Kreis Paderborn. Auf dem Fleyenhof in Borchen-Etteln herrscht internationales Flair. Schweden, Japaner, Amerikaner. Sie alle kommen, um von Hubertus Schmidt zu lernen. Der 50-Jährige gehört zu den erfolgreichsten Dressurreitern der Welt. Mit seinem Nachwuchstalent Donnelly hat sich Schmidt jetzt selbst für den Championatskader der Dressurreiter qualifiziert. Wenn alles klappt, geht es für Roß und Reiter im September nach Kentucky zu den Welteiterspielen.
Die Entscheidung fällt erst vier Wochen vorher auf den Deutschen Meisterschaften. Bis dahin will Schmidt mit dem erst neunjährigen Westfalen Erfahrungen sammeln. Kommendes Wochenende gehen die beiden beim Dressurfestival in Lingen an den Start. Vom 16. bis 20. Juni gehören sie beim internationalen CHIO in Aachen zur deutschen Mannschaft und reiten um den Nationenpreis. Denn auch wenn Donnelly laut Schmidt schon "sehr reif und gut entwickelt" ist und dieses Jahr schon große Turniere gewann, braucht er "einfach noch ein wenig Routine."
Die Weltreiterspiele stehen trotzdem schon in Schmidts Terminplan: Als Trainer unterstützt er die schwedische Equipe vor Ort. Denn der Reitmeister sitzt nicht nur selbst im Sattel und reitet am Tag bis zu sechs Pferde, er gibt auch Unterricht und wird als Dozent für Lehrgänge auf der ganzen Welt gebucht. Schmidts Reitstil wird von Fachleuten als besonders feinfühlig und harmonisch gelobt. "Am Ende soll alles ganz einfach und leicht aussehen", nennt der Berufsreiter seine Anforderungen an sich selbst.
Der Erfolg gibt ihm recht. Zurückhaltend, fast schüchtern erzählt Schmidt von den Höhepunkten seiner Karriere. Von den Erfolgen mit der deutschen Mannschaft in den Jahren 2004 bis 2006. Mit seiner Spitzenstute Wansuela Suerte war er damals auch im Einzel stark, allerdings reichte es nie zu Gold. Das soll sich jetzt mit Donnelly ändern. "Er hat großes Potential und steht erst am Anfang seiner Karriere. Wenn es weiter so gut läuft, kann ich mir vorstellen, in ein, zwei Jahren auch Einzelmedaillien mit ihm zu gewinnen."
Bei Turnieren immer mit dabei ist Schmidts Frau Doris. Sie unterstützt ihren Mann auch beim Training zu Hause. "Selbst ein routinierter Reiter braucht jemanden, der vom Boden aus korrigiert", sagt der zweifache Familienvater, der es als ideale Lösung sieht, auf dem Fleyenhof gleichzeitig arbeiten und leben zu können. "Natürlich bin ich an den Wochenenden viel unterwegs. Dafür können wir aber immer zusammen Mittagessen." Sohn Nikolas (22) hat vor zwei Jahren sogar selbst mit dem Reiten begonnen. Tochter Inga ( 20) ging den umgekehrten Weg: Sie ritt jahrelang und spielt nun Volleyball.
Schmidt selbst ist auch außerhalb des Reitplatzes ein Sportfan. Seit seiner Bereiterlehre zum Pferdewirt in Bielefeld ist er dem DSC Arminia verfallen. Neben dem Fußball gehört auch Motorradfahren zu seinen Leidenschaften. Um als Reiter fit zu bleiben, sucht Schmidt neben der regelmäßigen Pferdearbeit einmal in der Woche einen Physiotherapeuten auf. "Eine gute Grundkondition und Lockerheit – auch im Alter – ist enorm wichtig."
Überhaupt ist dem Pferdefachmann eine gewisse Grundgelassenheit anzumerken. "Ich bin Prüfungsreiter", sagt er von sich selbst. Schmidt ist Profi genug, um die Nerven zu behalten wenn es drauf ankommt. Das überträgt sich auch auf seine Pferde. Natürlich gehöre vor wichtigen Turnieren auch eine gewisse Anspannung dazu: "Ohne Kribbeln kann man keine Höchstleistung zeigen."
Eine Stunde vor jeder Prüfung zelebriert Schmidt sein kleines Ritual. Dazu gehört auch, dass er sich seine Reitstiefel selbst putzt und beim Umziehen in Gedanken noch einmal sein Programm durchgeht. Das, so hofft er, kann er auch in Kentucky zeigen. "Selbst dort zu reiten wäre ein Traum."