In Finnland, den Niederlanden und Norwegen steht es weltweit am besten um die Meinungsfreiheit, in Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan hingegen am schlechtesten. Dies geht aus dem Ranking von Reporter ohne Grenzen hervor. Seit 2002 erstellt die weltweit tätigte Nicht-Regierungsorganisation diese Rangliste zur Medienfreiheit in zur Zeit 180 Ländern.
Größte Absteiger in der Rangliste sind Tadschikistan (Platz 150, -34) und Brunei (155, -34). In Tadschikistan mache Präsident Emomali Rahmon unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung Kritiker mundtot. In Brunei nehme angesichts der schrittweisen Einführung der Scharia und eines Blasphemieverbots die Selbstzensur zu.
Auch in Europa gibt es einige Veränderungen: Polen stürzte um 29 Plätze auf Rang 47 ab. Als Begründung nennt die Organisation die Bestrebungen der Regierung, die Eigenständigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien einzuschränken.
Sri Lanka erholt sich, Türkei abgeschlagen
Größter Aufsteiger ist Tunesien (96, +30), das ungeachtet aller weiter bestehenden Defizite die Früchte der Medienreformen seit dem Umbruch von 2011 zu ernten beginnt. Gewalt und Prozesse gegen Journalisten sind dort weiterhin ein Problem, aber in der Tendenz rückläufig.
Bei Journalisten in Sri Lanka (141, +24) schwindet nach dem Ende der Ära von Präsident Mahinda Rajapaksa die Angst vor Drohanrufen oder erzwungenem Verschwindenlassen. Die Ukraine (107) wird dank deutlich zurückgegangener Gewalt gegen Journalisten 22 Plätze höher platziert, leidet aber noch immer unter der übermächtigen Rolle der Oligarchen für die Medienlandschaft, sowie dem Informationskrieg mit Russland.
Ziemlich weit abgeschlagen landet auch die Türkei, obwohl die Einmischung des türkischen Präsidenten in zwei deutsche Satiresendungen, darin noch nicht berücksichtigt wurde. Reporter ohne Grenzen kritisiert, dass die Regierung direkten Druck auf die Medien ausübe, um regierungskritische Berichte von Webseiten zu entfernen. Gewaltsame Übergriffe auf Journalisten würden außerdem nicht strafrechtlich verfolgt.
Auch Deutschland verschlechtert sich
Auch Deutschland hat im Ranking der Pressefreiheit vier Plätze verloren und belegt Rang 16. Besonders kritisch sieht die Organisation den sprunghaften Ansteig von Angriffen, Drohungen und Beleidigungen gegen Journalisten. Mindestens 39 gewalttätige Übergriffe registrierte Reporter ohne Grenzen im Jahresbericht 2015 – zumeist auf Demonstrationen rechter Gruppierungen.
„Die aggressive Stimmung gegen die Medien wird von prominenten Köpfen rechter Bewegungen geschürt", heißt es in dem Bericht weiter. Die Partei Alternative für Deutschland (AfD) schließe Journalisten immer wieder von Veranstaltungen aus.
Als Einschränkung der Pressefreiheit wertet die Organisation außerdem die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen zwei Journalisten des Blogs netzpolitik.org, die als vertraulich eingestufte Dokumente veröffentlicht hatten. Zwar wurden die Ermittlungen gegen die Journalisten eingestellt, jedoch nicht gegen den Informanten.
Unter den gefährlichsten Ländern der Welt taucht neben den Kriegsländern Irak, Syrien und Jemen mit Frankreich auch ein europäisches Land auf. Bei einem Anschlag von Islamisten auf die Zeitschrift Charlie Hebdo im Dezember 2015 starben acht Journalisten. Insgesamt wurden weltweit 110 Journalisten getötet. Mindestens 67 von ihnen starben nach Recherchen von Reporter ohne Grenzen wegen ihrer Arbeit – einer mehr als 2014.
Kommentar: Der Tag der Pressefreiheit - Im Interesse der Demokratie
Heute ist der Internationale Tag der Pressefreiheit. Am vergangenen Wochenende war der erste Programmparteitag der sogenannten „Alternative für Deutschland" (AfD). Es ist nur der Zufall des Kalenders, aber wie oft öffnet dieser Zufall den Blick auf die Wirklichkeit und den Zustand der Pressefreiheit in der Bundesrepublik.
Zu Erinnerung: Die AfD, das ist die Partei, deren Mitglieder in der Gründungsphase Medien und Journalisten als „Lügenpresse" bezeichnet haben. Ihre Vorsitzende Frauke Petry verwendete alternativ das Wort „Pinocchio-Presse". Zwar sucht die AfD seit ihren Wahlerfolgen im März nun den Kontakt in die Redaktionen deutscher Zeitungen. Aber noch immer stellt sie sich dabei in Interviews und Kommentaren zur Berichterstattung als falsch verstanden, falsch wiedergegeben oder nicht korrekt behandelt dar.
Auch in Deutschland gibt es einen Bedarf, die Presse wieder stärker in Schutz zu nehmen gegen Denunziationen wie die der AfD. Denn obwohl unser Land nach wie vor zu den Ländern mit einer guten Lage des Journalismus gehört, sind wir im internationalen Ranking der Pressefreiheit um vier Plätze auf 16 gefallen. Die Zahl der Drohungen und Beleidigungen gegen Journalisten steigt, Gewaltübergriffe gab es so viel wie lange nicht. Schließlich – da schließt sich der Kreis – verbannt z.B. die AfD Journalisten gern von Veranstaltungen.
Das Wesen des Journalismus aber ist es, Vorgänge in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kritisch zu begleiten, ganz unabhängig von Einschätzungen beteiligter Personen, Parteien oder Institutionen. Gefälligkeitsberichterstattungen darf und wird es bei seriösen Medien nicht geben. Dies zu respektieren – darin besteht die Stärke einer Demokratie und demokratischer Parteien.
Ein demokratischer Absolutismus wie er der AfD und anderen offenbar vorschwebt, also die Verkündung der Ansichten der Mehrheit und das Verschweigen von Kritik und Bedenken einer Minderheit – das macht die Demokratie schwach. Schlimmer: Es führt zu ihrem Ende. Zwangsläufig.
Der Tag der Pressefreiheit ist eine gute Gelegenheit, darauf hinzuweisen. Wir tun dies aus Eigeninteresse, vor allem aber für Sie gern und unterstreichen die Bedeutung der freien Presse mit dem ganzseitigen Abdruck eines Kunstwerks des chinesischen Künstlers Ai Weiwei. Eine – wie ich finde – großartige (An-)Sicht zum Thema.
Angriffe auf Medien in Deutschland
- 30.01.2015: In Leipzig schlägt ein Polizist einem Kameramann ins Gesicht.
- 09.03.2015: Bei einer Nazidemo in Dortmund wird ein Journalist mit Steinen beworfen.
- 28.09.2015: Bei einer Pegida-Demo werden Journalisten geschlagen.
- 27.01.2016: Bei einer AfD-Demo in Magdeburg werden Journalisten mit Pfefferspray angegriffen.
- 22.02.2016: Bei einer Pegida-nahen Demonstration bei Wismar wird einem Fotografen ins Gesicht geschlagen. (Reporter ohne Grenzen)