Paderborn. Man mag ja über Schützen denken, was man will. Nur eines sind sie sicher nicht: Weicheier. Wie das Bataillon Samstag und Sonntag durch das glühend heiße Paderborn marschiert ist, korrekt in dicker Uniform, in tadelloser Haltung, bis hin zum 75-jährigen Ehrenmitglied, das erinnert schon an den Marsch der französischen Fremdenlegion durch die algerische Wüste. Das soll den Schützen erst mal einer nachmachen. Da kann man nur sagen: Alle Achtung!
Achtung erworben hat sich auch Elmar Kloke bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Schützenoberst. Es ist sicher nicht leicht, in die Fußstapfen eines populären Vorgängers wie Andreas Jolmes zu treten. Weniger laut und fröhlich repräsentiert Kloke einen anderen Oberst-Typ: korrekt, geradlinig, zuverlässig, ruhig, souverän. Doch wenn es sein muss, verschafft sich Kloke mit einer markigen Kommandostimme Gehör, die man dem stillen Oberst gar nicht zugetraut hätte. Nachdem er am Samstag alle Schützen "glücklich und ohne Verluste" auf dem Schützenplatz begrüßt hatte, zog Kloke schnell und präzise und doch mit Herz die Ehrungen durch. Danach konnte das Fest beginnen.
Der heißeste Ort auf dem Schützenplatz ist schnell gefunden: Immer dem Duft und den Rauchschwaden nach zur neuen Ömmes-Bude bei den Maspern. Bei geschätzten 50 bis 60 Grad schmeißt die Crew um Matthias Sprute die 350-Gramm-Schweinenackensteaks auf den Schwenkgrill. Das Ding ist Power pur, so eine Art Schützen-Doping, Kraftfutter für drei aufreibende Tage. Die Krautsalat-Beilage mildert die Folgen für den Magen und bei Bedarf kann man ja noch einen 38-prozentigen "Maspern-Geist" hinterher kippen.
"So ein paar Schweine treiben wir hier schon durch", erklärt Matthias Sprute zum Umsatz. Das lässt sich präzisieren: 1.500 Ömmesse wandern in drei Tagen über die Theke, ein Schwein liefert etwa 12 Nackensteaks dieser Größe, also werden an den Schützenfesttagen gut 125 Schweine durch die Ömmes-Bude "getrieben".
Ein weiteres Hitze-Opfer findet man unweit vom Ömmes-Grill: Wolfgang Liekmeyer, Musiker im Bundesschützen-Musikkorps, das die Maspern seit drei Jahren mit schwungvollen Klängen versorgt. Die Musiker trifft die Hitze eigentlich noch härter als die Schützen. Während die schon aus dem letzten Loch pfeifen, brauchen die Musiker ihre Puste auch noch für die Instrumente. Wolfgang Liekmeyer und sein Kollege Jürgen Meermeier blasen die Tuba - da passt schon eine Menge Luft rein und schleppen muss man das 14 Kilogramm schwere Riesending ja auch noch vom Rathaus bis zum Schützenplatz.
Auf der Suche nach Abkühlung fällt das Auge auf die Softeis-Bude von Hartmut und Gabi Nessel, die am anderen Ende des Schützenplatzes merkwürdig verlassen unter der Sonne brutzelt, wie ein Laden für Heizdecken im Death Valley. Laura Leifeld und Jana Sievers vom Blasorchester Lichtenaus sind die einzigen Kunden, die sich in der letzten halben Stunde hierher verirrt haben. Was den Laien verwundert, kann den Fachmann überhaupt nicht erschüttern. Sengende Hitze ist fürs Eisgeschäft genauso schlecht wie nasskaltes Herbstwetter, weiß Hartmut Nessel aus 33 Jahren Berufserfahrung: "Da trinken die Leute doch nur Wasser."
Tatsächlich richtig ist, dass auch aus den Schützen-Kompanien dramatisch gestiegene Wasserumsätze vermeldet werden. Falsch ist, dass die Schützen jetzt nur noch Wasser trinken. Und falsch ist auch die Annahme, die Festwirte wären traurig über diese Entwicklung: Am Wasser wird mehr verdient, als am Bier.