Sieh an!

"Buffy" und Co.: Darf man die Serien gucken, trotz Kritik am Regisseur?

In der Kolumne "Sieh an!" blicken wechselnde Autoren auf die Streaming-Welt – und liefern Anregungen für den nächsten Abend ohne Plan, was man einschalten soll.

Sarah Michelle Gellar schlüpfte von 1997 bis 2003 in die Rolle von Buffy der Vampirjägerin. | © picture alliance/United Archives | United Archives/IFTN

Jemima Wittig
11.07.2023 | 11.07.2023, 17:03

Buffy (Sarah Michelle Gellar), Willow (Alyson Hannigan) und Cordelia (Charisma Carpenter) waren vor gut 20 Jahren die starken Frauen im Fernsehen. Auch heute noch ist "Buffy - Im Bann der Dämonen" Kult und wird oft zitiert, etwa in "The Big Bang Theory". Nicht zuletzt seit Disney+ die Serie und ihr Spin-off "Angel" ins Repertoire aufgenommen hat, ist die Geschichte um die junge Vampirjägerin und ihre Freunde wieder im Gespräch. Inzwischen aber auch verbunden mit der Frage: Darf man das noch gucken?

Bereits 2020 wurden Vorwürfe von einigen der Schauspielerinnen gegen Regisseur Joss Whedon laut. Carpenter sprach von einem "toxischen und feindseligen" Umfeld am Set und Michelle Trachtenberg, die Buffys Schwester Dawn spielte, von "nicht angemessenem" Verhalten ihr gegenüber.

Auch einige Schauspieler der Superhelden-Comicverfilmung "Justice League" warfen Whedon unter anderem Machtmissbrauch und Rassismus vor. Zwei Jahre später äußerte sich Whedon im Magazin "New York" und wies alle Vorwürfe zurück. Die Produktionsfirma Warner Brothers stellte Untersuchungen an und Whedon verließ die Science-Fiction-Actionserie "The Nevers". Im vergangenen Sommer wurde zudem die 2018 erstmals angesprochene Neuauflage von "Buffy" von Produzent Gail Berman in einem Podcast offiziell auf Eis gelegt. Seitdem ist es um Whedon still geworden.

Buffy-Darstellerin will nicht mit Whedon in Verbindung gebracht werden

Darf man seine Serien nun also noch gucken? Das muss letztlich jeder für sich selber entscheiden. Meiner Meinung nach ja. Natürlich gehören Übergriffe bestraft - von der Justiz. Wenn aber Kunst nicht mehr konsumiert werden darf, sobald Kritik am Künstler laut wird, würde das insbesondere in der heutigen Social-Media-Welt eine Verbotskultur ins Leben rufen. Wenn die Vorwürfe gegen Whedon stimmen, ist er sexistisch und rassistisch. Seine Werke sind es aber nicht. Ähnlich sieht es Hauptdarstellerin Sarah Michelle Gellar, die Carpenters Vorwürfe in einem vage formulierten Beitrag unterstützte: Sie sei stolz, dass ihr Name mit der Serie in Verbindung gebracht werde, mit Whedon wolle sie das aber nicht.

Buffy war in der damaligen Zeit ein Vorbild für viele Frauen: Ihre Rolle bediente zwar optisch das damalige Bild der optimalen Frau (klein, zierlich, blond), ihr Verhalten widersprach dem aber. Schon im Highschoolalter lehrte sie Vampiren und Dämonen das Fürchten und rettete ein ums andere Mal die Welt. Konventionen bricht Whedon mit der durchweg positiven Darstellung der lesbischen Liebe zwischen Hexe Willow und deren Freundin Tara. Zudem geht die Serie ans Herz. Die Charaktere sind ausnahmslos liebenswert, die Geschichten sind spannend und die Themen mit der Auflehnung gegen Patriarchat und Rape Culture aktuell.

Die schauspielerische Leistung ist ebenfalls sehenswert. So ist es wenig verwunderlich, dass viele der Schauspieler aus "Buffy" in Whedons Produktionen immer wieder auftreten. In "Angel" bekommen David Boreanaz als namensgebender Vampir und Charisma Carpenter eine Hauptrolle, Eliza Dushku, die eine weitere Vampirjägerin spielt, in "Dollhouse", und Nathan Fillion, der den Helfer des Bösen in der finalen Buffy-Staffel spielte, in "Firefly – Der Aufbruch der Serenity".

Wie sehen Sie das? Kann man Whedons Serien noch ansehen? Schreiben Sie mir an jemima.wittig@rg-owl.de