Nachruf

John Prine schrieb Lieder für die Ewigkeit

Größen wie Johnny Cash und Bob Dylan bewunderten ihn aufrichtig, aber auch eine jüngere Countrymusiker-Generation erwies ihm zunehmend Reverenz. Nun ist das US-Songwriter-Genie mit 73 Jahren an einer Corona-Infektion gestorben.

Singer-Songwriter John Prine ist mit 73 Jahren an einer Corona-Infektion gestorben | © picture alliance

Thomas Klingebiel
09.04.2020 | 09.04.2020, 12:36

Bielefeld. Hierzulande wurde John Prine erst spät entdeckt. Der Erfolg seines wunderbaren Alterswerks „The Tree of Forgiveness" sollte ihn im September vergangenen Jahres auch für ein Konzert nach Deutschland bringen. Der Auftritt in Berlin wurde aus gesundheitlichen Gründen verschoben, auch der Nachholtermin im Februar fiel aus. Dann wurde der 73-Jährige, der schon zwei Krebserkrankungen überstanden hatte, vom Coronavirus erwischt. Am Dienstag ist der von Größen wie Johnny Cash, Bob Dylan und Kris Kristofferson aufrichtig bewunderte Folk- und Countrymusiker an der Infektion in einem Krankenhaus in Nashville gestorben.

Lakonischer Erzählton

Prines LP-Debüt fällt 1971 in die Zeit, als das Singer-Songwriter-Genre zu einem neuen Höhenflug ansetzt. Doch mit der tonangebenden Hippie-Szene im Laurel Canyon in Los Angeles hat er wenig gemein. Den „Summer of Love" verbringt er in der US-Armee. Danach arbeitet er als Postbote und betreibt das Songschreiben als Hobby. Entdeckt wird er bei einem Open-Mic-Abend. Da hat der Mann mit der kratzigen Stimme schon drei Lieder für die Ewigkeit im Programm: „Sam Stone", „Hello in There" und „Paradise". Nur zwei Zeilen aus „Sam Stone", dem Porträt eines drogenabhängigen Vietnamkrieg-Heimkehrers, reichen, um Prines unverwechselbar lakonischen, einfühlsamen Erzählton zu erkennen: „There’s a hole in daddy’s arm where all the money goes. Jesus Christ died for nothing I suppose."

Trockener Humor

Mit schlichten Worten und Bildern, oft durchsetzt mit trockenem Humor, vermag Prine eine ganze Welt heraufzubeschwören. Davon fühlte sich in letzten Jahren zunehmend auch eine jüngere Americana- und Countryrock-Generation angezogen. Auch Prines bekanntester und unendlich oft gecoverter Song „Angel from Montgomery" findet sich bereits auf dem Debüt, das für sich genommen schon einen Platz im Folk- und Country-Olymp rechtfertigen würde.

Es gibt auf dieser Welt wohl niemanden, der John Prine nicht wünschen würde, dass es genauso kommt, wie er es sich vor zwei Jahren gleichermaßen bewegend und typisch humorvoll in „When I Get to Heaven" ausgemalt hat.