Zwei Frauen aus dem Kreis Paderborn kämpfen um CDU-Kandidatur fürs EU-Parlament

Kreis Paderborn. Für Wähler mag die Europawahl im Juni 2024 noch weit weg sein – in der CDU im Kreis Paderborn sorgt sie aber schon jetzt für Aufregung. Denn es gibt einen wichtigen Job zu vergeben. Auf Kreisebene läuft die Nominierungsphase für die OWL-Kandidatur als EU-Abgeordnete. Zwei Frauen aus dem Paderborner Land würden Ostwestfalen-Lippe gerne in Straßburg und Brüssel vertreten: die Delbrückerin Anne Deter (51) und die Paderbornerin Verena Mertens (41). Tatsächlich hat die Gewinnerin des Verfahrens offenbar gute Chancen, den Sitz einzunehmen, den Elmar Brok für die CDU von 1980 bis 2019 innehatte – aber es ist noch ein steiniger Weg. Am Mittwoch, 31. Mai, gibt der Kreisvorstand ein Votum ab. Kandidatin Anne Deter Das politische Europa, sagt Anne Deter, solle sich &bdquo;aufs Wesentliche konzentrieren“. Wenn sie auf ihre Ambitionen angesprochen wird, sprudelt es nur so aus ihr heraus. &bdquo;Brüssel kommt doch bei den Menschen als eine Blackbox an, die von Monsterbürokratie geprägt ist.“ Nach Ansicht der Delbrückerin sollte sich die EU auf Aufgaben wie die gemeinsame Verteidigung, die Währungspolitik und den Klimaschutz beschränken. Auch bei der Zuwanderung müsse Europa handlungsfähig bleiben: &bdquo;Es kann nicht sein, dass sich einzelne Länder gegen die Aufnahme von Flüchtlingen sperren. Die Verteilung muss gerecht zugehen.“ Mit Themen wie diesen und vor allem mit ihrer Fachkompetenz aus den Schnittstellen zwischen Politik und Behörden will Deter punkten. Die promovierte Juristin arbeitete für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, für die Arbeitsgruppe Finanzen der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, war Referatsleiterin im Bundesfinanzministerium und leitete die Planungsgruppe der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Seit 2018 ist ihr Dienstsitz Hannover. Deter ist als Abteilungsleiterin im niedersächsischen Finanzministerium auch für die Unternehmensbeteiligungen des Landes zuständig. "Ich brenne für Europa" &bdquo;Ich habe dort einen guten Job, aber ich brenne für Europa. Das sehe ich als Mission“, sagt sie im &bdquo;NW“-Gespräch. Im letzten Sommer sei der Entschluss zur Kandidatur gefallen. Den Weg zur EU will sie auch mit ihrem politischen und parteiinternen Netzwerk zurücklegen. Eine Nominierung hat sie dadurch bereits sicher. Der Bezirksverband der CDU-Mittelstandsvereinigung MIT hob sein Vorstandsmitglied Deter bereits aufs Schild für den Bezirksparteitag im September. Der geschäftsführende Vorstand der Kreis-Frauenunion ist auch pro Deter. Egal wie das Votum im Paderborner Kreisvorstand ausgeht, Deter wird im Bezirk antreten – und hofft auf Support des Vorsitzenden. &bdquo;Mit Ralph Brinkhaus habe ich in Berlin gut zusammengearbeitet“, sagt sie, &bdquo;wie auch mit Carsten Linnemann“. Dank eines &bdquo;guten Netzwerks in der Partei“ ist auch für die NRW-Ebene optimistisch: &bdquo;Ich gehe davon aus, dass ich auf einem der vorderen Plätze der Landesliste lande.“ In der CDU kalkulieren die Strategen, dass die ersten sechs Namen der NRW-Liste ins EU-Parlament einziehen. Kandidatin Verena Mertens &bdquo;Ich war erst einmal baff und natürlich geschmeichelt“, sagt Verena Mertens über den Moment, als der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann anfragte, ob sie Interesse am Job im Europaparlament habe. Und ja, das habe sie. Europa-Politik sei eine &bdquo;spannende Aufgabe“. Derzeit liegen ihre Aufgaben aber woanders: bei der Kreispolizeibehörde. Dort steht die Paderbornerin seit 2020 an der Kripo-Spitze. Ihre Karriere führte sie zuvor bereits in Polizeibehörden in Lippe und Gütersloh sowie zum Bielefelder Staatsschutz. Zudem leitete sie in der Vergangenheit das Dezernat für Wirtschaftskriminalität beim Landeskriminalamt. Die