
Paderborn. Seit Februar diesen Jahres ist Ayhan Demir Vorsitzender des Paderborner Integrationsrates. Im Gespräch mit NW-Redakteurin Julia Renner spricht er über verletzende Vorurteile, was wichtig ist für eine gelungene Integration und ob er sich mehr als Deutscher oder als Türke fühlt.
Woher stammen Sie und seit wann leben Sie in Paderborn?
AYHAN DEMIR: Ich komme ursprünglich aus der Türkei, aus Ostanatolien. Seit 1974 bin ich in Deutschland, in Bad Lippspringe. Dort bin ich auch zur Grund- und Hauptschule gegangen, bevor ich ins Berufsleben gestartet bin.
Haben Sie sich gleich wohl gefühlt, als Sie 1974 hier her kamen?
DEMIR: Nein. Als wir nach Bad Lippspringe kamen, lebten wir in einem Ghetto. Für mich war es ein fremdes Land, dessen Sprache ich nicht konnte. Ich habe mich richtig fremd gefühlt. Als Neunjähriger war es für mich nicht einfach zu sagen: wo gehörst du jetzt hin? Es war nicht leicht, zur Schule zu gehen. Die Noten waren anders, die Klassen waren anders.
Aber haben Sie sich dennoch willkommen gefühlt?
DEMIR: Das kann man so nicht beschreiben. Ich habe erst nach anderthalb Jahren begriffen, dass das hier mein Heimatland wird. Ich habe begriffen, dass ich die Sprache gut beherrschen muss. Danach war es für mich relativ einfach. Ich wusste dann, wie es funktioniert. Ich konnte die Sprache und es fiel mir nie schwer, mit Menschen klar zu kommen.
Was hören Sie von Menschen, die heutzutage hier her kommen? Fühlen die sich aufgenommen?
DEMIR: Sie sind hier willkommen. Man merkt, dass in Paderborn eine andere Atmosphäre herrscht, man wird herzlich aufgenommen. Für viele sind allerdings die bürokratischen Hürden schwer zu überwinden.
Wo hat es bei der Integrationsarbeit in Paderborn in den letzten Jahren Fortschritte gegeben?
DEMIR: Es wurden Fortschritte bei der Sprachförderung gemacht und auf der kommunalen Ebene mit verschiedenen Veranstaltungen und Arbeitsgruppen, zum Beispiel mit dem Projekt Komm-In. Das wird stark von Einheimischen und Migranten unterstützt. Ein Fortschritt ist auch, dass man immer mehr Verständnis für einander zeigt. In der Sprachförderung sind wir sehr aktiv und es wird auch gut angenommen, auch von Personen, die das bisher nicht genutzt haben. Im Seniorenbereich tut sich viel. Wir haben einige Altersheime besucht, die sich schon jetzt Gedanken machen, was sie für Migranten tun, wenn die ins Altersheim kommen.
Sie haben gesagt, die Angebote zur Sprachförderung werden jetzt auch von Personen angenommen, die das vorher nicht genutzt haben. Welche Personen sind das?
DEMIR: Zum Beispiel die Leute aus der Türkei. Wir haben zum Teil Personen, die über 30 Jahre in Deutschland leben und die deutsche Sprache nicht kennen.
Warum haben sie die Sprache nie gelernt?
DEMIR: Es gab zwar Angebote. Von denen wussten die Leute aber nichts.