalb um diese Frage gedreht: Braucht die Welt noch eine aufrichtige Erlöser-Figur wie Superman? Beim Publikum hatten sie damit nur bedingt Erfolg – und so scheiterten beide Reboots auf kurz oder – im Fall von „Man of Steel“ – lang.
Superman als Inspiration in der aktuellen Krisenzeit
„Superman (2025)“ stellt dieselbe Frage – allerdings in einer Zeit, die von Trumps, Musks, Fake-News und Hass auf Social Media dominiert wird. Gerade jetzt brauchen wir Superman besonders, ist die Antwort von Regisseur James Gunn. Denn nicht seine gottgleichen Kräfte machen den Mann aus Stahl besonders, sondern seine Fähigkeit, uns zu inspirieren, zu versuchen, bessere Menschen zu sein. Gerade in Zeiten, in denen bis in die Mitte der Gesellschaft hinein, grundlegende humanistische Standpunkte mit Chiffren wie „Wokeness“ oder „Gutmensch“ infrage gestellt werden, braucht es den ursprünglichen Gutmenschen Superman. Um zu zeigen, dass es nichts Punkigeres und Subversiveres gibt, als morgens aufzustehen und zu versuchen, das Richtige zu tun.
James Gunn, der am bekanntesten für die „Guardians of the Galaxy“-Filme ist, ist einer der wenigen Regisseure, die es fertigbringen, in der durchproduzierten Superhelden-Studiomaschinerie so etwas wie persönliche Filme zu schaffen. Was er aber dieses Mal an den Hollywood-Kontrollschranken vorbeigeschmuggelt hat, ist ebenfalls ein kleines Wunder. So hat der zentrale Konflikt zwischen Boravia und Jarhanpur nicht von ungefähr Parallelen zum Ukraine- und zum Gazakrieg. Dass ausgerechnet ein millionenschwerer Studiofilm die Netanjahu-Regierung kritisiert, hatte wahrscheinlich niemand auf seiner 2025-Bingo-Karte.
Superman (2025) ist mitreißendes Blockbuster-Kino
Dabei lässt Gunn das alles leicht aussehen. „Superman (2025)“ ist vor allem mitreißendes Blockbuster-Kino, das ganz nebenbei auch noch eines der größten Probleme von Superman-Filmen löst: Wie macht man einen Film spannend, dessen Protagonist nahezu unbesiegbar ist? Antwort: Indem man ihn so verletzlich wie nie zeigt. Die Neuauflage hat vermutlich zwei der besten Superman-Actionszenen zu bieten, die es je im Kino zu sehen gab.
Es gäbe noch so viel aufzulisten: Rachel Brosnahan kriegt nach dem Ende von „The Marvelous Ms. Maisel“ als Lois Lane endlich eine würdige Filmrolle. David Corenswet ist vielleicht der beste Superman-Darsteller seit Christopher Reeves. Die Journalisten des Daily Planet kriegen endlich etwas zu tun. Wir haben noch nicht einmal über Krypto den Superhund gesprochen!
Superman (2025) macht so vieles richtig, dass es die Zeilen jeder Review sprengen würde. Es ist ein kleines Wunder von einem Film. Ein kleines punkiges Wunder.