Volljuristin will ihre Polizei-Erfahrungen in ein mögliches EU-Abgeordnetenmandat einfließen lassen. Denn Verbrechen seien immer öfter ein internationales Thema. &bdquo;Viele Delikte haben einen grenzüberschreitenden Bezug“, sagt die 41-Jährige. Etwa Autodiebstähle, Kinderpornografie oder aus dem Ausland koordinierte Schockanrufe. &bdquo;Eine EU-übergreifende Sicherheit ist mein Thema und mein Ziel“, so Mertens. Enttäuscht, wie die CDU mit der Polizei umging Aber auch andere Themen – etwa wenn es um Windkraft oder Agrarsubventionen geht – würde sie von OWL nach Brüssel tragen, sagt die Paderbornerin. Sie sei optimistisch, sich auch als eine mögliche &bdquo;Neue“ in Straßburg und Brüssel einbringen zu können: &bdquo;Ich gehe gerne auf Menschen zu, das würde helfen, Netzwerke aufzubauen.“ Schon vor ihrer beruflichen Karriere war Mertens politisch aktiv. In Elsen, wo sie auch heute mit ihrer Familie lebt, gründete sie den Ortsverband der Jungen Union mit. Später war sie Mitglied im JU-Landesvorstand. Vor einem knappen Jahrzehnt ist sie dann aus der CDU ausgetreten – enttäuscht von ihrer Partei, wie diese mit der Polizei umging. &bdquo;Mich macht das wirklich betroffen, wenn vonseiten der Politik die Polizei beschossen wird“, sagt die Polizistin. &bdquo;Mein Herz schlägt für die Kollegen.“ Auf den jetzigen CDU-Innenminister Herbert Reul hält sie hingegen große Stücke. &bdquo;Der ist grandios und zeigt ehrliches Interesse.“ Im Zuge ihrer Bewerbung ist sie wieder in die CDU eingetreten. Ihr Chef, Landrat Christoph Rüther (CDU), unterstütze das Vorhaben. EU-Kenner Elmar Brok über die Kandidatinnen Einer, der genau weiß, was auf EU-Abgeordnete zukommt, ist Elmar Brok. Der Bielefelder war als langjähriger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments mit den Themen des Kontinents vertraut – und ist es heute noch. Entsprechend stellt auch er &bdquo;die Sachkenntnis“ in den Vordergrund, wenn es um wichtige Eigenschaften der Parlamentarier geht: &bdquo;Man muss fachlich stark sein und internationale Netzwerke pflegen. Wer nur deutsch denkt, erreicht nichts.“ Anne Deter habe sich durch ihre Arbeit ein hohes Ansehen in Berlin und Hannover erworben, sagt Brok, aber auch Verena Mertens habe einen guten Eindruck auf ihn gemacht, meint der CDU-Grande, der immer noch bestens in der Partei vernetzt ist. Mit Blick auf den Wettbewerb innerhalb des CDU-Bezirks OWL sieht Brok gute Chancen, dass eine Kandidatin aus Paderborn durchkommt. Bei der letzten Europawahl war CDU-Frau Birgit Ernst aus Werther im Kreis Gütersloh auf NRW-Ebene mit Listenplatz sieben nicht hoch genug positioniert. OWL ist derzeit nicht im EU-Parlament vertreten. Das Prozedere bis zur Europawahl Zuerst steht nun die Entscheidung des CDU-Kreisvorstands an. Carsten Linnemann sagt: &bdquo;Wir freuen uns, dass es einen Wettbewerb mit zwei tollen Bewerberinnen gibt.“ Der Kreisvorstand nominiert am Mittwoch eine der beiden Frauen für die OWL-Ebene. Da Deter ihre Nominierung der MIT bereits in der Tasche hat, ist sie auf Bezirksebene sicher dabei. Kandidaten aus den acht NRW-Bezirksverbänden landen dann auf der Landesliste. Deren Zustandekommen handeln die Bezirksvorsitzenden aus. OWL hat laut Elmar Broks Einschätzung diesmal gute Karten, besser platziert zu werden als 2019. Neben Ostwestfalen-Lippe kam damals auch das Bergische Land nicht zum Zuge. Die künftige Landesliste soll geschlechterparitätisch aufgestellt werden. &bdquo;Es ist immer gut, wenn die Blickwinkel weiblich und männlich sind“, sagt Maria Junge, die Vorsitzende der Frauenunion im Kreis Paderborn. Die Bad Wünnenbergerin vermisst jedoch die direkte Einbindung der Mitglieder. &bdquo;Es wäre interessant gewesen, wenn sie auf Kreisebene mitentscheiden könnten“, sagt sie. &bdquo;Für die Zukunft könnte man das mitdenken.“

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