Im fünften Anlauf: Das ist der neue Schützenkönig von Paderborn

Paderborn. Stolz war der Adler nicht mehr, dafür aber äußerst widerstandsfähig. Seit dem Prinzenschießen vom Vortag hing der Vogel kopfüber und gut durchlöchert im Kugelfang; viele Experten prophezeiten eine flotte Entscheidung im Königsschießen. Doch obwohl alle drei Reflektanten exzellent schossen und teils mächtige Treffer erzielten, dauerte es 40 Minuten, bis mit dem 62. Schuss endlich der letzte Rest des Holzkörpers zu Boden fiel. Einen kurzen Moment herrschte aber noch gespanntes Schweigen, bis nach dem prüfenden Blick durchs Fernglas endgültig feststand: Da ist kein Holzstück zurückgeblieben, Paderborn hat einen neuen Schützenkönig. Es ist Bernfried Kaup aus der Maspern-Kompanie, der sich mit seinem Treffer einen Kindheitstraum erfüllte und gleichzeitig die aktuell längste König-Durststrecke im Paderborner Bürger-Schützenverein (PBSV) beendete. 13 Jahre lang hatte seine Maspern-Kompanie warten müssen. &bdquo;Das macht mich stolz“, sagte der 70-jährige Rentner. Für den Unteroffizier, seit 1989 Mitglied des PBSV, war es der fünfte Anlauf unter dem Schießturm. Zuletzt hatte er es im Vorjahr versucht und sich nach seinem Scheitern direkt vorgenommen, es 2023 erneut zu versuchen. &bdquo;Ich fühle mich ganz befreit“, freute sich Kaup, der mit seiner Frau Silvia zwei Töchter (Jenny/40 und Silvia/50) sowie einen Sohn (Fabian/30) hat. Letzterer hat vor acht Jahren bereits eine Prinzenwürde errungen und war einer der ersten von vielen Gratulanten, die dem neuen König noch unter dem Schießturm um den Hals fielen. Kurz darauf bekam Kaup auch ein Küsschen von seiner Gattin, die sich nach den vielen vergeblichen Anläufen sehr für ihren Mann freute: &bdquo;Das ist ein schöner Tag!“ Beinahe hätte ein Ehepaar regiert Mit einer Enttäuschung endete das äußerst spannende Vogelschießen derweil für die beiden anderen Reflektanten, die jeder für sich PBSV-Geschichte hätten schreiben können. Denn hätte Thorsten Vogt aus der Kämper-Kompanie den Vogel runter geholt, hätte zum ersten Mal ein Ehepaar als Schützenkönig und -königin von Paderborn amtiert. Karl-Heinz Heller aus der Western-Kompanie wiederum, der es auch schon im Vorjahr versucht hatte, hätte sich zu einem kompletten Schützen gemacht, besitzt er doch bereits alle drei Prinzenwürden. So aber feierte Bernfried Kaup und mit ihm seine Maspern-Kompanie. Und zwar zum ersten Mal, seit 2010 Christian Lüke den Königsschuss setzte. Sichtlich erleichtert zeigte sich daher auch Hauptmann Hubert Salmen: &bdquo;Die lange Talsohle ist durchschritten. Mir fällt ein Stern vom Herzen.“ Doch können die Maspern überhaupt noch König? &bdquo;Wir wissen gar nicht mehr, wie das geht“, lachte der Hauptmann, schob aber gleich hinterher: &bdquo;Wir haben gute Leute und werden das hinbekommen!“ Er freue sich von Herzen für Kaup, der ein begeisterter Schützenbruder sei und immer fleißig mit vollem Einsatz bei allen Aktionen dabei sei. &bdquo;Mit ihm hat es den richtigen getroffen, er ist wirklich einer aus der Mitte“, ist Salmen überzeugt. Das sieht auch Kaups Vorgänger Dennis Happe so, der seinem Nachfolger ein wundervolles Jahr und viele einzigartige Erlebnisse wünschte. Zum Überreichen der Königskette am Nachmittag steckte der leidenschaftliche Schütze Happe, der das Wochenende in vollen Zügen genoss, vorsichtshalber eine Packung Taschentücher ein. Einen ärgerlichen Nachgeschmack hinterließ das Fest leider für den scheidenden Regenten, wurde seiner Freundin doch am späten Sonntagabend auf dem Schützenfest die Handtasche samt aller Wertgegenstände gestohlen. Doch trotz allem Ärger darüber blieb Happe fröhlich und zog eine durchweg positive Bilanz seines Jahres: &bdquo;Besser hätte es nicht sein können.“ Und das neue Königspaar? Zum ersten Mal sahen sich die beiden neuen Majestäten dann beim Inthronisierungszeremoniell, als Bernfried Kaup Nicole Paul unter der Kastanie auf dem Schützenplatz in Empfang nahm. Nach einer innigen Unterhaltung legte die Königin ihm dann die Kette um. Wie schon an den Tagen zuvor säumten zahlreiche Schaulustige und Neugierige den Platz, um einen Blick auf die neuen Regenten und die Hofpaare zu werfen. Zu einem echten Hingucker gerieten dabei die eleganten Kleider der Damen des Hofstaates. Denn die Königin und ihre Zeremonienmeisterin Anne Voss wollten die Paderborner Stadtfarben in den Vordergrund stellen. Dem ganz in Rot gehaltenen Kleid aus leichter Seide von Nicole Paul folgte beim Abschreiten der Front und dem Vorbeiziehen an den applaudierenden Massen eine sechs Meter lange Schleppe. Die Hofdamen wiederum trugen gelbe Kleider mit roter Schärpe. Und da das Wetter auch zum Finale des 164. Paderborner Schützenfestes prächtig war, gerieten die große Parade wie die anschließenden Feier auf dem Schützenplatz zu einem glanzvollen Erlebnis.

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