Paderborn

Experten sammeln Inschriften im Hohen Dom

Sammlung aller Inschriften reicht bis ins Jahr 1650 zurück

Ortstermin: Sonja Hermann (Mitte) und Jitka Ehlers (r.) stellen Dompropst Monsignore Joachim Göbel ihre Arbeit der Inschriften-Dokumentation für die Akademie der Wissenschaften und Künste in Düsseldorf vor. | © PDP

28.08.2015 | 28.08.2015, 08:34

Paderborn. Der Hohe Dom zu Paderborn ist eine wahre Fundgrube für die beiden Historikerinnen, die derzeit mit Kamera, Beleuchtung und Vermessungsutensilien ihrer Arbeit in der Paderborner Bischofskirche nachgehen. Im von ihnen geplanten Band 89 der Editionsreihe werden dann alle Inschriften bis 1650 der Stadt Paderborn aufgeführt sein. Die Veröffentlichung ist für 2017 geplant.

Sonja Hermann (Historikerin) und Jitka Ehlers (Kunsthistorikerin) sind im Auftrag der Akademie der Wissenschaften und Künste in Düsseldorf unterwegs. Die Forschungsstelle für Inschriften ist der Universität Bonn angegliedert, in deren Auftrag die beiden Wissenschaftlerinnen nun für zwei Wochen in Paderborn ihre Arbeit aufgenommen haben. "Alle Inschriften und Inschriftenträger werden fotografiert, vermessen, dokumentiert und untersucht", erklärte Sonja Hermann auch Dompropst Monsignore Joachim Göbel, der sich über die Arbeit der "Inschriften-Sammlerinnen" ausführlich informierte.

Information

Hauptsitz in Bonn

Die Forschungsstelle der Düsseldorfer Akademie der Wissenschaften und Künste befindet sich in Bonn. Sie ist seit 1978 in das interakademische Projekt „Die Deutschen Inschriften“ eingebunden. Das Arbeitsgebiet ist Nordrhein-Westfalen. Die Arbeitsstelle Bonn steht auch in enger Zusammenarbeit mit Denkmalämtern, Museen und Archiven als Ansprechpartner für epigraphische Fragen zur Verfügung. Heute sind sechs deutsche Akademien und die Österreichische Akademie der Wissenschaften an dem Projekt „Die Deutschen Inschriften“ beteiligt. Die Akademien unterhalten insgesamt acht Arbeitsstellen, die mit der Erfassung und Bearbeitung der Inschriften bis 1650 befasst sind: Bonn (zuständig für Nordrhein-Westfalen), Göttingen (Niedersachsen), Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern), Halle (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen), Heidelberg (Baden-Württemberg), Mainz (Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland), München (Bayern) und Wien (Österreich).

Nach der Definition des Münchner Archivars und Epigraphikers Rudolf M. Kloos (? 1982) sind Inschriften "Beschriftungen verschiedener Materialien - in Stein, Holz, Metall, Leder, Stoff, Email, Glas, Mosaik, usw. - die von Kräften und mit Methoden hergestellt sind, die nicht dem Schreibschul- oder Kanzleibetrieb angehören."

Der 89. Band der Edition wird die Inschriften der Stadt Paderborn bis zum Jahr 1650 darstellen. "Paderborn wurde bewusst ausgesucht", sagte Sonja Hermann, "denn Paderborn ist eine historische Stadt und eine Dom-Stadt mit einem sehr interessanten Bestand."

Die Forschungsstelle Bonn beschreibt die Wertigkeit so: Die Stadt Paderborn hat ihre Ursprünge in der von Karl dem Großen errichteten Pfalz, die im letzten Viertel des 8. Jahrhunderts Schauplatz vieler Reichsversammlungen war. Bereits aus dieser frühen Zeit haben sich Inschriften erhalten. Im Zuge der Sachsenmission von Karl dem Großen wurde 799 das Bistum Paderborn gegründet. Der erste Vorgängerbau des heutigen Domes wurde um diese Zeit errichtet. Dem Dom mit seinem heute im Diözesanmuseum aufbewahrten Domschatz entstammen die meisten Inschriftenträger des Paderborner Bestandes.

Besondere Schwerpunkte bilden hierbei die frühmittelalterliche Schatzkunst (z. B. ein Tragaltar, ein verlorenes Vortragekreuz, die ehemals mit Gold verkleidete Skulptur der Imad-Madonna), frühneuzeitliche Kirchengeräte sowie die von dem Bildhauer Heinrich Gröninger im 17. Jahrhundert geschaffenen Epitaphien und Skulpturen.

Weitere wichtige Inschriftenstandorte sind die Kirchen des engeren Stadtgebietes, hier finden sich z. B. Inschriften in der Kirche des ehemaligen Klosters Abdinghof, in der Busdorfkirche und in der Gaukirche. In Paderborn waren bis zu den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs noch zahlreiche Hausinschriften des 16. und 17. Jahrhunderts vorhanden, die in nieder- oder hochdeutsch und in Latein verfasst waren. Diese Inschriften sind zwar größtenteils verloren, ihr Wortlaut ist aber teilweise durch eine 1796 angelegte Inschriftensammlung und die Arbeiten des Paderborner Lokalhistorikers Paul Michels überliefert. Bei den Portalinschriften der 1614 von Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg gegründeten Universität, dem heutigen Gymnasium Theodorianum und der Theologischen Fakultät Paderborn, handelt es sich um Rekonstruktionen nach alten Fotografien.

Bauten und Inschriften im Stil der Weserrenaissance sind im Stadtteil Schloß Neuhaus zu entdecken. Wegen Auseinandersetzungen mit der Paderborner Bürgergemeinde residierten die Paderborner Bischöfe zeitweise bereits seit dem 13. Jahrhundert dort. Die Gebäudeteile des Schlosses Neuhaus, dem der Stadtteil seinen heutigen Namen verdankt, wurden im 16. und 17. Jahrhundert errichtet und mit zahlreichen Bauinschriften ausgestattet. Einzelne Inschriftenträger finden sich auch in den äußeren Stadtteilen, besonders in den Kirchen von Elsen, Neuenbeken und Dahl.

"Ziel ist es, die Inschriften als Quelle nutzbar zu machen", erklärt Sonja Hermann die Arbeit, die rund sechs bis sieben Jahre bis zur Fertigstellung dauert. Die Veröffentlichung der Paderborner Auflage ist für 2017 geplant.