Paderborn. Vor gut zwei Jahren eröffnete das "weXelwirken" in Paderborn. In diesem Gemeinschaftsbüro arbeiten bis zu zehn Selbstständige unabhängig voneinander an verschiedenen Projekten, teilen ihren Alltag und leben damit eine Idee von moderner Arbeit, die in Deutschland immer beliebter wird.
"weXelwirken" steht in großen grauen und orangenen Lettern über dem Schaufenster des Büros in der Mühlenstraße 20. Darunter: "Agentur für modernes Leben." Im Schaufenster sieht man einen neonfarbenen Papp-Yoshi, der gemeinsam mit Mario durch eine an Nylonfäden befestigte Nintendowelt fliegt.
Für Außenstehende ist schwer zu erkennen, was es mit dem Büro auf sich hat, das am 1. Oktober 2009 eine Ayurvedapraxis ablöste. Wagt man einen Schritt hinein, ist man auch nicht viel schlauer, denn der Vorraum, der mit einem beigen Cordsofa, ein paar Stühlen, einem runden Tisch und mehreren ausgestellten Zeichnungen ausgestattet ist, ist meistens leer. Durch eine Tür gelangt man jedoch in den Hinterraum des Büros, in dem mehrere Tische tetrisartig aneinander gestellt stehen. An ihnen sitzen drei Männer und arbeiten konzentriert. Auf der Fensterbank dreht sich eine kleine Teelichtpyramide mit 5 Elchen daran, und durch das Fenster sieht man die Seite des Restaurants Weinkrüger, ein paar Fachwerkhäuser sowie die obere Hälfte des Doms.
"weXelwirken ist eine Büro-WG" meldet sich Elias, 36, Künstler und Doktorand der Literaturwissenschaft als Erster auf die Frage, was es mit diesem Büro eigentlich auf sich hat. "In einer Bürogemeinschaft arbeiten Einzelindividuen, die sich einen Raum teilen, und wir in der Büro-WG teilen darüber hinaus eine Gemeinschaft", ergänzt er. Zusammen mit Branko Canak, 34, freier Informatiker, und einer Hand voll Bekannten und Kommilitonen hat er damals das Büro gegründet.
Elias: "Branko hatte die Idee, sowas zu machen. Ich habe einen Ort gesucht, den ich mir als Büro leisten und an dem ich professionell arbeiten kann. Denn in einem Büro arbeitet man anders, konzentrierter, und das Gefühl für die Arbeit ist anders." Dabei gewinne nicht nur die Arbeit an Qualität, sondern auch das Leben danach: "Die Freizeit wird wieder definierbarer. Man hat zu Hause nicht ständig das Gefühl, eigentlich müsste ich etwas tun und im Büro nicht immer das Gefühl, eigentlich müsste ich jetzt mal spülen."
Branko fasst zusammen: "weXelwirken ist einfach der nächste logische Schritt in der Frage: Was ist selbstständiges Arbeiten?"
Peter Quiel, freiberuflicher Softwareentwickler, hat durch eine Anzeige von dem Coworking Space in Paderborn erfahren. Der 34-Jährige war ebenfalls auf der Suche nach einer professionellen Arbeitsumgebung: "Hier kann man arbeiten und Kunden empfangen. Zu Hause würde mich meine Tochter ablenken." Dabei liegt der Unterschied zu einem eigenen Büro auf der Hand. "Das hatte ich auch schon", sagt Peter. "Allerdings kann das recht einsam sein, und das Kontaktnetzwerk ist bei weXelwirken ebenfalls wichtig." "Und wir haben, seitdem Peter da, ist immer frische Milch da", lacht Branko und wendet sich wieder seinem Laptop zu.
Flexibilität ist ein wichtiger Punkt im "weXelwirken". Von der jetzigen Besatzung arbeiten manche für einige Monate an einem Projekt und müssen dazu zeitweise in eine andere Stadt ziehen, wieder andere kommen nur an bestimmten Tagen der Woche ins Büro, und hin und wieder kommen Freunde oder Pendler für ein, zwei Tage vorbei, um zu arbeiten.
Genau wie die Bedürfnisse der Coworker so sind auch die Strukturen im Coworking Space flexibel. Vom festen Schreibtisch und Schlüsselbesitzer bis zur Tagesmiete ist alles möglich.
Jemand betritt den Vorraum. Es ist Katharina, Doktorandin der Germanistik und jüngster Zugang im "weXelwirken" Paderborn. Die 27-Jährige hatte versucht, zu Hause an ihrer Dissertation zu arbeiten, doch irgendwann fiel ihr die Decke auf dem Kopf. Im "weXelwirken" kann sie in Ruhe arbeiten und hat trotzdem Menschen um sich herum, die motiviert sind. "Auch, wenn man sich nicht mit allen fachlich austauschen kann, so kriegt man dennoch Input und erweitert seinen Horizont."
Peter streckt sich und klappt seinen Laptop zu. "Fertig für heute!" Sagt er und grinst in die Runde. Er ist heute der erste, der nach Hause geht. In dem Punkt sind sich übrigens alle einig. So schön es im "weXelwirken" auch ist: Es ist auch immer wieder schön, wenn man endlich Feierabend machen kann.