Paderborn. Was in anderen Städten selbstverständlich ist, ist in Paderborn eine Ausnahme – Chlor im Trinkwasser. Wann es eingesetzt wird und was das für den Verbraucher bedeutet: Die NW hat bei den Wasserwerken Paderborn nachgefragt.
Ob zum Waschen, Putzen, Kochen oder einfach nur zum Trinken: Einfach Wasserhahn aufdrehen und schon sprudelt das kühle Nass. "Natürlich ungechlort", versichert Michael Bernemann, Prokurist der Wasserwerke Paderborn. "Wir können uns glücklich schätzen, dass unser Wasser Trinkwasserqualität hat ohne das es aufbereitet wird", freut sich Bernemann. Die Wetterkapriolen der vergangenen Wochen hätten jedoch zuletzt Anfang Januar den Einsatz von Chlor im Wasserwerk Boker Heide, in der Nähe von Delbrück, erforderlich gemacht.
"Aufgrund der starken Regenfälle drohte die Lippe über die Ufer zu treten", erzählt Bernemann, der am Computer den Pegel beobachtet. "Ab einem Stand von 2,70 Meter kann es zu einer sogenannten Vorlandüberflutung kommen", weiß der Fachmann. Dann stünden die Felder in unmittelbarer Nähe des Werkes unter Wasser.
Während das unterirdische Wasser frei von krankheitserregenden Keimen ist, sieht das beim Flusswasser anders aus. Tote Tiere, Kot oder Düngemittel können das Wasser der Lippe verunreinigen. Tritt der Fluss über die Ufer, könnten unter anderem gesundheitsgefährdende Kolibakterien ins Erdreich gelangen und das Trinkwasser, dass in unmittelbarer Nähe zur Erdoberfläche gefördert wird, verunreinigen.
"Das passiert natürlich nicht so schnell", beruhigt Bernemann. Schon der verwendete Horizontalbrunnen verhindere eine Verunreinigung des Wassers. Die Desinfektionsmaßnahmen seien in diesem Fall rein vorsorglich durchgeführt worden. Gechlort wird immer in Absprache mit dem Gesundheitsamt. und verwendet wird Chlordioxid. Im Fall einer Überflutung werde solange gechlort, bis der Wasserpegel zurückgehe. Da Anfang Januar die befürchtete Überschwemmung ausblieb, konnte bereits nach eineinhalb Wochen die Chlorung wieder eingestellt werden. Auch die Wasserwerke Diebesweg und Delbrück verfügen zur Sicherheit über Chloranlagen.
"Da in Paderborn nicht dauerhaft gechlort wird, müssen wir in so einem Fall die Öffentlichkeit informieren", sagt Michael Bernemann. Auch wenn das Chlor nur den wenigsten auffiele, sollten die Leute wissen, was mit ihrem Wasser passiert. Es bestehe jedoch kein Grund zur Sorge. "Chlordioxid ist besonders geruchs- und geschmacksarm." Zudem seien die Mengen sehr gering. "Je nach Situation werden zwischen 0,15 und 0,35 Milligramm pro Liter Wasser zugesetzt."
Um immer rechtzeitig reagieren zu können, werden ständig mikrobiologische Kontrollen durchgeführt. Ein Drittel der Kontrollen finde in den Wasserwerken statt, ein Drittel in den Rohren des Versorgers Eon Westfalen Weser und ein Drittel in Haushalten der Endkunden. Insgesamt gäbe es rund 60 Probenahmestellen und rund 1.000 Proben würden im Jahr entnommen.
Wasser kann gefahrlos getrunken werden
Michael Bernemann betont: "Im Gegensatz zu Städten, die ihr Wasser chloren, betreiben wir einen größeren Aufwand, um die Hygiene zu überwachen." Die Untersuchungen des Trinkwassers werden vom Hygiene-Institut des Ruhrgebietes in Gelsenkirchen, vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt OWL, sowie vom Institut für Umweltanalytik in Paderborn durchgeführt.
Gechlort wird nicht nur im Winter. "Zu extremen Niederschlägen kann es das ganze Jahr über kommen." Je nachdem, in welchem Wasserwerk Chlor zum Einsatz kommt, kann es unterschiedliche Stadtteile treffen. "Das Wasser der Paderborner Wasserwerke kann jedoch zu jeder Zeit gefahrlos getrunken werden", beruhigt Bernemann. Dem kann Fritz Buhr, Vorsitzender des Vereins ProGrün, zustimmen. "Solange die Vorschriften eingehalten würden, sei die Chlorung unbedenklich." Damit müsse man in Ausnahmefällen leben.