Kitas im Kreis Paderborn fürchten einen Kollaps

Kreis Paderborn. "Notstand" und "drohender Kollaps": Drastische Worte wählen zahlreiche Kitas im Kreis Paderborn, um auf ihre aktuelle Situation aufmerksam zu machen. Sie befürchten, dass der Kita-Betrieb in der jetzigen Form nicht aufrechterhalten werden kann und bei freien Trägern Schließungen drohen. Eine vor Kurzem gegründete Arbeitsgruppe im Kreis Paderborn wirbt für eine Petition, in der eine Kita-Reform gefordert wird. In vielen Kitas liegen dazu auch Unterschriftenlisten aus. Wer hat sich dem Protest angeschlossen? Besagte Arbeitsgruppe unter dem Namen "Drohender Kita-Kollaps NRW" sei breit aufgestellt, sagt deren Mitglied Heike Menke, die in Salzkotten die Kita Regen Wald und Wiesen leitet. So seien Trägervertretungen von freien und kommunalen Einrichtungen, Leitungskräfte und Fachberatungen sowie das Kreisjugendamt vertreten. Dem Protest angeschlossen haben sich auch Eltern, die die Petition unterstützen. "Wir haben bei Eltern aber auch im Team ähnliche Reaktionen erlebt: Unverständnis, Wut, Fassungslosigkeit und das große Bedürfnis etwas zu verändern", sagt Menke. Was ist die Kritik? Gestiegene Personal- und Betriebskosten werden nicht ausreichend gedeckt, lautet die Kritik. 90 Prozent der Ausgaben einer Einrichtung fließen demnach ins Personal. Die Lage habe sich aufgrund der Tarifsteigerungen im TVöD zugespitzt, sagt Menke im Namen der Arbeitsgruppe. Problematisch sei, dass die Pauschalen, über die die Kita-Finanzierung laufe, zeitversetzt – circa ein bis zwei Jahre später – stiegen. "Jetzt haben aber die Träger deutlich höhere Personalkosten", so Menke. Für das Kita-Jahr 2023/24 wird von rund zehn Prozent höheren Kosten in diesem Segment gesprochen. Die Problematik treffe auch Einrichtungen, die nicht direkt dem TvöD angeschlossen sind, sagt Eduard Butt, Geschäftsführer des Christlichen Schulvereins Paderborn, der unter anderem in der Paderborner Stadtheide ein Familienzentrum und in Bad Lippspringe eine Kita betreibt. Die Mitarbeitenden würden auch hier eine Lohnsteigerung erwarten. "Das würden wir gerne machen, aber eine solche Tarifsteigerung können wir derzeit nicht weitergeben", sagt Butt. Es drohe eine Abwanderung der Beschäftigten. Auf große Kritik stieß zudem ein Brief von NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne). Sie hatte unter anderem ihre guten Wünsche für ein "bereicherndes Kita-Jahr" gewünscht. Angesichts der prekären Lage in vielen Kitas empfinden das die Katholischen Kitas Hochstift und Minden-Ravensberg-Lippe als einen Schlag ins Gesicht, wie aus einem entsprechenden Antwortbrief an das Ministerium hervorgeht. 158 Kitas stehen hinter dem Schreiben, das drei Kita-Leiterinnen formuliert haben, darunter Brigitte Hamschmidt von der Kita St. Franziskus in Hövelhof. Auch die Paderborner Arbeitsgruppe kritisiert Pauls Brief. Auf die Tatsache, dass das Kita-System vor einem Kollaps stehe, gebe es seit Monaten keine Antwort. Wie zeigt sich der "drohende Kollaps" jetzt schon im Kita-Alltag? In diesem Jahr sei es NRW-weit, auch im Kreis Paderborn, immer wieder vorgekommen, dass Notgruppen eingerichtet werden mussten, da nicht ausreichend Personal vorhanden war, kritisiert die Paderborner Arbeitsgruppe in einer Stellungnahme. "Dies bedeutet für viele Eltern eine große Herausforderung. Die Betreuung ihrer Kinder ist nicht gewährleistet." In dem Brandbrief der katholischen Kitas heißt es, dass bei Personalausfall und einer daraus resultierenden personellen Unterbesetzung pädagogische Angebote und Betreuungszeiten reduziert werden müssten. In vielen Einrichtungen müssten sogar Betreuungsplätze begrenzt werden. Und das in einer Zeit, in der es vergleichsweise viele Bewerber auf Stellen geben. "In der Stadtheide haben wir fünf Gruppen, wir könnten in jeder einen Azubi einsetzen", sagt Eduard Butt. Doch der Eigenanteil an den Ausbildungskosten sei zu hoch. Die Gesamtsituation fasst er so zusammen: "Die Arbeit am Kind leidet." Was fordern die Kitas? Ziel der Arbeitsgruppe im Kreis Paderborn sei es, so Heike Menke, dass ein Sofortprogramm für Kitas in NRW aufgelegt werde. Dieses solle eine mindestens zehnprozentige Erhöhung der Pauschalen beinhalten, auch sollten der Forderung zufolge die Ausbildungskosten zu 100 Prozent übernommen werden.

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