Wirtschaftsexperte spricht zum Auftakt des Sälzerfestes in Salzkotten

Salzkotten. Über Jahrhunderte war das Sälzerkollegium eine feste Institution in Salzkotten. Die Vereinigung, bestehend aus 24 Mitgliedern, kümmerte sich mit eigener Gerichtsbarkeit um die ausgeglichene Salzproduktion und Salzverwertung. Um diese lange Tradition des Salzes zukünftig &bdquo;wiederzubeleben“ und erlebbarer zu machen, haben 24 Sälzer vor 15 Jahren das Sälzerkollegium als gemeinnützigen Verein neu gegründet. An der Spitze heute mit Werkmeister Klaus Michels, Direktor Heinz Sonntag und Salzschreiber Ulrich Berger. Der alten Tradition folgend, findet einmal im Jahr vor dem Sälzerfest die Sälzerkur statt. Den Festvortrag vor mehr als 200 Gästen aus Politik und Wirtschaft hielt Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts in München, zum Thema &bdquo;Die deutsche Wirtschaft: Wende oder Krise ohne Ende?“ Direktor Heinz Sonntag sagte dazu im Vorfeld: &bdquo;Den Termin mit Herrn Fuest haben wir schon vor einem dreiviertel Jahr vereinbart. Keiner konnte damals ahnen, wie aktuell das Thema seiner Rede heute sein würde“. Geschichte des Sälzerkollegiums Zunächst streifte Klaus Michels in einem kurzen Überblick die Geschichte des Sälzerkollegiums und die erreichten Meilensteine des letzten Jahres. Ebenso gab er einen Ausblick auf das, was in Zukunft getan werden muss, um die inzwischen in einer Tiefe von über 50 Metern gefundene 6-prozentige Sole entsprechend fördern und mit einer Leitung wieder über den Kütfelsen fließen zu lassen. &bdquo;Es gibt noch viel zu tun“, so Michels. Anschließend begrüßte er die zahlreichen Gäste, unter anderem aus Politik, Kirche und Wirtschaft - im dekorierten Roderwerk. Eine Satzungsänderung soll auf längere Sicht das Kollegium verjüngen, indem verdiente Mitglieder ausscheiden und dem Verein als Ehrenmitglieder weiter zur Seite stehen. Als Erster nahm das Gründungsmitglied Christoph Hölter dies in Anspruch und erhielt das goldene Ehrenabzeichen sowie eine Urkunde. Dann übernahm Clemens Fust das Rednerpult und machte gleich zu Beginn deutlich, dass die Wirtschaftslage zwar momentan schwierig und problematisch sei, aber man die Herausforderung durchaus annehmen und das Notwendige umsetzen sollte. Er beleuchtete zunächst die aktuelle Konjunktursituation. Die Preise schnellen in die Höhe Deutschland befinde sich, so Fuest, in einer Stagflation: einer konjunkturellen Phase, in der sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt oder verringert, die Preise allerdings in die Höhe schnellen - kurz gesagt, eine Inflation ohne Wachstum. Das Wirtschaftsleistungsniveau befinde sich auf dem Stand von 2019, stagniere im dritten Jahr. Andere Länder seien in diesem Zeitraum sogar gewachsen. Mehr zu dem Thema: Shopping und Spaß: Salzkottens Sälzerfest schiebt den Frühling mächtig an Ein weiteres Problem: der Rückzug der USA aus Europa und ihr Protektionismus. Die daraus resultierenden möglichen Handelskriege und auch geopolitischen Konflikte sollten unbedingt verhindert werden. Weiter zeigte er die Chancen auf, die sich der in Bildung befindlichen neuen Bundesregierung in Bezug auf die mittelfristige Wohlstandsentwicklung böten. Fakt ist laut Fuest: Bei den Investitionen der Unternehmen habe es einen Strukturbruch gegeben, es werde nicht investiert. Die geleisteten Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen sinke und Deutschland stehe international gesehen ziemlich am Ende der Kette. Auch im Punkt Technologie befinde sich Europa in der Mitteltechnologiefalle, es entstehe nichts Neues. Stärkung der eigenen Sicherheit &bdquo;Wir haben in Deutschland viel Luft nach oben“, so Fuest. Stellschrauben wären, den hohen Anteil an Teilzeitkräften beispielsweise durch bessere Kinderbetreuung zu stoppen, oder Zuwanderung; auch müsse mehr für Start-ups getan werden, zudem müsse es sich lohnen, mehr zu arbeiten. Die zur Stärkung der eigenen Sicherheit und der seit Jahrzehnten vernachlässigten Infrastruktur verabschiedeten Reform der Schuldenbremse (höhere Verteidigungsausgaben und ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz) &bdquo;werden wir bitter brauchen“, befürchtet Fuest. Nur mit Schulden lasse sich das Problem allerdings nicht aus der Welt schaffen. Eine Konsolidierung des Staatshaushaltes über vier Jahre schlägt der Präsident des Ifo-Instituts vor, an der am Ende eine bestimmte Summe eingespart wird - doch die Frage bleibt: Wo sind wir bereit, zu konsolidieren? Mit seinem &bdquo;Fazit“, einem Überblick der nun anstehenden Prioritäten der Wirtschafts- und Finanzpolitik, verabschiedete sich Fuest. Der Vortrag fand viel Anklang bei allen Anwesenden. Der Abend klang anschließend mit viel Diskussionsstoff und einer westfälischen Mahlzeit aus.

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