Paderborner Experte: Worauf man beim Pilzesammeln achten muss

Paderborn. Die Pilzsaison ist im vollen Gange – der Herbst ruft viele Feinschmecker in die Wälder, um sich Pilze im Freien anstatt im Supermarkt zu besorgen. Doch es ist Vorsicht geboten, denn nicht selten werden die beliebten Speisepilze wie Champignons oder auch der Schopftintling mit ihren giftigen Doppelgängern verwechselt. Im Schnitt werden in Deutschland 2,4 tödliche Pilzvergiftungen jährlich gemeldet. In Europa gibt es etwa zehn Pilze, die tödliche Vergiftungen auslösen. Der Pilzsachverständiger und Mediziner Siegmar Berndt zeigt die Gefahren von den Pilzverwechslungen und gibt Tipps, wie Pilzliebhaber diese vermeiden können. Besonders wichtig Generell gilt: Man sollte Pilze nur sammeln, wenn man sich damit auskennt. Alternativ können Anfänger ihre gesammelten Exemplare auch einem Experten zur Begutachtung vorlegen. So seien auch einige Pilzsammel-Neulinge bereits an die Haustür von Berndt gekommen und ließen ihre gesammelten Pilze bestimmen, erzählt der Experte. Regel für Anfänger Anfängern empfiehlt er, zunächst Röhrenpilze zu sammeln. Diese haben eine schwammartige Unterseite. Pilze mit Lamellen an der Unterseite des Pilzhutes sollen Neulinge laut Berndt meiden. Denn manche Vertreter seien hochgiftig, wie beispielsweise der Grüne Knollenblätterpilz, der oft mit den beliebten Champignons verwechselt wird. Der Pilz enthält das tödliche Amanitingift, bereits der Verzehr der kleinsten Pilze dieser Art endet tödlich, wenn die Vergiftung nicht erkannt wird. &bdquo;Der Vergiftungsverlauf ist sehr heimtückisch. Die ersten Symptome tauchen frühestens nach sechs bis acht Stunden auf“, erklärt Berndt, &bdquo;die Vergiftung äußert sich mit Durchfall, Erbrechen und Koliken.“ Dies sei die erste Vergiftungsphase. Die Symptome klingen nach einigen Tagen wieder ab. In der zweiten Phase folge schließlich ein Leberversagen, welches zum Tod führt. Handlungsbedarf nach Verzehr Daher ist Handlungsbedarf in den ersten Tagen nach Verzehr des Pilzes sehr wichtig. Das Gegengift Silibinin wird aus der Mariendistel gewonnen. Bei Symptomen einer Vergiftung solle man sofort ein Krankenhaus aufsuchen. Hier wende man sich dann an eine Giftzentrale oder an Siegmar Berndt, welcher in Paderborn für die Bestimmung des verzehrten Pilzes zuständig ist. &bdquo;Etwa zwei- bis dreimal im Monat werde ich von Krankenhäusern gebeten, eine Analyse von Putz- oder auch Kochresten zu machen“, sagt der 82-Jährige. In einzelnen Fällen werde ihm auch Erbrochenes geschickt, wenn es sonst keine Reste von den Pilzen gibt. Er bestimmt die Proben und dann werde seitens der Krankenhäuser dementsprechend gehandelt. Vorsicht vor Apps Doch wie unterscheidet man die giftigen Pilze von den Speisepilzen? Viele greifen bei der Suche zu neuen Apps. &bdquo;Die sind aber nicht wirklich zuverlässig“, warnt der Experte. Denn es käme trotz der Nutzung von Apps häufig zu Verwechselungen. In Pilzkennerkreisen heißt es, dass die Nutzung der Apps eine Zunahme von Vergiftungen mit sich ziehe, berichtet Berndt. Anfängern empfiehlt der Experte daher, an einer Pilzführung durch den Wald mit Pilzsachverständigen teilzunehmen. Für Fortgeschrittene empfiehlt der Experte Ratgeberbücher. Wichtiges für die Zubereitung Und auch bei der Zubereitung solle man darauf achten, keine zu alten Pilze zu verwenden. Bei diesen könne dann eine unechte Pilzvergiftung, eine Lebensmittelvergiftung, folgen. Auch solle man sich vor der Zubereitung über den jeweiligen Pilz informieren, denn es gibt Speisepilze wie den Perlpilz, die hitzelabiles Gift enthalten. Also Gift, welches erst nach dem Kochen oder Braten zersetzt ist. Diese Pilze sind im rohen Zustand giftig. Beim Pilzsammeln gilt also ausreichendes Informieren und besonders für Anfänger Unterstützung bei Experten zu suchen. Tödliche Verwechslung Berndt selbst habe sich bereits als Jugendlicher mit Pilzen beschäftigt, als er zusammen mit seiner Familie Pilzesammeln war. Näher mit der Mykologie, der Wissenschaft von Pilzen, auseinandergesetzt habe er sich aber erst nach einem Schlüsselerlebnis als Assistenzarzt in Würzburg: &bdquo;Damals kamen fünf Menschen mit Pilzvergiftung in unser Krankenhaus“, erzählt er. Sie alle hatten von einem Gericht mit dem Grünen Knollenblätterpilz gegessen und seien schließlich an der Vergiftung verstorben. Der Mediziner ist seit seinem Umzug von Würzburg 1982 als Pilzsachverständiger in Paderborn tätig. Eine weitere Pilzsachverständige wohne in Bielefeld, so Berndt.

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