Paderborn

Reden, Zuhören und Beten Turmgespräch im Westen

Wie ein Wohnungslosen-Pastor helfen kann und wo er an Grenzen stößt

22.01.2010 | 22.01.2010, 00:00
Uschi Schräer-Drewer (Arbeitskreis Tischgespräch Pastoralverbund Paderborn West) und Wohnungslosen-Pastor Ansgar Schocke sprechen vor rund 40 Gästen über Möglichkeiten, wie Christen in Not geratenen Menschen helfen können. - © FOTO: ANDREAS GÖTTE
Uschi Schräer-Drewer (Arbeitskreis Tischgespräch Pastoralverbund Paderborn West) und Wohnungslosen-Pastor Ansgar Schocke sprechen vor rund 40 Gästen über Möglichkeiten, wie Christen in Not geratenen Menschen helfen können. | © FOTO: ANDREAS GÖTTE

Paderborn. Menschen, die auf der Straße leben, gibt es auch in Paderborn. Und es werden anscheinend immer mehr. Manche möchten sich nicht helfen lassen, andere fehlt es an der Motivation, ihr Leben zu ändern.

Rund 40 Zuhörer wollten am Mittwochabend beim Turmgespräch "Menschen am Rande" im alten Pfarrsaal der St.-Georgskirche dabei sein, um dem Dortmunder Wohnungslosen-Pastor Ansgar Schocke zuzuhören und Denkanstöße zu bekommen.

Reinhard Kersting, einer der Leiter des Paderborner Vereins KIM-Soziale Arbeit, appellierte an die Anwesenden, Menschen in Not auf Augenhöhe zu begegnen. "Wir müssen den einzelnen Betroffenen als Mensch wahrnehmen. Schließlich geht es um die Menschenwürde", erklärte er. In Paderborn können man zumindest jederzeit Hilfe bekommen, so Kersting.

Wie auch eine Pfarrgemeinde konkret vor Ort helfen kann, skizzierte Ansgar Schocke, der zweieinhalb Jahre in St. Georg als Vikar tätig war, bevor er vor vier Jahren nach Dortmund wechselte. Rund 200 Menschen haben im Bezirk von Schocke im Dortmunder Norden kein Dach über den Kopf und gelten als obdachlos. Mit ihnen feiert er Wortgottesdienste und führt Bibelkreise durch. "Die Glaubensvermittlung kommt höchstens an zweiter Stelle", berichtet er. Wichtiger sei es, für die - aus welchen Gründen auch immer - in Not geratenen Menschen da zu sein, mit ihnen zu reden und gemeinsam neue Perspektiven zu eröffnen.

In Dortmund werden beispielsweise Kochkurse angeboten und gezeigt, wie man sich günstig ernähren kann. Jeden Sonntag wird ein Frühstück für die Bedürftigen angeboten. Wer möchte, wird beim Behördengang oder zum Arzt begleitet.

Die Menschen, denen Schocke zuhört, sind sucht- oder psychisch krank, haben lange Heimaufenthalte hinter sich oder haben den Kontakt zu ihren Angehörigen verloren. "Von Grund auf ändern kann man diese Menschen nicht mehr, aber ihnen zuhören und mit ihnen reden", sagt der Geistliche. Wenn das Leben dann doch geändert werde, dann meist aus Verzweiflung oder Liebe.

Viele wollten arbeiten, landeten aber in endlos langen Bewerbungstrainings oder bekämen nur Jobs bei der Müllabfuhr. Die Hartz-IV-Gesetzgebung sei zum Teil unmenschlich, weil sie Menschen alle über einen Kamm schere. "Der Glauben kann helfen, aber ist auf Dauer nicht tragfähig", meint der gebürtige Osnabrücker. Da meldet sich eine ehemalige Alkoholabhängige zu Wort. "Ich habe angefangen zu beten und das hilft", sagt sie.

Das Turmgespräch findet unregelmäßig zu aktuellen Themen der Zeit statt. Der Pastoralverbund Paderborn West umfasst neben der St.- Georg-Gemeinde auch die Gemeinden St. Laurentius und Herz Jesu. Den drei Gemeinden gehören zur Zeit rund 11.000 Gläubige an.(ag)