Paderborn. Die Anwohner in der Adolf-Kolping-Straße sind sauer. Entgegen einer Zusage des damaligen Geschäftsführers des St.-Vincenz-Altenzentrums vor rund elf Jahren, sei die vorhandene Mobilfunkanlage im Mai und im Herbst nach Angaben des eingeschalteten Umweltschutzvereins "Pro Grün" zwei Mal um ein Vielfaches von Funkdiensten bestückt worden.
Auch bei der Installierung der ersten Anlage hatte es Protest gegeben. Damals war den Anwohnern zugesagt worden, bis zu einer verbindlichen und offiziellen Klärung der Risiken keine weitere Mobilfunkantenne auf dem Dach des Altenzentrums zu installieren. Laut "Pro Grün" fühlen sich die Anwohner erneut vom St.-Vincenz-Altenzentrum nicht informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt. Durch die Aufstockung von Funkdiensten wird eine Gesundheitsgefährdung befürchtet. Anwohner hätten selbst Messungen in der Umgebung durchgeführt, die Rückschlüsse auf einen "massiven Anstieg der Strahlenbelastung" schließen ließen. Eine höhere Leistung der Anlage bestätige indirekt auch die neue Standortbeschreibung der Bundesnetzagentur, die unter anderem höhere Sicherheitsabstände festgelegt habe und weitere Funkanlagen aufführe. "Wir haben hier die stärkste Anlage im Umkreis mitten in einem Wohngebiet", sorgt sich Pro-Grün-Mitglied und Anwohner Reinhold Faber.
Streit um Gesundheitsgefährdung
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sind in Deutschland die Mobilfunk-Grenzwerte relativ hoch. Das Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm geht dennoch von ausreichenden Grenzen aus, um die Bürger vor den Gefahren der Mobilfunkstrahlung zu schützen. Doch dafür fehlt laut unabhängigen Wissenschaftlern die wissenschaftliche Grundlage. Die Kritiker sprechen von einer Verharmlosung. Rückschlüsse wie beispielsweise auf Krebs seien nur bei Langzeitstudien möglich. Diese gebe es jedoch nicht.
Wie bereits im Sommer weist die St. Vincenz-Altenzentrum GmbH die Vorwürfe der Anwohner zurück. "Ich kann die Besorgnis nachvollziehen, aber mir war die schriftliche Zusage meines Vorgängers nicht bekannt", so der geschäftsführende Verwaltungsleiter Gerhard Freund gegenüber der NW. Nach seinem Wissen sei die neue Anlage des Mobilfunkbetreibers Eplus in Betrieb. Im Herbst sei dagegen lediglich eine alte Anlage durch die Deutsche Funkturm GmbH (sie ist Teil der Deutschen Telekom) durch eine Anlage der neuen Generation ersetzt worden. Das habe er den Anwohnern im Nachgang schriftlich mitgeteilt, so Freund. Die neue Kindertagesstätte St. Vinzenz im Haus Maria habe bereits im Mai keine Bedenken angemeldet.
Nach seinem Wissen habe die Telekom den Betrieb noch nicht aufgenommen. Nach den ihm vorliegenden Unterlagen des Informationszentrums Mobilfunk aus Berlin geht Freund nach heutigen Kenntnisstand davon aus, dass ein Schädlichkeit der Strahlung bei Einhaltung der Grenzwerte nicht nachgewiesen werde. Zudem werde es durch die Installationshöhe der Antenne, Abstrahlrichtung und Entfernung zu den Häusern maximal eine geringfügige Strahlenbelastung geben, so Freund weiter. "Ich habe jedoch keinen Einfluss darauf, mit was die Anlagen im Einzelnen bestückt werden, sagt er. Die mit der Anlage zu erzielenden Mieteinnahmen seien "ein kleines Zubrot und aus wirtschaftlicher Sicht zu vernachlässigen". Eine weitere Anfrage auf Aufstockung der Anlage habe er bereits abgelehnt. Nach Angaben von Freund will die Telekom ihre Mobilfunkanlage an das Glasfaserkabel anbinden. Eine weitere Erhöhung der Strahlenbelastung werde es nicht geben, versichert Freund. Möglicherweise könnte es gar zu einer Verringerung kommen.
Pro Grün will weiter am Ball bleiben und fordert den Rückbau beziehungsweise die Deinstallation der Anlage auf dem Dach des Altenheims und setzt vor allem auf Vorsorge. Vorsitzender Dieter Dubisch will von der Stadt Paderborn per Bürgerantrag ein Mobilfunkversorgungskonzept von unabhängigen Fachdiensten zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung fordern. Vorbild könnte die Stadt Attendorn sein. Statt in Wohngebieten könnten künftig neue Standorte unter anderem in Gewerbegebieten gefunden werden", so der Dahler. Größere Entfernungen seien technisch beim Mobilfunk längst möglich. Die Österreicher machten es bei niedrigeren Grenzwerten vor. Pro Grün fordert in diesem Konzept auch eine Ist-Analyse der bestehenden Anlagen im Stadtgebiet. Diejenigen, die problematisch seien, müssten bei entsprechenden Alternativen zurückgebaut werden.
Im Januar wird es ein Gespräch zwischen Pro Grün, Eplus und der St.-Vincenz-Altenheim GmbH geben.