Mobilitätswende schaffen

Pro Bahn meint: Taxis sind keine Alternative für Busse im Kreis Paderborn

Der Fahrgastverband Pro Bahn vermisst beim Forum des Nahverkehrsverbundes die wichtigen Themen Barrierefreiheit, Sicherheit und Kundenorientierung.

Bahnhof Salzkotten im September 2023: Der übliche Stadtbus über Verne nach Mantinghausen wurde erwartet, ein viel kleinerer Taxi-Bulli ist gekommen. | © Wester

08.12.2023 | 08.12.2023, 11:06

Kreis Paderborn. Beim gut besuchten Forum des Nahverkehrsverbundes Paderborn/Höxter (die „NW“ berichtete“) am 21. November wurde über die Zukunft der Mobilität im ländlichen Raum diskutiert und informiert. Der Verkehrsexperte Andreas Knie untermauerte dabei mit seinen Thesen den Umbau des regionalen Bussystems, das seiner Ansicht nach in Teilen sofort durch Taxifahrten ersetzt werden könnte. Rainer Wester aus Upsprunge, stellvertretender Vorsitzender des Pro-Bahn-Regionalverbandes OWL, machte in einer Stellungnahme klar, dass er die Ansichten von Knie keinesfalls in Abrede stelle, aber er vermisste neben der Fahrgast-Sichtweise auch das Thema Barrierefreiheit.

„Offenbar hat der Vortragende noch nie mit einem Kinderwagen am Taxistand gestanden, sonst wären die humorvoll untermalten Zukunftsvisionen vielleicht etwas milder ausgefallen“, meint Wester, der aber die Form der Veranstaltung lobt. Seiner Meinung nach dürfen innovative Denkprozesse durchaus provokant sein und zur Diskussion anregen. „Dann aber bitte auch mit allen Beteiligten“, fordert er.

„Spätestens als von Auflösung der Buslinien und halbierten Kosten durch Taxis die Rede war, leuchteten den ersten Vertretern der Lokalpolitik im Plenum die Augen“, meint Wester. Dabei müsse nach Einschätzung des Verbandes viel passieren, damit die Fuhrparks der Taxi-Unternehmen ausreichen, um bei Veranstaltungen mit normal zahlendem Publikum Verfügbarkeiten für Fahrgäste bereitzuhalten.

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Mangelnde Barrierefreiheit war schon 1990 Thema

Beim Thema Barrierefreiheit verweist Wester auf die Erfahrungen, die der NPH in den späten 1990er Jahren gesammelt hat, als erstmalig Verbindungen in beiden Kreisen mit „NPH-Linientaxis“ auf Anruflinienfahrten umgestellt wurden. „Mangelnde Barrierefreiheit war damals schon Thema“, erinnert Wester und blickt auf den Salzkottener Stadtbus, bei dem es ein Vierteljahrhundert später zu gleichen Problemen komme. Statt eines regulären Stadtbus-Sprinters sei auch öfters ein Taxi-Bulli unterwegs gewesen.

„Kinderwagen in den Kofferraum, Kind auf den Schoß, der Fahrer muss beim Ein- und Ausstieg helfen – das ist der Alltag mit Barrieren“, berichteten laut Wester Fahrgäste an Pro Bahn und stellten sich die Frage, warum dafür Haltestellen mit hohen Landeszuschüssen barrierefrei ausgebaut wurden.

Pro Bahn fordert daher einen uneingeschränkten barrierefreien Zugang, der mit heutigen Standard-Taxis, noch dazu ohne Vorankündigung im Linienbetrieb, nicht zu erreichen sei. Autonome Taxis, die ebenfalls Thema beim NPH-Forum waren, werden nach Ansicht von Rainer Wester eher in Ballungsräumen funktionieren, da während der Fahrt ein „Eingreif-Operator“ im Hintergrund erforderlich ist.

Schnelle autonome Lösung nicht in Sicht

„Der Fahrbetrieb auf den Straßen amerikanischer oder chinesischer Metropolen ist eben anders als eine Linie zwischen Schmechten und Riesel im Kreis Höxter“, glaubt er nicht an schnelle autonome Lösungen auf dem Land.

Auch kritisiert der Verband, dass der Übergang zum Zugverkehr beim NPH-Forum nicht angesprochen wurde. Das liege nach Einschätzung des Verbandes daran, dass diese zukunftsträchtigen Systeme allenfalls als Abbringer vom Zug und weniger als Zubringer zum Bahnhof mit garantiertem Bahnanschluss funktionierten. Der Fahrplan für eine längere Reisekette mit Anschluss auf reguläre Buslinien oder Umstieg auf den Zug sei mit 20 Km/h fahrenden autonomen Kleinfahrzeugen ohne größere Zeitpuffer nicht gewährleistet, Umsteiger auf das System ÖPNV dadurch schwer zu generieren. „Bereits heute fahrende teilautonome Fahrzeuge, etwa im bayrischen Bad Birnbach, sind daher kein wirklicher Teil einer Verkehrswende, sondern eher Teil der Sozialversorgung“, so Wester.

Auch die Sicherheit habe im Vortrag keine Beachtung gefunden, kritisiert der stellvertretende Verbandsvorsitzende. Das vom Redner angesprochene „nette Kennenlernen fremder Personen“ beim Umstieg in ein autonomes Fahrzeug sei für Menschen, denen heute schon der Zugbegleiter in den Abendstunden fehlt, wohl möglich ein neues ernstes Problem.