Berlin. Das Märchen „Aschenputtel“ aus der Sammlung der Gebrüder Grimm, das im englischsprachigen Raum als „Cinderella“ bekannt ist, inspirierte schon unzählige Maler, Bildhauer, Komponisten, Dichter und Filmemacher zu ihren Werken.
Tatsächlich hat sich die norwegische Filmemacherin Emilie Blichfeldt die opulente Optik von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ von 1973 zum Vorbild für ihre eigene Vision des Märchens genommen. Ansonsten hat die 34-Jährige die Story konsequent auf links gedreht, ihrer überschäumenden Fantasie freien Lauf gelassen und die Kamera draufgehalten, wo andere wegblenden.
Willkommen im Königreich „Swedlandia“! Die 18-jährige Elvira (Lea Myren) ist ein großer Fan der romantischen Liebesgedichte von Prinz Julian (Isac Calmroth). Umso aufregender ist es für sie, dass sie mit ihrer jüngeren Schwester Alma (Flo Fagerli) in ein prächtiges Schloss ganz in der Nähe des Adligen zieht, wo Mutter Rebekka (Ane Dahl Torp) den Witwer Otto (Ralph Carlsson) an Land gezogen hat. Dessen hübsche Tochter Agnes (Thea Sofie Loch Næss) empfängt ihre neuen Stiefschwestern freundlich. Das ändert sich spätestens nach Ottos zeitnahem Ableben, als Agnes und Elvira feststellen, dass ihre Eltern die Beziehung im gegenseitigen Irrglauben eingegangen sind, der Partner wäre vermögend. Rasch werden Acker und Vieh gepfändet.
Elvira ist fest entschlossen, sich mit dem edlen Prinzen zu vermählen. Selbst eine eher unschöne Zufallsbegegnung mit Julian kann die junge Frau nicht von ihren Plänen abhalten. Ihre Chance kommt, als alle Jungfrauen der Gegend zu einem Ballett im Palast eingeladen werden, im dem sich der Prinz und andere triebgesteuerte Reiche versammeln. Da ihr Äußeres nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht, sie ähnelt eher Prinzessin Fiona in der Oger-Version, schickt Mutter Rebekka die Ärmste zum zwielichtigen Schönheitschirurgen Dr. Esthétique (Adam Lundgren), wo sie komplett erneuert wird. Das grausame Geschehen wird genüsslich und detailverliebt in Szene gesetzt.
Tatsächlich schafft es die Kandidatin in die engere Auswahl und wird nun mit den anderen Kandidatinnen hoffähig gemacht. Stiefschwester Agnes, die in ihrem eigenen Haus nur noch Aschenputtel genannt wird und zu niederen Diensten herangezogen wird, möchte auch gern zum Ball. Natürlich wird es ihr gelingen. Natürlich wird sie bei Schlag 12 die Festivität verlassen und ihren Schuh verlieren, und Prinz Julian geht auf die Suche. . .
Der erste Kinospielfilm von Emilie Blichfeldt hat es in sich. Die Regisseurin und Autorin bezieht sich explizit auf Body-Horror-Arbeiten von David Cronenberg („Die Fliege“), in denen der menschliche Körper einer drastischen Umwandlung unterworfen wird. Die Botschaft folgt auf dem Fuß. Unter dem Einfluss überzogener Schönheitsideale werfen Menschen jegliche Vernunft über Bord und legen sich unters Messer. In „The Ugly Stepsister“ dramatisch deutlich zu sehen.