Paderbornerin hat seltene Schlafkrankheit: "Bin alle fünf Minuten umgefallen"

Paderborn-Schloß Neuhaus. "Es ist ein Zustand, wie im Wachkoma", sagt Maria Hengsbach. Im Kopf sei sie völlig klar, doch der Körper will nicht. Die Neuhäuserin meint damit ihre Kataplexien. Kataplexien, das sind andauernde Anfälle von Muskelversagen. Sie sind ein typisches Symptom der Narkolepsie. Schätzungen zufolge leiden rund 40.000 Menschen in Deutschland unter der Nerven-Erkrankung, die umgangssprachlich auch als "Schlafsucht" bezeichnet wird. Maria Hengsbach ist eine der Betroffenen. In Paderborn hat sie deshalb eine Selbsthilfegruppe gegründet. Bis zu ihrem 48. Lebensjahr ist Maria Hengsbach ein sehr aktiver Mensch. Sie spielt Tennis und schwimmt leidenschaftlich gern. Auch ihren damaligen Beruf übt Hengsbach mit viel Freude aus. Doch irgendwann setzen bei der Paderbornerin die ersten Erschöpfungssymptome ein: "Ich habe gemerkt, dass ich öfter müde werde und mich hinlegen musste", erzählt sie. Eines Tages verschärft sich die Situation weiter. Als die Mutter von zwei Söhnen im Jahr 2011 gemeinsam mit ihrer Familie am Tisch sitzt und ihr Mann einen Witz erzählt, findet sie sich wenige Minuten später auf dem Boden liegend wieder. "Ich war wie erstarrt, zwar konnte ich klar denken, aber mich nicht von der Stelle rühren", erinnert sich Hengsbach. Eine Situation, die viele Narkolepsie-Betroffene kennen dürften. Denn große Emotionen wie überschwängliche Freude oder auch Ärger triggern die Kataplexien. Die Paderbornerin, der sonst immer ein Witz auf der Zunge legt, beginnt sich zurückzunehmen. Bei ihr wird es nach dem Erlebnis mit ihrer Familie immer extremer. "Irgendwann bin ich alle fünf Minuten umgefallen oder eingeschlafen", sagt sie. Zu der Zeit schleppt sich die Paderbornerin gerade so vom Sofa zum Küchentisch. "Ich musste Stühle in eine Reihe stellen, an denen ich mich langhangeln konnte, weil ich ja ständig umgekippt bin", sagt sie. Psychische Probleme vermutet Aufgrund ihrer Kataplexien sacken ihr auch draußen beim Spazieren manchmal die Füße kurzzeitig weg. "Es fühlt sich an, als würde man in ein Loch treten, doch da ist nichts", beschreibt Hengsbach die Müdigkeitsanfälle. Von vielen Außenstehenden erhält sie dafür ein Kopfschütteln. "Um diese Uhrzeit und schon besoffen", ist nur einer der vielen Sprüche, die Hengsbach in dieser Zeit zu hören bekommt. Ärtztinnen und Ärzte, Neurologinnen und Neurologen, bei denen sie sich vorstellt, sind ratlos, vermuten psychologische Ursachen. "Ich habe Antidepressiva bekommen", berichtet Hengsbach. Man sagte ihr, sie würden in sechs bis acht Wochen wirken - eine Aussage, die Hengsbach so nicht hinnehmen wollte. "Ich brauchte Hilfe in dem Moment und keine Sekunde später", sagt sie. Sie beginnt Professoren auf dem Gebiet der Neurologie aus ganz Deutschland zu schreiben. Ein Experte aus Bielefeld antwortet. Es folgt ein Termin im Schlaflabor und schließlich die Diagnose: Narkolepsie. "In dem Moment habe ich mich endlich verstanden gefühlt", sagt die Neuhäuserin. Ab dem Zeitpunkt erhält sie auch passende Medikamente: ein Betäubungsmittel für die Nacht, weil der Nachtschlaf durch die Narkolepsie gestört ist und Stimulanzien für den Tag, um die Schlafattacken und Kataplexien zu händeln. Mittlerweile haben sie sich deutlich reduziert. Gründung einer Selbsthilfegruppe Maria Hengsbach musste aufgrund ihrer Krankheit ihren Beruf als Sekretärin aufgeben. Ein Einschnitt, in ihrem Leben, der sie tief getroffen hat. "Aber ich habe versucht, das Positive in der Situation zu sehen und mir Dinge vorgenommen, denen ich als voll Berufstätige nicht so intensiv nachgehen konnte wie heute", sagt sie. Dazu zählt zum Beispiel Gartenarbeit, der sie sich leidenschaftlich gerne widmet. Auch eine Selbsthilfegruppe, die Regionalgruppe des Narkolepsienetzwerks, ruft sie ins Leben, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Mittlerweile ist sie außerdem Großmutter und hat einen festen Oma-Tag für ihren Enkel im Kalender reserviert. "Ich habe bestimmt zehn Jahre kein Baby mehr auf dem Arm genommen aus Angst vor einer Kataplexie." Mit der Geburt ihres Enkels habe sich das geändert. "Mit ihm auf dem Arm habe ich keine Probleme mit irgendwelchen Anfällen." Und auch ihren Humor hat sich Hengsbach durch die Narkolepsie nicht nehmen lassen. "Ich erzähle immer noch gerne Witze, auch wenn ich meistens nicht zum Ende komme", fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu.

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