Interview

Karin Berkenkopf alias Frieda Braun: „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“

Karin Berkenkopf ist Frieda Braun. Im Interview erzählt die gebürtige Sauerländerin, wie die Idee zu ihrer schrulligen Kultfigur geboren wurde, ?wo ihre Lockenwickler abgeblieben sind und wie sie ihr Leben zwischen den Tourneen quer durch die Republik gestaltet.

Karin Berkenkopf alias Frieda Braun in Aktion: Mit ihrem Humor begeistert sie die Zuschauer in nicht selten ausverkauften Hallen. | © Britta Schussling

22.03.2025 | 22.03.2025, 09:00

Frau Berkenkopf, Sie treten in der ganzen Republik auf, regelmäßig in ausverkauften Hallen. Was lieben die Menschen an Frieda Braun?

KARIN BERKENKOPF: Dass sie Menschen aus ihrer Umgebung in den Erzählungen wiedererkennen (und sich selbst vielleicht auch). Außerdem mögen meine Fans die Verbindung aus Wort und Bild, also die Tatsache, dass ich meine Geschichten nicht einfach nur erzähle, sondern mit visuellen Elementen bereichere.

Und was lieben Sie an Ihrem Publikum?

Dass es über die gleichen Dinge lachen kann wie ich. Gemeinsam zu lachen ist meines Erachtens eine der wunderbarsten, direktesten und berührendsten Aspekte zwischenmenschlicher Kommunikation. Wenn ich auf der Bühne stehe und das Publikum lacht, ist es, als ob ich von einer warmen Welle getragen würde.

Wie kamen Sie auf die Idee zu Ihrer Figur, besser gesagt: zu Ihren Figuren?

Als wir Kinder waren, gab es in unserem Alltag viele Frauen. Damals waren die meisten Mütter nicht berufstätig, sie waren für uns Kinder fast ständig präsent. Wir haben daher unweigerlich viel von ihrem Leben mitbekommen – natürlich auch Gespräche, die gar nicht für unsere Ohren bestimmt waren. Viele meiner Bühnenfiguren haben da ihre Vorbilder und ihre Themen gefunden.

Frieda Braun ist eine One-Woman-Show, in der alle Beteiligten auf Ihr Kommando hören. Hilft Ihnen das manchmal auch im echten Leben?

Beruflich selbstständig zu sein und viele Entscheidungen eigenständig zu treffen – ja, das färbt vermutlich schon auf die private Lebensführung ab. Ich habe ja, bevor ich zur Bühne gekommen bin, als Werbetexterin gearbeitet. Das ist ein einsamer Job, man sitzt allein im Kämmerlein und ist froh, wenn niemand stört. Auf der Bühne ist meine Situation ähnlich: ich stehe da vorne ganz allein vor dem Publikum. Daran habe ich mich so gewöhnt, dass ich mich auf die Interaktion mit Mitspielern vermutlich gar nicht mehr einlassen könnte. Privat ist das anders: Ich brauche meinen Partner, meine Freundinnen, meine „soziale Bubble“.

Bei der Ausarbeitung von Mimik und Gestik werden Sie von ihrem Lebensgefährten, dem belgischen Kabarettisten und Bewegungskünstler Joseph Collard, unterstützt. Was tun Sie denn für ihn?

Joseph tritt ebenfalls mit mehreren Solo-Bühnenshows auf. Manche davon sind rein visuell gestaltet, also völlig ohne Worte. Andere haben ihren Schwerpunkt beim Text: Joseph erzählt darin aus seiner Kindheit und Jugend im Lehrerhaushalt mit fünf Geschwistern. Das sind wunderbare Geschichten, an denen wir gerne gemeinsam feilen. Wir helfen und unterstützen uns gegenseitig bei der Entwicklung und Umsetzung der Programme.

Wo sind eigentlich Ihre Lockenwickler geblieben?

Die sind vor fast 15 Jahren im Müll gelandet.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Frieda beschreiben: Ist sie eher ein Familienmitglied – oder eine Persönlichkeitsspaltung?

Eine Persönlichkeitsbereicherung. Ich liebe es, das Leben nicht nur aus meiner eigenen Perspektive zu sehen, sondern auch durch Friedas Brille. Ich muss oft spontan und für andere nicht nachvollziehbar loslachen, weil eine alltägliche Situation dadurch plötzlich komisch wird. In solchen Fällen habe ich mein Handy parat, um diesen möglichen Stoff für das nächste Programm zu diktieren.

„Ich war noch nie in Brakel und bin gespannt auf die Stadt.“

Was unterscheidet Karin von Frieda?

Die Klamotten, die Frisur, die (Aus)Bildung, das Alter. Die große Gemeinsamkeit: Wir haben beide unsere „Splittergruppe“- Freundinnen, die uns fast unser ganzes Leben begleiten und die für uns da sind, wenn wir sie brauchen.

Ist das Leben mit Ihnen eigentlich immer lustig?

