Warum ein Fußball-Fan aus Salzkotten trotz Kritik zur WM nach Katar fliegt

Salzkotten-Upsprunge. Es läuft die 113. Minute im WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien - Flanke von Schürrle, sensationelle Annahme von Götze und ein Traumtor zum 1:0. Deutschland ist Weltmeister. Diesen für Fußball-Fans ganz besonderen Gänsehautmoment vor acht Jahren hat Wolfgang Hecker nicht live im legendären Maracana-Stadion erlebt. Und etwas ärgert er sich noch heute darüber. Denn der Upsprunger war in der Vorrunde in Brasilien dabei und hätte die Option auf Finaltickets gehabt. Doch die hohen Kosten - rund 2.500 Euro für Tickets und Flüge, aber ohne Unterkunft - schreckten ihn ab. "Mit dem Wissen von heute denke ich: Hätte ich es mal gemacht", denkt er zurück. Aber die WM in Brasilien war für ihn eine Initialzündung - er begleitete die deutsche Fußballnationalmannschaft danach auch zur EM 2016 nach Frankreich und zur WM 2018 nach Russland. Und in gut fünf Wochen geht es auch los Richtung Katar zur umstrittenen Weltmeisterschaft im Wüstenstaat. Wolfgang Hecker ist Fußballer durch und durch. Seit der Sportverein Hederborn/Upsprunge 1990 neugegründet wurde, ist er in vielen Funktionen dort tätig. Seit Jahren ist er Fußball- und auch Jugendobmann, trainiert nebenbei noch die C- und F-Junioren und ist beim SV der Ansprechpartner für fast alles. "Fußball ist mein Leben", sagt der 48-Jährige und bezeichnet schmunzelnd das Sportheim des SV Hederborn/Upsprunge als sein Wohnzimmer. Die Liebe zum Fußball überwog bei ihm auch, als er sich zum Besuch der WM in Katar entschloss. "Katar ist sicher nicht der richtige Ort für eine WM und auch die Jahreszeit passt nicht. Es gibt Kritik von A bis Z. Ob das richtig ist, dort die WM auszutragen, müssen aber andere entscheiden. Ich kann daran nichts ändern und habe für mich beschlossen, dass ich dorthin fliege", erklärt er und hat den Fokus ganz klar auf den Fußball gerichtet und die Neugierde andere Menschen und Länder kennenzulernen. "Es ist schon faszinierend, was man für Menschen trifft, wie sie zusammen feiern, sich in den Armen liegen - alle sind verbunden durch den Fußball", hat er tolle Erfahrungen auf seinen Länderspielreisen gemacht. Kritische Stimmen aus dem Bekanntenkreis Sicher bekomme er auch kritische Stimmen aus seinem Bekanntenkreis, dass man Katar und die WM nicht unterstützen sollte. "Denen antworte ich: Kaufst du Sachen aus China? Und ich glaube auch, dass viele die WM im Fernsehen verfolgen werden, obwohl sie jetzt sagen, das mache ich nicht", meint der Upsprunger. Seine Leidenschaft für WM-Besuche wurde beim Sommermärchen 2006 geweckt. Kurz wurde überlegt 2010 nach Südafrika zu fahren, aber das hatte sich doch zerschlagen. So war das neue Ziel Brasilien 2014. "Wir waren zu dritt und wollten dafür sparen. Übrig geblieben bin am Ende nur ich", so Hecker. Er trat dem Fanclub der deutschen Nationalmannschaft bei. Darüber wurde die komplette Reise inklusive Tickets organisiert. Bei diesem Rund-um-Paket hat er auch viele Gleichgesinnte kennengelernt. Und viele hat er auch in Frankreich, Russland oder bei anderen Länderspielen wiedergetroffen - so wird es auch bald wieder sein, wenn er am 20. November mit der 17-köpfigen Gruppe vom Düsseldorfer Flughafen Richtung arabische Halbinsel aufbricht. Wieder läuft seine Reise über den Fanclub der Nationalmannschaft. Aber direkt nach Katar geht es nicht. "Wir sind in einem Fanquartier in Dubai untergebracht und werden zu den Vorrundenspielen jeweils rüberfliegen", so der Upsprunger. Etwas über eine Stunde dauert der Flug, ein Bustransfer werde auch angeboten, das sei ihm aber doch zu stressig. Strenge Auflagen habe er bisher noch nicht bekommen. Coronatest vor dem Einlass ins Stadion Zur Einreise nach Katar benötigt man aber einen negativen Coronatest und auch für die Besuche im Stadion sei das Vorschrift. "Das Rahmenprogramm wird gemeinsam vom Fanclub und dem DFB organisiert. Ich habe mich aber nur für eine Wüstensafari angemeldet, ansonsten will ich versuchen auf eigene Faust etwas zu unternehmen", sagt der Gladbach und SCP-Fan. Er wolle sich auch überraschen lassen. Probleme mit dem vorwiegend herrschenden Alkoholverbot hat er nicht, er trinkt keinen Alkohol. Probleme könnte ihm aber die Hitze verschaffen. Da werde er immer auf passende Kleidung und einen Hut achten. Bis zum 2. Dezember dauert der recht kostspielige Trip des Upsprungers in Arabien. Es gebe auch die Möglichkeit, an Karten für die KO-Runde oder sogar das Finale zu kommen. "Das ist aber alles eine Frage des Geldes und des Urlaubs", gibt der Junggeselle, der als Postzusteller arbeitet, zu bedenken. Aber 2014 hat er sich schon einmal geärgert, nicht beim Finale gewesen zu sein.

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