Paderborn. Schon im Herbst 2005 sollte die Entscheidung fallen, dann kamen unglücklich verlaufende Großbaustellen dazwischen, so dass Bürgermeister Heinz Paus die Planungen für einen Neubau der Stadtverwaltung an der Florianstraße in der Schublade lassen musste. In diesem Kommunalwahlkampf wird er sie wohl häufiger herausholen. Denn die Opposition fordert eine klare Antwort auf die Frage: Neubau oder Sanierung?
Der Paderborner Rat hatte mit CDU-Mehrheit vor einem Monat entschieden, bereits bestehende Berechnungen zur Unterbringung der Verwaltung aus dem Jahr 2005 zu aktualisieren. Laut dem vier Jahre alten Gutachten sei ein Neubau unter gewissen Bedingungen günstiger als die Sanierung des Hauptstandorts am Abdinghof und der Nebenstelle an der Pontanusstraße, so Paus bei einer Diskussion der vier Bürgermeisterkandidaten und FDP-Vertreter Karsten Grabenstroer (seine Partie hat keinen eigenen Anwärter) in der Paderborner Industrie- und Handelskammer-Zweigstelle. Bis zu den Etatberatungen für 2010 sollen die neuen Zahlen auf dem Tisch liegen. Irgendetwas müsse geschehen, so Paus: "Gar nichts tun, das können wir unseren Mitarbeitern nicht länger zumuten." Als mögliche neue Nutzung für den Abdinghof könne er sich einen Mix aus Wohnen, Handel und Gewerbe vorstellen. 14 Investoren waren bisher interessiert.
Die SPD habe die Berechnungen schon damals nicht nachvollziehen können, meinte der sozialdemokratische Bewerber Martin Pantke. "Die waren nicht schlüssig." Die SPD war im Rat kürzlich mit ihrem Antrag gescheitert, die Grundsatzplanung für den Verwaltungsneubau von 2003 aufzuheben. Wenn klar sei, was an den jetzigen Standort komme, seien die FDP und er für den Neubau, so Grabenstroer. Er hofft weniger auf Einzelhandel als auf Wohnungen.
Sigrid Beer (Grüne) setzt auf eine Sanierung auf hohem Passivhaus-Standard und auf eine "moderne Verwaltung" auch in den Stadtteilen. Bei einer Passivbauweise würden die Grünen unter Umständen einem Neubau zustimmen, ergänzte Bundestagskandidat Stefan Schwan im Publikum. Die Kosten für einen Neubau betragen rund 33 Millionen Euro, Passivhaus-Standard werde noch teurer, so Paus. Doch wenn dieser "das Beste ist, dann machen wir das". Jetzt könne er weder "Ja" noch "Nein" sagen, weil die genaue Berechnungsgrundlage noch fehle.
Offen ist auch der Prüfauftrag zu einer möglichen Rekommunalisierung der Stadtwerke. Paus sieht jedoch kaum eine Chance, nur über den Energiehandel erfolgreich zu sein - und die Netze seien kein Thema. Daher müsste es vor allem in Richtung Stromerzeugung gehen. Allerdings sei dieser Wettbewerb bei 43 Stromanbietern schwierig. Was den Gaspreis betrifft, so sei man in Paderborn im unteren Preis-Drittel. Frühestens 2017 könne die Stadt wieder eigenes Wasser anbieten, so Paus.
Wie die neuen Stadtwerke aussehen sollen
Roswitha Köllner (Demokratischen Initiative Paderborn möchte nicht die alten Stadtwerke zurück, sondern moderne neue: "Das bietet Einfluss auf Preisgestaltung ohne Renditeerwartung." Entscheidend sei, wem die Netze gehören. So habe die Stadt Ahrensburg Netze von Eon Hanse ankaufen können. Das Geld aus einem möglichen Verkauf der Anteile an Eon Westfalen Weser solle für den Netzankauf genutzt werden. "Die Entwicklungen am Energiemarkt zeigen, dass wir uns aus der Umklammerung der Energieunternehmen heraus müssen", sagte Pantke. Auch Beer will die Lösung von Eon und einen Neubau der Stadtwerke. Sie befürchtet zudem, dass das wichtige Thema neue Stadtwerke durch das laufende Bürgerbegehren der Freien Bürgerinitiative beschädigt wird.
Die Wunschliste der Parteien – eine Auswahl
Die einzelnen Parteien haben noch weitere Ziele und Themen – hier ist eine Auswahl: So möchte Sigrid Beer (Grüne) Paderborn zu einem Zentrum der Entwicklung von Elektromobilen ausbauen und eine Energiekonferenz ausrichten. Zudem fordert sie eine dritte Gesamtschule – wie auch Martin Pantke (SPD). Für ihn ist es wichtig, den Haushalt zu konsolidieren, "vor allem im Blick auf einbrechende Gewerbesteuereinnahmen durch die Krise". Im Vorjahr waren dies in Paderborn 83 Millionen Euro, für dieses Jahr werden laut Bürgermeister Heinz Paus nach kalkulierten 68 aktuell noch 64 Millionen Euro erwartet. Vor dem Hintergrund der Diskussion um das Einzelhandelskonzept wünscht sich Pantke ein zentrales Citymanagement mit einer Zusammenführung von Stadtmarketing und Liegenschaftsamt. Karsten Grabenstroer (FDP) ist gegen das beschlossene Handelskonzept mit seinem zu engen Rahmen und gegen eine dritte Gesamtschule. Roswitha Köllner (Demokratische Initiative) ist wie alle Parteien für kostenfreie Kindertagesstätten sowie die Verstädterung der Reinigung der Schulen und des öffentlichen Personennahverkehrs. Der amtierende Bürgermeister Paus betonte die Bedeutung weicher Standortfaktoren wie Kultur, Sport, Bildung, die er den harten – Flughafen, Straßenanbindung – gleichstelle. Damit sollten Fachkräfte an Paderborn gebunden werden. Paus wünscht sich einen Ausbau des Technologietransfers von der Universität in die Wirtschaft. Zudem gehe er davon aus, dass die ersten Aufträge aus dem zweiten Konjunkturprogramm ab Frühjahr 2010 laufen. (hko)