Immer lustig, das wäre vermutlich für alle Beteiligen anstrengend. Nein, ich habe natürlich wie alle anderen Menschen auch Phasen, in denen meine Mitmenschen Geduld brauchen. Speziell dann, wenn eine Premiere ansteht und ich das Gefühl habe, mein Programm wird nicht zeitig fertig. Dieser Druck ist für mich immer extrem belastend – und für meine Umgebung sehr anstrengend.

Was würde sich Frieda wünschen, wenn sie einer guten Fee begegnen würde, und was würde sich Karin wünschen?

Dass Putin, Trump und viele andere undemokratisch, autokratisch und rücksichtlos agierende Politiker und Diktatoren, von denen wir derzeit viel zu viele haben, ersetzt werden durch tolerante, empathische, fürsorgende und nachhaltig agierende Frauen und Männer. Das wünschen wir uns beide.

Haben Sie eigentlich Hobbys, so wie jeder normale Mensch?

Ich habe das große Glück, dass ich mein liebstes Hobby zum Beruf machen konnte. Darüber hinaus wandere ich gerne in Gesellschaft und treibe Sport.

Was tun Sie für Ihre Work-Life-Balance?

Auftritte und Freizeit vorausschauend planen – und zwar lange im Voraus. Meine Agentin und ich haben die Tourneeplanung 2026 so gut wie abgeschlossen und sprechen schon seit Monaten über die in 2027 anstehenden Termine. Ich habe vor meinem Wechsel zum Kabarett in Werbeagenturen gearbeitet. Damals – das war Trend der Zeit – war der Job die heilige Kuh. Mittagspause, Wochenende, Urlaub: Wenn ein eiliges Projekt zum Ende gebracht werden musste, hat man nicht auf die Uhr gesehen, sondern selbstredend unbezahlte Überstunden geleistet; ganz egal, was privat auf dem Plan stand. Ein Kollege von mir ist nicht zur goldenen Hochzeit seiner Eltern erschienen, weil er abends Überstunden schieben musste, damit wichtige Unterlagen rechtzeitig in die Druckerei kamen. Er hat vermutlich nicht eine Sekunde lang mit dem Gedanken gespielt, lieber zur Feier der Eltern zu erscheinen. So wurde das, zumindest in der Werbebranche, von vielen Arbeitgebern erwartet, wenn man Karriere machen wollte. Heute plane ich gemeinsam mit meiner Agentin sehr bewusst. Wir haben beide unsere Erfahrungen gemacht und wissen: Wenn man sich nicht an zuvor festgelegte Grundsätze und Regeln hält, kann es schnell passieren, dass plötzlich zu viele Wochenenden mit Auftritten belegt sind – und damit viele Treffen, Ausflüge und Feiern mit Freunden und Familie flach fallen.

Gibt es eine Stadt, in der Sie noch nie aufgetreten sind, das aber gerne tun würden?

Ich würde liebend gerne meinen Radius in Richtung Baden-Württemberg und Bayern ausweiten. Uns erreichen so häufig Anfragen von Fans und Veranstaltern aus diesen Regionen (ebenso aus der Schweiz). In meinen Anfangsjahren war ich einige wenige Male dort und habe immer ein sehr offenes und amüsierfreudiges Publikum angetroffen. Aber der Kalender gibt eine regionale Ausweitung der Tourneen leider nicht her. Da sind wir wieder bei der Work-Life-Balance.

Wenn Sie Brakel hören – an was denken Sie da?

Ich war noch nie in Brakel und bin gespannt auf die Stadt. Ein Freund meines Partners Joseph Collard (er wohnt in Belgien) hat uns aber schon öfter von Brakel erzählt: Sein Vater war wohl einige Jahre in der belgischen Kaserne und hat seinen Kindern immer begeistert von der Stadt und der sympathischen Bevölkerung berichtet.

Zur Person

Flink wie ein Wiesel, aufgeregt wie eine Henne, scheu wie ein Feldhase: Frieda Braun hat viele Gesichter. Ihre Geschichten wimmeln von knarzigen Charakteren, die den Miss Marple-Filmen mit Margret Rutherford entsprungen sein könnten. Hinter Frieda verbirgt sich die ehemalige Werbetexterin Karin Berkenkopf, die ihre Bühnenfigur und deren Erlebnisse detailliert weiterentwickelt. Bei der Ausarbeitung von Mimik und Gestik wird sie von ihrem Lebensgefährten, dem belgischen Kabarettisten und Bewegungskünstler Joseph Collard, unterstützt. Berkenkopf ist 1963 in Winterberg geboren und hat einige Jahre in Bonn und Düsseldorf gelebt. Ihrer Heimatstadt und den Menschen dort ist sie bis heute verbunden.

Frieda Braun live

Freitag, 25. April, 20 Uhr, Stadthalle, Brakel;

Karten (37,80 Euro): NW und hier.