Paderborner Gewerkschaften fordern mehr Tarifbindung

Paderborn. &bdquo;Welchen Handytarif bieten Sie denn an?“ Diese Frage habe eine Frau bei einem gewerkschaftlichen Infostand gestellt, erzählt Clea Stille. Das Beispiel zeige, dass das Thema Tarifvertrag – und zwar nicht im Handy-Kontext – nicht mehr so sehr in den Köpfen verankert sei, meint die Regionsgeschäftsführerin der DGB OWL. Daher wollen die Gewerkschaften am 1. Mai den Fokus auch auf das Tarifrecht legen. Demo und Kundgebung am 1. Mai &bdquo;Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“: Unter diesem Motto ist die Paderborner 1.-Mai-Veranstaltung überschrieben. Um 10 Uhr startet auf dem Rathausplatz eine Demo für Solidarität und Gemeinschaft, die durch die Innenstadt von Paderborn führt. Zielpunkt ist der Schulhof des Theodorianums, wo eine Kundgebung folgt. Der DGB-Kreisverbandsvorsitzende sowie Bürgermeister Michael Dreier werden sprechen, die Hauptrede wird Christian Drelmann von der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) halten. Die Veranstalter rechnen mit 400 bis 500 Teilnehmenden. Gewerkschaften verzeichnen hohen Zulauf Die Gewerkschaften sehen sich derzeit im Aufwind. 437.000 neue Mitglieder zählte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) im vergangenen Jahr. Nach Jahren des Rückgangs stieg damit die Mitgliederzahl wieder etwas. Einen &bdquo;enormen Zulauf“ verzeichne man bei den 30- bis 40-Jährigen, sagt Martina Schu, Bezirksgeschäftsführerin bei Verdi in OWL. Eigentlich sei diese Altersgruppe schwierig zu erreichen. Das aktuell &bdquo;viel höhere Motivationsniveau“ liege daran, dass viele sagten: &bdquo;Dass was passiert, ist jetzt fällig“, so Schu. Denn dass sich die Inflation abgeschwächt hat, entschärfe die finanzielle Situation für viele Menschen nicht. Konrad Jablonski, Erster Bevollmächtigter bei der IG Metall, dazu: &bdquo;Die Preise befinden sich weiterhin auf sehr hohem Niveau.“ Ihm zufolge gebe es eine &bdquo;reichlich große Zahl“ an Unternehmen ohne Betriebsrat. &bdquo;Man wundert sich, welche Energie Arbeitgeber einsetzen, um Betriebsräte aufzuhalten“, sagt Jablonski. Ohne einen Betriebsrat sei es schwierig, eine Tarifbindung durchzusetzen. Nach Aussage von Clea Stille liegt ebendiese Bindung in Deutschland bei unter 50 Prozent. Der DGB will sich aktuell mit der Aktion &bdquo;Tarifwende“ für eine höhe Tarifbindung einsetzen. Forderung nach dauerhaft mehr Lohn In der vergangenen Tarifrunde erreichte die IG Metall eine zweiphasige Lohnerhöhung von 5,2 Prozent (im Jahr 2023) und weiteren 3,3 Prozent (2024) sowie eine Inflationsausgleichsprämie. Letztere werde in der kommenden Tarifrunde wegfallen, sagt Jablonski. Umso wichtiger werde eine tabellenwirksame Lohnerhöhung. Für den Herbst erwartet er eine &bdquo;harte Tarifrunde“. Auch nach Einschätzung von Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Schu werde die nächste Tarifrunde im öffentlichen Dienst &bdquo;sehr hart“. Erste Verhandlungen stünden im Januar 2025 an. Talitha Quante von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert im Bäcker-Gewerbe eine finanzielle Gleichstellung. Bäckereifachverkäuferinnen – meist handle es sich um Frauen – und Bäcker täten gleichwertige Arbeit, die Verkäuferinnen würden jedoch geringer entlohnt. Im Hotel- und Gaststättengewerbe sollten gelernte Fachkräfte mindestens 3.000 Euro brutto verdienen, lautet eine weitere Forderung. Wunsch nach Vier-Tage-Woche Der Wunsch nach einem anderen Arbeitszeitmodell scheint im öffentlichen Dienst groß zu sein. Bei Befragungen hätten mindestens ein Drittel der Teilnehmenden angegeben, dass sie sich eine Vier-Tage-Woche wünschen, berichtet Schu.

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